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Gefeiert wird mit gemischtem Gefühl

Seit 2009 ist Mandelas Geburtstag auch internationaler UNO-Gedenktag, um gute Taten zu vollbringen

Von Markus Schönherr, Kapstadt *

Heute wird der 95. Geburtstag von Nelson Mandela gefeiert. Während die Welt Mandela hochleben lässt, liegt der geschwächte Anti-Apartheid-Kämpfer nach wie vor im Krankenhaus in Pretoria und die Mandelas streiten über das Familiengrab.

»Happy Birthday«, heißt es um Punkt acht Uhr, wenn am Donnerstag landesweit mehr als 13 Millionen Schüler für ihren Nationalhelden singen. Ein Lehrer, auf den die Schüler heute verzichten müssen, ist Benjamin J. aus Kapstadt. Er wird seinen Tag in einem Kinderkrankenhaus verbringen, wo er Betten säubert und den Kindern Mut zuspricht. Wie er sind am heutigen Nelson-Mandela-Tag alle Weltbürger aufgerufen, 67 Minuten einer wohltätigen Arbeit zu widmen. Die Zeit geht auf die 67 Jahre politischer Aktivität zurück, in denen Mandela für eine gleichberechtigte Gesellschaft gekämpft hatte. Die UNO rief den Geburtstag des ersten demokratisch gewählten Präsidenten Südafrikas 2009 zum internationalen Gedenktag aus.

Mit der Regenbogennation feiert am Donnerstag deshalb die ganze Welt: Am Pariser Eiffelturm prangt ein Glückwunschbanner, in den USA meldeten sich Hunderte Freiwillige für soziale Projekte und in Melbourne veranstalten afro-australische Künstler ein Konzert zu Ehren des Friedensnobelpreisträgers.

Im südafrikanischen Staatsradio liefen in den vergangenen Tagen minutenlange Werbeschaltungen zum Mandela-Tag. Doch einigen ist die Lust am Feiern vergangen: Am Donnerstag ist bereits der 40. Tag, an dem Mandela wegen einer wiederkehrenden Lungeninfektion behandelt wird. Seiner Frau Graça Machel zufolge geht es zwar langsam bergauf, sie sei »heute weniger besorgt als noch vor einer Woche«. Auch Altpräsident Thabo Mbeki deutete an, Mandela könne vielleicht bald zu Hause behandelt werden. Aber noch handelt es sich um Spekulationen. Mandela wird nach wie vor künstlich beatmet und unterzieht sich einer Dialyse. Vor zwei Wochen entkam er Medienberichten zufolge knapp dem Tod. Einige Südafrikaner hatten bereits mit ihrem Helden abgeschlossen, als die Regierung seinen Zustand als »sehr kritisch« beschrieb.

In der Familie Mandela überschatten gleich mehrere Zwiste das Großereignis. Zum Verdruss ihres Vaters verklagten Zenani und Makaziwe Mandela die von Nelson Mandela eingesetzten Vermögensverwalter. Die Schwestern wollen nicht nur die Rechte zum Verkauf seiner Kunstsammlung, sondern auch die Anteile an seinen beiden Unternehmen. Nelson Mandela hatte sie im Jahr 2004 einem Treuhandfonds anvertraut. In zwei Wochen soll das Oberste Gericht in Johannesburg entscheiden. Aus ihrem Namen Gewinn zu machen, haben einige Familienmitglieder schon längst gelernt. Ein Mandela-Enkel vertreibt den »Mandela-Wein« und andere Verwandte gründeten das Modelabel 466/64, dessen Name auf Mandelas Gefangenennummer auf der Gefängnisinsel Robben Island zurückgeht.

Um Mandelas Tochter Makaziwe kursiert das Gerücht, sie habe die Fernsehrechte an der Beerdigung ihres Vaters an den US-Fernsehsender CNN verkauft, was CNN dementiert hat. Enkel Mandla wurde der Verkauf der Fernsehrechte bereits 2012 unterstellt. Zudem machte die Familie Mandela Schlagzeilen, als 16 Familienmitglieder Klage gegen Mandla einreichten. Er hatte die Leichname zweier Kinder und einer Enkelin von Großvater Nelson in seinem Heimatdorf Mvezo beisetzen lassen. Die Familie klagte die Leichen zurück: Per Gerichtsbeschluss brach die Polizei vor zwei Wochen die Tore zu Mandlas Residenz auf, exhumierte die Leichen und begrub sie in Qunu. Hier war Nelson Mandela aufgewachsen.

Vor dem Mediclinic Heart Hospital, wo der Nationalheld behandelt wird, will man davon aber nichts hören. Hier werden heute Hunderte Gratulanten erwartet. Sie kommen zu den eingeschworenen Fans hinzu, die bereits seit Wochen der südafrikanischen Winterkälte trotzen. Die Mauern der Klinik verwandelten sich zu einem bunten Meer aus Ballons, Blumensträußen, Südafrika-Flaggen und Glückwunschplakaten. »Du hast uns die Hoffnung gegeben, dass wir mehr erreichen können«, liest man auf einem Plakat. Aussagen wie diese verdeutlichen, wie sehr Mandelas Denken in der südafrikanischen Gesellschaft verankert bleibt – das, obwohl er sich schon vor Jahren aus der Öffentlichkeit zurückzog.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 18. Juli 2013

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