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In Südafrika beginnt die Wahlschlacht

Korruptionsverfahren gegen Zuma vertagt

Von Christiane Kahrmann, Pretoria *

Südafrika könnte im Frühjahr einen Präsidenten wählen, der wegen Korruption vor Gericht stehen wird. Denn das Verfahren gegen Jacob Zuma wurde auf einen Termin nach dem Votum vertagt. Der Afrikanische Nationalkongress (ANC) hält an seinem Spitzenkandidaten fest.

Der Kandidat ist da. 3000 Zuma-Anhänger jubeln begeistert ihrem Spitzenkandidaten zu. Es herrscht Feststimmung: Tanz mit Kwaito-Musik, politische Parolen, ANC-T-Shirts werden verteilt. Doch handelt es sich nicht um eine Wahlveranstaltung, sondern um die Anhörung von Jacob Zuma vor dem Obersten Gerichtshof in Pietermaritzburg. Der Jubel der Anhängerschaft steigert sich noch, als bekannt wird, dass das Verfahren auf den 25. August vertagt ist. Zu diesem Zeitpunkt könnte Zuma bereits Präsident sein.

Der Spitzenkandidat des ANC steht im Verdacht, 1999 Bestechungsgelder in Höhe von vier Millionen Rand (350 000 Euro) vom französischen Rüstungsunternehmen Thint angenommen zu haben. Dies und ein Vergewaltigungsprozess, in dem Zuma später frei gesprochen wurde, hatten dazu geführt, dass er 2005 als Vizepräsident entlassen wurde.

Jetzt hält der ANC vehement an seinem Spitzenkandidaten Jacob Zuma fest, obwohl das dem internationalen Ansehen Südafrikas immer mehr schadet. In einem Bericht der Wochenzeitschrift »Mail&Guardian« droht der ANC sogar für den Fall, dass das Verfahren gegen Zuma wieder aufgenommen werde. Man könnte Beweise vorlegen, die auch den früheren Präsidenten Thabo Mbeki und den Vorsitzenden der neuen Oppositionspartei, Mosiuoa Lekota, stark belasteten.

Eine Alternative zu Zuma wäre der Interimspräsident Motlanthe gewesen, gegen den aber seit einigen Wochen in den eigenen Reihen viel schmutzige Wäsche gewaschen wurde. Zuma-Anhänger brachten Details seines Privatlebens an die Presse – auch über seine junge Geliebte, die von ihm angeblich ein Kind erwartet.

Jacob Zuma konnte seit langem das drohende Verfahren vermeiden, obwohl sein Kompagnon Schabir Shaik bereits wegen Korruption verurteilt wurde. Der Prozess wurde erstmals im September 2006 wegen Verfahrensfehlern und mangelnder Beweise eingestellt. Auch im September letzten Jahres entschied ein Richter in Pietermaritzburg die Einstellung aufgrund von Verfahrensfehlern.

Dieser Beschluss wurde Anfang Januar durch den Obersten Berufungsgerichtshof in Bloemfontein allerdings wieder aufgehoben. Zumas Anwälte sind in der Zwischenzeit vor das Verfassungsgericht gezogen, um diesen Entscheid wiederum an oberster Stelle anzufechten.

Die damalige Begründung des Richters in Pietermaritzburg für die Einstellung des Verfahrens führte zum Rücktritt Thabo Mbekis als Präsident. Er wurde beschuldigt, sich unzulässig in die Strafverfolgung seines Parteirivalen Zuma eingemischt zu haben. Der frühere Präsident erlitt 2007 auf dem Parteitag in Polokwane eine große Niederlage, als er seinen Parteivorsitz an Jacob Zuma abgeben musste.

Dieser Rücktritt Thabo Mbekis brachte eine ganze Lawine ins Rollen: Einem Massenrücktritt der Kabinettsmitglieder von Mbeki folgten Massenaustritte aus dem ANC. Darunter waren auch prominente ANC-Mitglieder, die Anfang Dezember die neue Oppositionspartei COPE unter der Führung des ehemaligen Verteidigungsministers Mosiuoa Lekota gründeten. Lekoto gehörte zum ANC-Flügel von Mbeki. Dieser ist allerdings nicht der neuen Partei beigetreten, obwohl er sich öffentlich von Zuma und seinem Führungsstil distanziert hat.

Der Parteispitze von COPE, die bei den Wahlen Ende März dem ANC die Mehrheit streitig machen will, gehören landesweit bekannte Persönlichkeiten an – so auch der ehemalige Premierminister der wirtschaftlich stärksten Provinz Gauteng Mbhazima Shilowa und der Kirchenführer Allan Boesak, eine Schlüsselfigur in Apartheidzeiten.

Die Abkürzung COPE steht für »Congress of the People« – der Kongress des Volkes. Mit dem Namen knüpft die neue Partei an den Kongress von 1955 in Kliptown an, wo Menschen aller Hautfarben die Freiheitscharta verabschiedet haben. COPE-Mitglieder kritisieren am heutigen ANC insbesondere die eingeschränkte Meinungsfreiheit, Korruption und den schlechten Führungsstil. Der ANC hatte mit der Wahl von Jacob Zuma zum Parteichef einen deutlichen Linksruck erfahren. Die Entwicklungen der letzten Monate zeigten, dass insbesondere in den Kap-Provinzen die Macht des ANC stark geschwächt worden ist.

* Aus: Neues Deutschland, 9. Februar 2009


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