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Malemas Landreform

Südafrika: Anklage wegen Geldwäsche gegen geschaßten ANC-Jugendliga-Präsidenten

Von Christian Selz, Kapstadt *

Wir haben keine Angst, Blut zu sehen, solange dieses Blut uns das bringt, was uns gehört«, ließ Südafrikas ehemaliger ANC-Jugendliga-Präsident Julius Malema am Wochenende in Simbabwes Hauptstadt Harare eine Versammlung der Jugendliga der dort regierenden ZANU-PF wissen. Malema redete über seine beiden Lieblingsthemen: die Enteignung weißer Farmer und die Verstaatlichung des Bergbaus. Neu ist dabei höchstens die Schärfe der Rhetorik, doch der Zeitpunkt ist wohl gewählt. Dem einst prächtig vernetzten Polit-Millionär geht es um sein Image als radikaler Herausforderer des südafrikanischen Establishments, denn wie kürzlich bekannt wurde, hat Malema seine eigene »Landreform« längst vollzogen. Die südafrikanische Staatsanwaltschaft hat deswegen vor kurzem Anklage gegen ihn erhoben – wegen Geldwäsche.

Stein des Anstoßes ist ein Auftrag des Verkehrsministeriums von Malemas Heimatprovinz Limpopo an eine Briefkastenfirma namens On-Point Engineering, der der 31jährige als Direktor vorstand. On-Point sollte für das Verkehrsministerium die Planung und Auftragsvergabe für Straßen und Brücken in der nördlichsten Provinz Südafrikas übernehmen, ließ sich dafür aber nicht nur aus der Staatskasse, sondern auch von den Auftragnehmern fürstlich bezahlen. Malema, der mit Hilfe seiner politischen Kontakte den umgerechnet fünf Millionen Euro schweren Kontrakt trotz klarer Ausschlußmerkmale in der Bewerbung an Land gezogen haben soll, hat dafür laut Anklageschrift über eine eigene Familienstiftung knapp umgerechnet 450000 Euro erhalten. Einen Teil des Geldes hat der meist in Designeranzüge gehüllte Jungpolitiker kurz darauf in den Kauf einer Farm investiert. Weitere Zahlungen gingen an Immobilienhändler in Johannesburg, wo Malema eine Villa im Nobelviertel Sandton besitzt.

»On-Point existierte nur auf dem Papier«, stellte nun die südafrikanische Generalstaatsanwältin Thuli Madonsela in ihrem vernichtenden Bericht klar. Die Auftragsvergabe sei »ungesetzlich« und »regelwidrig« gewesen und hätte zu »Millionen Rand Schmiergeldern« geführt. »Unsere Hauptfrage war«, schreibt sie: »Hat Malema profitiert? Wir sagen ›Ja‹, ein betontes ›Ja‹!«

Neben der Tatsache, daß auch die Steuerbehörde umgerechnet 1,6 Millionen Euro von Malema verlangt, drohen dem einstigen ANC-Kronprinzen aufgrund des Reports zusätzliche Anklagen wegen Korruption und Betrugs – und damit lange Haftstrafen. Malemas politische Karriere war bereits im April dieses Jahres mit seinem endgültigen Ausschluß aus dem ANC erheblich gedämpft worden, als nach einem langwierigen Verfahren immer mehr seiner innerparteilichen Verbündeten verstummten und mutmaßliche Parteifreunde zu Gegenspielern wurden. Malema, auch das wird durch die Geldwäsche-Anklage für die immerhin drei Jahre zurückliegende On-Point-Geschichte klar, ist ohne politischen Einfluß vogelfrei. Rettung verspricht da ironischerweise nur noch die Strategie des Mannes, gegen den Malema den ANC-internen Machtkampf verlor: Jacob Zuma. Das heutige Staatsoberhaupt mußte sich auf dem Weg ins Präsidentenamt Vergewaltigungs-, Betrugs- und Korruptionsvorwürfen erwehren. Von ersteren wurde er vor Gericht freigesprochen, letztere kamen nie zur Anklage, weil die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen angeblicher politischer Einflußnahme einstellte.

Und so rief ein kämpferischer Malema seinen Anhängern gleich nach dem ersten Gerichtstermin zu, daß die Anklage politisch motiviert sei, die Betrugs- und Korruptionsvorwürfe seien Beleg dafür. Die Vermutung, Zuma wolle den unbequemen Gegenspieler noch vor seiner angestrebten Wiederwahl als Parteivorsitzender im Dezember loswerden, ist dabei in der Tat nicht unbegründet. Das mag die schnellen Ermittlungserfolge der Staatsanwaltschaft erklären, die Ergebnisse der tatsächlich unabhängigen Generalstaatsanwältin entwertet es allerdings nicht. Malema wird das wissen, sein letzter Ausweg ist nun der mit Allgemeinplätzen zu Landreform und Verstaatlichungen gepflasterte Pfad des politischen Märtyrers. Ende November soll das Hauptverfahren beginnen.

* Aus: junge Welt, Donnerstag 18. Oktober 2012


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