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No, you can’t

Bei Protesten gegen den Südafrika-Besuch von US-Präsident Obama feuert die Polizei in Soweto Gummigeschosse. USA wollen mit Elektrifizierungsprogramm Einfluß vergrößern

Von Christian Selz *

Mit einem Besuch der ehemaligen Zelle Nelson Mandelas auf der einstigen Gefängnis­insel Robben Island hat US-Präsident Barack Obama am Sonntag seinen Südafrika-Besuch abgeschlossen. Auf einen Besuch des schwerkranken früheren Freiheitskämpfers verzichtete Obama. Er bezeichnete Mandela, der von 1988 bis 2008 in den USA als »Terrorist« geführt worden war, jedoch als Held seiner Jugend, der ihn zum Schritt in die Politik ermutigt habe. Trotz der warmen Worte war der Besuch des US-Präsidenten auf all seinen Stationen in Südafrika auf Proteste gestoßen. Bereits bei seiner Ankunft am Freitag in Pretoria hatten nach Veranstalterangaben mehr als 1000 Menschen gegen den Einsatz von Kriegsdrohnen gegen Zivilisten sowie gegen das Gefangenenlager Guantanamo demonstriert. In Soweto, wo Obama den 1976 von der Apartheid-Polizei niedergeschossenen Schüleraufstand würdigte, feuerten Polizisten am Samstag mit Gummigeschossen und Blendgranaten auf friedliche Demonstranten. Sie hatten lediglich ihre Kundgebung nicht pünktlich aufgelöst.

Das brutale Handeln der südafrikanischen Polizisten paßt zur Sicherheitshysterie um das US-amerikanische Staatsoberhaupt. Obama ließ seinen Besuch von eigenen Kampfhubschraubern überwachen. Seine Redeorte, wie am Sonntag die Universität Kapstadt, waren lange im Voraus hermetisch abgeriegelt worden. Vor der Küste Südafrikas ging sogar ein US-Flugzeugträger vor Anker. Viele Sympathien in der südafrikanischen Bevölkerung konnte der erste schwarze US-Präsident so freilich nicht sammeln. »Es gibt so viele Beschränkungen, die Afrikaner hier wissen gar nicht, was passiert. Er sollte eigentlich draußen in der Stadt sein und nicht so viel Angst haben vor allen«, klagte Ferial Essa, ein Passant in Kapstadt gegenüber dem staatlichen Fernsehsender SABC.

Doch es geht bei Obamas Besuch, der ihn mit 500 mitreisenden Wirtschaftsvertretern zuvor auch in den Senegal und am gestrigen Montag nach Tansania führte, nicht um Sympathien, sondern um die Wiederbelebung des rückläufigen Handels mit dem Kontinent. Die USA haben ihr Engagement auf dem Kontinent ironischerweise genau seit dem Zeitpunkt schleifen lassen, als Obama, Sohn eines gebürtigen Kenianers, 2008 seine erste Amtszeit im Weißen Haus antrat. Die Gründe dafür sehen Analysten zwar nicht direkt bei ihm, sondern vor allem in den kostspieligen Kriegen, die Obama eben nicht wie angekündigt beendete, dem damit verbundenen Ausbau des Militäretats und der Bankenkrise, doch an den Auswirkungen in Afrika ändert das nichts. Beim Handelsvolumen hat China die USA dort bereits 2009 überholt, inzwischen ist es mit 200 Milliarden US-Dollar mehr als doppelt so hoch.

Obama bemühte sich dennoch, nicht als schlechter Verlierer dazustehen. »Ich fühle mich davon nicht bedroht, ich glaube, das ist eine gute Sache«, ließ er während einer Pressekonferenz am Samstag wissen. Je mehr Länder in Afrika investierten, desto mehr könne der Kontinent in die globale Wirtschaft integriert werden. Die USA, das wurde in Südafrika klar, haben eingesehen, daß sie in Afrika hinterherhecheln, und wollen nun versuchen mit Infrastrukturprojekten die Richtung der wirtschaftlichen Entwicklung auf dem Kontinent mitzulenken. Obamas wichtigstes Versprechen war daher die Ankündigung eines sieben Milliarden Dollar umfassenden Elektrifizierungsprogrammes. Daß es den USA dabei nicht vorrangig – wie vorgegaukelt – um die 85 Prozent der Landbevölkerung geht, die an kein Stromnetz angeschlossen sind, darf auf Grund des Rohstoffreichtums des Kontinents zumindest vermutet werden. Die passende Warnung an die Afrikaner lieferte Obama – auch wenn sie aus seinem Munde als Seitenhieb gegen China gedacht war – gleich selbst mit: »Ihr produziert die Rohmaterialien, die billig verkauft werden, und jemand anderes macht das Geld. Stellt sicher, daß, mit wem auch immer ihr handelt, ihr ein gutes Geschäft macht, das den Menschen hier nutzt.«

* Aus: junge Welt, Dienstag, 2. Juli 2013


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