Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Sudan: Chronik wichtiger Ereignisse

Mai/Juni 2007


Dienstag, 1. Mai, bis Sonntag, 6. Mai
  • Mit einer groß angelegten Kampagne will die US-Schauspielerin Mia Farrow US-Fonds dazu bewegen, nicht mehr in Firmen zu investieren, die Geschäfte mit der sudanesischen Regierung machen. "Ich fühle mich verantwortlich für das, was mit meinem Geld passiert", sagte Farrow am 1. Mai in einer Telefonkonferenz. Alle anderen Menschen, die in die Fonds investiert haben, sollten dies auch tun, sagte sie. Das Vorgehen richtet sich gegen den von US-Milliardär Warren Buffet geleiteten Fonds Berkshire Hathaway sowie den Fonds Fidelity Investments. Farrow hat über Fidelity für ihre Rente vorgesorgt.
  • Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, wirft der internationalen Gemeinschaft völliges Versagen bei den Bemühungen um eine Verbesserung der Sicherheitslage in Darfur vor. Zwar seien auf humanitärem Gebiet Erfolge erzielt worden. So hätten die UN in den ersten vier Monaten des Jahres die Rückkehr von 30.000 Flüchtlingen unterstützt, mehr als im gesamten Jahr 2006. Damit dieser Erfolg aber nachhaltig sei, müsse die Sicherheit verbessert werden, und dies könne nur in Verbindung mit einem umfassenden Friedensabkommen gelingen, sagte Guterres am 1. Mai in New York. Entsprechenden Verhandlungen sei aber nicht genug Aufmerksamkeit zuteil geworden.
  • Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat bei seinen Ermittlungen zum Konflikt in der sudanesischen Region Darfur die ersten Haftbefehle gegen einen Minister und einen Milizführer erlassen. Ihnen werden Verbrechen an der Zivilbevölkerung in Darfur zur Last gelegt. Der Sudan müsse den Minister für Humanitäre Angelegenheiten, Ahmad Harun, und den Dschandschawid-Führer Ali Kuschajb festnehmen, erklärte Ankläger Luis Moreno-Ocampo am 2. Mai in Den Haag. Moreno-Ocampo hatte die beiden Männer im Februar als Verdächtige in mehr als 50 Fällen von Kriegsverbrechen benannt. Zu den Vorwürfen zählen Verwicklung in Angriffe auf die Zivilbevölkerung, Mord und Vergewaltigung. Die Vorfälle beziehen sich auf den Zeitraum zwischen August 2003 und März 2004, Harun war damals im Innenministerium für die Sicherheit in Darfur zuständig.
    Die sudanesische Regierung wies die Haftbefehle zurück und betonte, sie habe nicht vor, die beiden Männer auszuliefern. Die sudanesische Position sei eindeutig, sagte Justizminister Mohamed Ali al Mardi: Das Vorgehen des IStGH sei illegal. Er kündigte an, auf Grund der Haftbefehle auch die bisherige gelegentliche Zusammenarbeit völlig einzustellen. Eigene Untersuchungen ergaben nach Angaben Al Mardis keine belastenden Beweise gegen Harun.
    Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in New York rief die internationale Gemeinschaft auf, den Druck auf den Sudan zu verstärken, um die Festnahme und Überstellung der Verdächtigen zu erreichen.
  • Die Nachbarstaaten Sudan und Tschad wollen ihre Spannungen beilegen. Die Präsidenten beider Länder, Omar el Beschir und Idriss Deby Itno, unterzeichneten am 3. Mai in Saudi-Arabien eine Vereinbarung zur Wiederversöhnung, wie saudische Medien berichteten. Das Abkommen unter der Schirmherrschaft des saudi-arabischen König Abdullah ist das Ergebnis eines Treffens der drei Staatschefs auf Abdullahs Landgut in Janadrijah, 40 Kilometer nordöstlich von Riad. Es sieht unter anderem vor, dass Sudan und Tschad Aufständische im jeweils anderen Land nicht mehr unterstützen, was die Hauptursache der Spannungen zwischen den afrikanischen Nachbarn war.
Montag, 7. Mai, bis Sonntag, 20. Mai
  • China will nach Angaben der US-Regierung die Friedensmission in Darfur mit mehreren hundert Pionieren unterstützen. Sie sollten die Ankunft von 3.000 Soldaten der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen in der sudanesischen Krisenprovinz vorbereiten, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Washington am 7. Mai. Die US-Regierung hoffe ferner, dass China seinen Einfluss auf den Sudan nutze, damit dieser der Stationierung einer größeren Friedenstruppe zustimme. Geplant sind insgesamt 20.000 Mann in Darfur. Dem Konflikt dort sind schon mehr als 200.000 Menschen zum Opfer gefallen, mehr als 2,5 Millionen wurden zu Flüchtlingen.
  • Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Russland und China vorgeworfen, dem Sudan Waffen für den Einsatz in der Krisenprovinz Darfur zu liefern und damit ein UN-Embargo zu unterlaufen. Der Sudan habe 2005 Waffen, Munition und Flugzeugteile für mehr als 80 Millionen Dollar (knapp 59 Millionen Euro) aus China eingeführt, heißt es in einem am 8. Mai veröffentlichten Amnesty-Bericht. Kürzlich habe die chinesische Firma AviChina sechs Militärmaschinen vom Typ K-8 an die sudanesische Luftwaffe geliefert, sechs weitere Maschinen sollten noch folgen. Es sei wahrscheinlich, dass der Sudan diese Flugzeuge auch für Angriffe auf Darfur einsetzen werde.
    Das chinesische Außenministerium erklärte zu dem Bericht, die chinesischen Waffenlieferungen nach Afrika seien begrenzt. Ministeriumssprecherin Jiang Yu wollte sich jedoch nicht dazu äußern, ob auch der Sudan zu den Abnehmern chinesischer Waffen gehöre. Sie betonte jedoch, China verkaufe keine Waffen an Regionen, die mit einem UN-Embargo belegt seien. Das russische Außenministerium erklärte in einer Stellungnahme, es seien keine russischen Waffen nach Darfur geliefert worden. Die militärische und technische Zusammenarbeit mit anderen Ländern entspreche internationalen Regeln.
  • Bewaffnete haben Medienberichten zufolge bei einem Überfall auf ein Dorf im Südsudan mindestens 54 Menschen getötet, die meisten davon Frauen und Kinder. Die englischsprachigen Zeitungen "Khartoum Monitor" und "Sudan Tribune" berichteten am 14. Mai, schwer bewaffnete Stammeskämpfer hätten nahe der Grenze zu Kenia 49 Frauen und Kinder sowie fünf Männer getötet und zahlreiche weitere verletzt. Laut "Sudan Tribune" ereignete sich die Bluttat bereits am 4. Mai. Erst 2004 beendete ein Friedensabkommen im Südsudan einen zwei Jahrzehnte dauernden Konflikt, der mehr als zwei Millionen Menschen das Leben gekostet.
  • Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hat ihre Forderung nach Sanktionen gegen den Sudan bekräftigt. Dabei müsse die EU notfalls unabhängig vom UN-Sicherheitsrat handeln, erklärte die SPD-Politikerin am 15. Mai vor Beratungen der EU-Entwicklungshilfeminister in Brüssel: "Wenn es jetzt nicht endlich auch UN-Sicherheitsratssanktionen gibt, und zwar Einfrieren von Konten, und spürbar für die Herrschaften in Khartum, dann muss die EU eigene Sanktionen beschließen."
Montag, 21. Mai, bis Donnerstag, 31. Mai
  • Im Darfur-Konflikt will US-Präsident George W. Bush den Druck auf die sudanesische Regierung erhöhen. Wie Vertreter des Weißen Hauses mitteilten, plant Bush weitere Wirtschaftssanktionen gegen das afrikanische Land. Zudem fordere er eine neue UN-Resolution, um die Führung in Khartum zu zwingen, die internationalen Bemühungen zur Bendigung des Darfur-Konflikts nicht länger zu behindern. Bush werde die neuen Strafmaßnahmen heute, am 29. Mai, bekanntgeben und auch in Kraft setzen, hieß es in Washington weiter. Laut einer früheren Resolution des Weltsicherheitsrates sollen eigentlich rund 22.000 UN-Soldaten in der westsudanesischen Provinz zum Einsatz kommen. Schritte zur Umsetzung scheiterten bislang jedoch am Widerstand der Regierung in Khartum.
  • Druck und Sanktionen trügen nicht zur Lösung des Konflikts um die sudanesische Provinz Darfur bei, sagte der chinesische Afrika-Beauftragte Liu Guijin am 29. Mai in Peking. Er reagierte damit auf Berichte, denen zufolge die USA auf eine neue, verschärfte UN-Resolution dringen. "Die Ausweitung von Sanktionen macht die Lösung von Problemen nur schwieriger", sagte Lui vor Journalisten. Er ließ offen, ob China im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) ein Veto gegen einen US-Resolutionsentwurf einlegen werde. Darüber zu diskutieren sei zu früh.
  • UN-Generalsekretär Ban ki Moon hat am 30. Mai die Verschärfung der US-Sanktionen gegen den Sudan kritisiert. Ban sagte, er habe direkte Verhandlungen mit der sudanesischen Regierung aufgenommen und hätte lieber abgewartet, wie sich die Lage nun weiterentwickele. Kritik am Vorgehen der USA kam auch aus China, Ägypten, und aus der Arabischen Liga. US-Präsident George W. Bush hatte zuvor neue Strafmaßnahmen gegen den Sudan angekündigt und den Weltsicherheitsrat aufgefordert, mit UN-Sanktionen nachzuziehen. Die deutsche Regierung kündigte derweil an, sie wolle bis zu 200 Bundeswehrsoldaten in die sudanesische Krisenregion Darfur entsenden. Dem Bundestag sei ein entsprechender Antrag vorgelegt worden, teilte ein Sprecher mit.
