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ANC-Konferenz bereitete dem Streit kein Ende

Gewerkschaftsdachverband sieht seine Forderungen nicht erfüllt *

Eine viertägige Parteikonferenz des südafrikanischen ANC in der vergangenen Woche hat keine Einigkeit gebracht. Das von Präsident Zuma unterstützte Strategiepapier »Zweiter Wandel« fand keine Mehrheit.

Der Vizepräsident des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), Kgalema Motlanthe, der Staatspräsident Jacob Zuma möglicherweise zum Kampf um den Parteivorsitz herausfordern wird, scheint gestärkt aus dem »kleinen Parteitag« hervorgegangen zu sein. Er hatte das Strategiepapier vor zwei Wochen scharf kritisiert.

Erst im Oktober werden die Kandidaten für die ANC-Präsidentschaft offiziell nominiert. Einem Herausforderer Zumas bleibt demnach wenig Zeit zur Werbung. Kritiker sehen schon darin einen Winkelzug der Zuma-Unterstützer.

Auf der Parteikonferenz, die den Wahlparteitag im Dezember vorbereiten sollte, kam es hinter verschlossenen Türen zu heftigem Streit, der sich vor allem an der Frage der Nationalisierung des Bergbaus entzündete. Während Zuma und seine Unterstützer, darunter die Kommunistische Partei Südafrikas, vor einer übereilten Nationalisierung warnen, weil sie die Rache der Investoren fürchten, drängen die Gegner auf eine umfassende Nationalisierung des Sektors.

Zu den Unzufriedenen zählt auch Zwelenzima Vavi, Generalsekretär des Gewerkschaftsdachverbandes COSATU. Wie andere moniert er, dass der Inhalt der Diskussion im Konferenzkommuniqué verzerrt werde. Zuma hatte in seiner Abschlussrede die Nationalisierung mit keinem Wort erwähnt. Die Delegierten aber hätten, so Vavi, eindeutig beschlossen, Bergbaubetriebe nötigenfalls zu nationalisieren. Man habe deutlich mehr als nur ein größeres staatliches Engagement im Bergbausektor und höhere Steuern auf dessen Gewinne gefordert.

Weniger kontrovers wurde die Landreform diskutiert. Der ANC plant, von der gängigen Praxis abzurücken, wonach ein Eigentumswechsel von Grund und Boden der Zustimmung des Verkäufers bedarf. In Zukunft soll es dem Staat möglich sein, Landbesitzer im Notfall zu enteignen. Hintergrund ist, dass ein großer Teil des Landes nur dadurch in weiße Hände gelangt ist, weil schwarze Südafrikaner vertrieben wurden. Für eine neue Landreformpolitik muss allerdings die Verfassung geändert werden. Der ANC verfügt aber nicht über die erforderliche Zweidrittelmehrheit im Parlament.

Zur Aufhellung der schlechten Stimmung an der ANC-Basis wird der kleine Parteitag kaum beigetragen haben. Der Zorn vieler Bürger über Arbeitsplatzmangel und schlechte Infrastruktur schlägt vielen ANC-Politikern förmlich ins Gesicht. In den vergangenen zwei Jahren wurden in der bevölkerungsreichsten Provinz Gauteng mit den Millionenstädten Johannesburg und Pretoria neun Häuser von ANC-Gemeinderäten niedergebrannt. Angesichts der Bedrohungen, denen sich die Gemeinderäte ausgesetzt sehen, fordert Brian Hlongwa, ANC-Fraktionschef im Provinzparlament, dringend größere Anstrengungen, um die Nöte der Bürger zu lindern, aber auch neue Sicherheitsmaßnahmen für ANC-Verantwortliche. Die Gefahr bestehe, dass die Arbeit als Gemeinderat an Attraktivität verliert. Halbtagsräte sollen deshalb in Vollzeitjobs mit entsprechendem Gehalt umgewandelt werden.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 3. Juli 2012


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