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UN-Sicherheitsrat: UNMIS statt AMIS

Eine UN-Truppe soll die Truppen der Afrikanischen Union im Sudan ablösen - Ausdehnung des Einsatzgebiets auf Darfur

Wird die sudanesische Provinz Darfur das nächste große Einsatzgebiet für eine "robuste" UN-Truppe, wie es der Westen, allen voran die USA und die Grünen im Deutschen Bundestag lautstark fordern? Eine Resolution dazu liegt seit dem 31. August 2006 vor [Resolution 1706 (2006)]. Die Regierung in Khartum hat indessen Einwände.



Der UN-Sicherheitsrat will die Kontrolle über die Friedenstruppe in der sudanesischen Krisenregion Darfur übernehmen. Laut der am 31. Aug. verabschiedeten Resolution [1706 (2006)] soll die Truppe, die derzeit von der Afrikanischen Union geleitet wird, besser ausgestattet und verstärkt werden. Die Resolution wurde mit zwölf zu null Stimmen angenommen. Dabei enthielten sich China, Russland und Katar. Für die Kommandoübernahme seitens der Vereinten Nationen ist allerdings die Zustimmung der sudanesischen Regierung notwendig. Diese lehnte die Resolution bislang ab.

Die wichtigsten Bestandteile der Resolution:
  • Das bisherige Mandat der UNMIS ist auszuweiten und "nach Darfur zu verlegen"
  • Die Verlegung nach Darfur soll spätestens am 1. Oktober 2006 beginnen
  • UNMIS soll um bis zu 17.300 Soldaten und einen angemessenen zivilen Anteil, darunter bis zu 3.300 Zivilpolizisten und bis zu 16 organisierte Polizeieinheiten" verstärkt werden
  • UNMIS wird spätestens bis zum 31. Dezember 2006 "von der AMIS die Verantwortung für die Unterstützung der Durchführung des Friedensabkommens für Darfur" übernehmen
  • UNMIS wird vor allem den Auftrag haben, eine "humanitäre Waffenruhe" zu unterstützen
  • UNMIS soll eine Präsenz insbesondere in "Schlüsselgebieten" unterhalten, "wie in den gemäß dem Friedensabkommen für Darfur eingerichteten Pufferzonen, in Bereichen innerhalb von Binnenvertriebenenlagern und in entmilitarisierten Zonen im Umkreis und innerhalb von Binnenvertriebenenlagern"; Ziel ist es, durch Abschreckung "Gewalttätigkeiten zu verhindern".
Hier geht es zur

Resolution 1706 (20069

vom 31. August 2006 im Wortlaut (deutsch; pdf-Datei)



Nach Ansicht des US-Außenministeriums ist die Zustimmung des Sudan zur Stationierung einer internationalen Friedenstruppe in der Krisenregion Darfur nicht notwendig. Die UN-Resolution bitte den Sudan zwar um Zustimmung, erfordere diese aber nicht, sagte eine Außenamtssprecherin am 31. Aug. in Washington. Diese Deutung der Resolution ist indessen sehr eigenwillig. In der Resolution heißt es: (der Sicherheitsrat) "fordert daher die Regierung der nationalen Einheit auf", der "Verlegung" der UN-Verbände in die Krisenprovinz Darfur "ihre Zustimmung zu erteilen". Die Afrika-Beauftragte des US-Außenministeriums, Jendayi Frazer, forderte den sudanesischen Außenminister Lam Akol auf, so bald wie möglich zu Gesprächen über die UN-Friedenstruppe nach Washington zu kommen.

Auch die Europäische Union hat die Regierung des Sudan dazu aufgerufen, ihren Widerstand gegen die geplante Aufstockung der UN-Blauhelmtruppe in der Krisenprovinz Darfur fallen zu lassen. "Wenn nichts unternommen wird, steuern wir auf eine militärische Eskalation zu", sagte der EU-Sondergesandte für den Sudan, Pekka Haavisto, am 1. Sept. in Helsinki der Nachrichtenagentur AFP. Die sudanesische Regierung sei offenbar davon überzeugt, dass der Konflikt mit Waffengewalt zu lösen sei. Den Vorschlag der Regierung in Khartum, die eigenen Truppen in Darfur aufzustocken, werde aber den Konflikt verschärfen, sagte Haavisto. "Die sudanesischen Soldaten haben nicht das Vertrauen der örtlichen Bevölkerung."

Diskussion hat der Beschluss des UN-Sicherheitsrats zur Entsendung einer verstärkten Blauhelmtruppe in die sudanesische Krisenregion Darfur auch in Berlin ausgelöst. In der Unionsfraktion zeichnete sich Widerstand gegen eine mögliche Beteiligung deutscher Soldaten an einem Einsatz in Sudan ab. Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (03.09.2006): "Sollte sich die Frage stellen, müsste zunächst geklärt werden, ob die militärische Kapazität vorhanden ist." Er fügte hinzu: "Aber grundsätzlich ist aus heutiger Sicht ein Bundeswehreinsatz in Sudan nur schwer vorstellbar." - "Deutschland darf sich nicht verweigern, wir sollten uns an der geplanten Mission in jedem Fall beteiligen", sagte dagegen die Grünen-Außenpolitikerin Kerstin Müller dem "Tagesspiegel am Sonntag" (03.09.2006) am Rande des Zukunftskongresses ihrer Partei in Berlin. Allerdings rechne sie nicht damit, dass die UN Berlin um "größere Truppenkontingente" ersuchen werde. Vielmehr seien für die UN logistische Fähigkeiten und Überwachungskapazität der Bundeswehr interessant.


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