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Partizipative Demokratie als Modell für Afrika?

SACP lud zum Kongress der Linksparteien in Johannesburg

Von Armin Osmanovic, Johannesburg *

Mit der Unterstützung der schwedischen Stiftung VIF wird in Afrika an der Vernetzung linker Kräfte gearbeitet. Zu diesem Zweck richtete die südafrikanische kommunistische Partei SACP in Johannesburg vom 19. bis 21. August die zweite afrikanische Konferenz der Linksparteien zur »Partizipativen Demokratie« aus.

Das Vorbild ist Lateinamerika. Lennart Kjorling von der schwedischen Stiftung VIF (Vänsterns Internationella Forum Left International Forum) skizzierte gegenüber ND die Zielrichtung der Vernetzung afrikanischer Linkskräfte, die von der VIF tatkräftig untersützt wird. In Lateinamerika sei es linken Kräften gelungen, sich zu vernetzen und gemeinsam attraktive Ideen für einen gangbaren gesellschaftlichen Wandel zu entwickeln. Kjorling verwies hierbei vor allem auf Brasilien.

In Johannesburg nahmen Parteivertreter aus verschiedenen afrikanischen Ländern und weitere Teilnehmer aus Asien, Europa und Lateinamerika an der dreitägigen Konferenz teil. Eröffnet wurde das Treffen durch den Generalsekretär der südafrikanischen kommunistischen Partei (SACP) Blade Nzimande, der als Minister im Kabinett Jacob Zumas für die Hochschulen des Landes zuständig ist. Nzimande ging in seiner Rede auf die Herausforderung ein, die sich ergeben wenn Linke die Regierung stellen, wie dies im neuen Südafrika der Fall ist. Die neugewonnene Macht, so Nzimande, habe auch in Südafrika so manchen verführt und korrumpiert und die eigentlichen Ziele des Befreiungskampfes, die Verbesserung der Lebenslagen der Menschen, vergessen lassen. Selbstbereicherung und Korruption in Südafrika und anderswo in Afrika bezeichnet er als eine der größten Herausforderungen, denen sich linke Kräfte auf dem Kontinent entgegenstellen müssen. Die SACP kritisiert gemeinsam mit den Gewerkschaften seit geraumer Zeit die grassierende Selbstbedienungsmentalität in Südafrika.

Laut Kjorling soll die Konferenz in Zukunft jedes Jahr in einem anderen afrikanischen Land abgehalten werden. Dabei soll künftig auf den Austausch zwischen Parteivertretern und Experten aus Universitäten und Nichtregierungsorganisationen noch größeren Wert gelegt werden.

Partizipative Demokratie, so Kjorling, wurde als Thema der Konferenz gewählt, da Beteiligung möglichst vieler am gesellschaftlichen Prozess auch deshalb wünschenswert sei, weil eine breite Beteiligung Vielfalt und Wettbewerb der Ideen stärke. Dass dieser Idee in Afrika noch viel entgegensteht, zeigte eine Intervention eines sambischen Konferenzteilnehmers. Er berichtete von wachsendem Druck auf die Medien und die Unmöglichkeit für die Opposition, auf der Straße gegen die Regierung zu demonstrieren.

Die Wichtigkeit neuer Ideen für die Linke in Afrika unterstrich der stellvertretende Generalsekretär Jeremy Cronin in seinem Grundsatzreferat, das sich mit den Krisen in Afrika, den Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise auf Afrika, der Umweltkrise und dem Bedeutungsverlust der USA auseinandersetzte.

Sozialismus in Afrika im 21. Jahrhundert ist vor allem, so Cronin, die Verteidigung der sozialen Anrechte der Menschen, die weithin in Afrika trotz wirtschaftlicher Fortschritte mit Füßen getreten werden und die Suche nach Wegen zur Überwindung des umweltzerstörerischen Handelns. Der Staat, den die Neoliberalen zu schwächen versuchten, ist für Cronin von großer Bedeutung zur Verteidigung und Ausbau sozialer Rechte und die Durchsetzung eines nachhaltigen Wirtschaftens. Zur Beteiligung der SACP an der südafrikanischen Regierung gibt es für ihn deshalb bei allen realpolitischen Kröten, die geschluckt werden, keine Alternative, will man Politik für die Menschen machen.

Als Realpolitiker zeigte sich Cronin, der auch stellvertretender Minister für Verkehr in Südafrika ist, auch hinsichtlich der Zusammenarbeit mit China und den anderen aufstrebenden Mächten, wie Brasilien, Indien und Russland. Die multipolare Welt bewertet er als Chance, da die alte koloniale Abhängigkeit dadurch überwunden werden könne. Mehr Partner seien für Afrika gut.

* Aus: Neues Deutschland, 23. August 2010


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