Jacob Zuma bleibt starker Mann im ANC
Nationalrat verpasste dem ehrgeizigen Chef der Jugendliga, Julius Malema, einen Dämpfer
Von Armin Osmanovic, Johannesburg *
In Durban endete am vergangenen Freitag der fünftägige Nationalrat, das höchste Gremium
zwischen den im Fünfjahresrhythmus stattfindenden Parteitagen des in Südafrika regierenden
Afrikanischen Nationalkongresses (ANC). Zu dem befürchteten offenen Machtkampf zwischen der
ANC-Jugendliga mit ihrem lautstarken Chef Julius Malema und dem ANC-Präsidenten Jacob Zuma
kam es nicht.
Vor dem Nationalratskongress hatte Julius Malema die Nationalisierung der Minen und eine neue
Führungsspitze für den ANC gefordert. Vor allem ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe sollte
durch einen Gefolgsmann der Jugendliga, den stellvertretenden Polizeiminister Fikile Mbalula,
abgelöst werden. Doch Staats- und Parteichef Jacob Zuma ging gleich zu Beginn des Treffens in
Durban in die Offensive und schalt die Jugendliga mangelnder Disziplin. Über den Posten des ANCGeneralsekretärs
werde - wie über die ganze Führung - erst auf dem nächsten Parteitag 2012 diskutiert.
Auch den Gewerkschaftsdachverband COSATU griff Zuma wegen immer wiederkehrender Attacken
auf die Regierung an. Die Gewerkschaften seien mitverantwortlich für den in der Bevölkerung heftig
kritisierten, weil gewalttätigen dreiwöchigen Streik im Öffentlichen Dienst, der Krankenhäuser und
Schulen lahmlegte.
Recht schnell war klar, dass sich die Mehrheit der Delegierten in Durban hinter Zuma versammeln
würde. Seine Eröffnungsrede erhielt starken Applaus, vor allem wenn er die Disziplin im ANC
kritisierte. Die Forderung der Jugendliga nach einer Nationalisierung der Minen, die Zuma stets
kategorisch zurückgewiesen hatte, wurde während des Kongresses in der Kommission für Fragen
der wirtschaftlichen Transformation heftig diskutiert. Die Kommission akzeptierte die Nationalisierung
als ein Mittel der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Ein Erfolg für die Jugendliga.
Verfahrensweise und Realisierungsmöglichkeiten einer Nationalisierung sollten aber erst noch
untersucht werden.
Als Justizminister Jeff Radebe den Delegierten die Ergebnisse der Kommissionsarbeit vorstellte,
kam es fast zu einem Eklat. Die Jugendliga beschuldigte den Minister, die Beschlüsse in Sachen
Nationalisierung verwässert zu haben. Einige Malema-Anhänger versuchten nach Angaben der
Johannesburger »Sunday Times«, das Podium zu stürmen. Erst ANC-Vize-Präsident Kgalema
Mothlante gelang es, die Jungaktivisten zu beruhigen.
Die Kommunistische Partei Südafrikas (SACP) und der Gewerkschaftsdachverband COSATU - mit
dem ANC in einer Dreierallianz verbunden - zeigten sich mit dem Kongress zufrieden. Der
Rückschlag für die Jugendliga kommt beiden zupass, trotz aller Enttäuschung über Zuma, der
bislang die Rolle des Staates in der Wirtschaft nur wenig stärkt. Zwar verfolgen auch SACP und
COSATU die Nationalisierung der Minen, sehen aber in den Vorstellungen der Jugendliga allein den
Versuch, mittels Staatsgeldern einige in raues Wasser geratene schwarze Großunternehmer zu
retten. Zudem geht es SACP und COSATU darum, den Aufstieg Malemas zu stoppen, den beide für
ungeeignet halten, Führungsfunktionen auszufüllen.
Jenseits der großen Auseinandersetzungen um Spitzenposten und Bergbaunationalisierung
beherrschte die nun beschlossene Einführung einer öffentlichen Krankenversicherung für alle
Südafrikaner ab 2012 den Kongress. Geplant war eine solche Versicherung seit mehreren Jahren,
wegen Finanzierungslücken und zu erwartenden steigenden Steuern wurde die Einführung aber
immer wieder hinausgeschoben. Bislang sind Südafrikas Arbeitnehmer privat krankenversichert.
Thema des Kongresses war auch die heftig umstrittene neue Mediengesetzgebung, die eine
stärkere Kontrolle der Medien vorsieht, da sich der ANC von der Presse schlecht behandelt fühlt. Die
Delegierten beschlossen die Bildung einer Expertenkommission, die die Parlamentarier beraten soll,
was zu tun ist, damit die Medien im Lande weiter unabhängig, aber aus Sicht des ANC
ausgewogener arbeiten.
Zum Abschluss betonte Jacob Zuma nochmals, dass er schlechte Leistungen in seiner Regierung
nicht dulden werde. Vor allem in den Bereichen Wohnungsbau, Gesundheit, Bildung und Sicherheit
mangelt es an Fortschritten, wodurch die Regierung immer wieder in die Kritik gerät. Die »Sunday
Times« spekulierte denn auch gleich, welcher Minister nach dem Kongress seinen Hut nehmen
müsse. Ganz oben auf der Liste steht wohl der Minister für die öffentlichen Dienste und die
Verwaltung, Richard Baloyi, der wegen seines schlechten Managements während des dreiwöchigen
Streiks in Krankenhäusern und Schulen gescholten wird.
* Aus: Neues Deutschland, 27. September 2010
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