Freitag, 1. Juni, bis Sonntag, 24. Juni
  • Der französische Außenminister Bernard Kouchner hat am 9. Juni beim Besuch eines Flüchtlingslagers im Tschad auf die Notlage der dort lebenden Menschen hingewiesen.
  • Die Afrikanische Union (AU) wird nach Einschätzung aus französischen Diplomatenkreisen wohl nicht an der Darfur-Konferenz am kommenden Montag (25. Juni) in Paris teilnehmen. Damit drohe einer der wichtigsten Akteure der Krise beim Ministertreffen zu fehlen, hieß es am 19. Juni in der französischen Hauptstadt. Die AU sei "natürlich eingeladen worden", betonte Außenamtssprecher Jean-Baptiste Mattéi. Sie müsse sich nun entscheiden, wie sie sich dazu verhalten wolle. Noch habe Frankreich "keine endgültige Antwort" erhalten. Mit der vom Sudan abgelehnten Konferenz will Paris "die internationale Mobilisierung" zur Lösung des Konflikts verstärken.
  • Am Vorabend einer Darfur-Konferenz in Paris hat US-Außenministerin Condoleezza Rice zu einem verstärkten Engagement für die Krisenregion im Sudan aufgerufen «Ich denke nicht, dass die internationale Gemeinschaft ihrer Verantwortung dort wirklich gerecht geworden ist», sagte Rice am 24. Juni auf einer Pressekonferenz mit dem französischen Außenminister Bernard Kouchner Bereits vor ihrer Ankunft begrüßte Rice die Ankündigung der neuen französischen Regierung für eine verstärkte Zusammenarbeit zur Lösung des Darfur-Konflikts Zugleich warnte sie die sudanesische Regierung, neue Bedingungen für den Einsatz der UN-Friedenstruppe zu stellen Die Regierung in Khartum hat der Entsendung von 19000 Soldaten der Afrikanischen Union und der UN zugestimmt, die genauen Rahmenbedingungen aber noch nicht geklärt Frankreich hat vorgeschlagen, auch die Flüchtlingslager im Tschad mit einer kleinen internationalen Einheit zu sichern Dem Konflikt in der westsudanesischen Region sind mehr als 200000 Menschen zum Opfer gefallen, etwa 2,5 Millionen wurden in die Flucht getrieben Neben der Teilnahme an der Darfur-Konferenz will Rice auch die neue französische Regierung kennenlernen Nach dem heftigen Zwist zu Beginn des Irak-Kriegs hofft Washington jetzt auf einen Neuanfang in den Beziehungen zu Paris.
Montag, 25. Juni, bis Samstag, 30. Juni
  • Vier Jahre nach dem Beginn des Darfur-Konfliktes hat die internationale Gemeinschaft bei einer Konferenz in Paris am 25. Juni um das Vorgehen gegenüber der Regierung Sudans gerungen. Während Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bei der Darfur-Konferenz die Staaten zu entschlossenem Handeln aufforderte, riet China von Druck auf Khartum ab. Bei dem eintägigen Treffen wollten Frankreich, Deutschland, China, die USA und 14 weitere Teilnehmer einen gemeinsamen Weg finden, um das Blutvergießen in der westsudanesischen Krisenprovinz zu stoppen. Der Sudan und die Afrikanische Union (AU) nahmen nicht teil.
  • Frankreich hofft darauf, dass die neue Darfur-Friedenstruppe spätestens Anfang 2008 steht. Das sagte der französische Verteidigungsminister Hervé Morin am 25. Juni vor Beginn einer Ministerkonferenz zu der sudanesischen Krisenregion in Paris. Die Regierung im Sudan hatte sich zuvor grundsätzlich einverstanden mit einer gemischten Truppe aus Soldaten der UNO und der Afrikanischen Union (AU) erklärt. Sudan und AU nehmen an der Pariser Konferenz allerdings nicht teil. Die neue Darfur-Truppe soll gut 20.000 Mann umfassen. Sie soll die bisherige Mission der AU ablösen, die 7000 Soldaten umfasst, aber unzureichend finanziert und schlecht ausgerüstet war.
  • Führende UN-Experten haben eine internationale Kontrolle über die Öl-Einnahmen des Sudans gefordert, um den Bürgerkrieg in der Krisenregion Darfur zu stoppen In einem am 25. Juni von der Zeitung "Liberation" veröffentlichten Aufruf heißt es, durch die Kontrolle könne die Regierung in Khartum gehindert werden, "Tötungen, Bombardierungen und ethnische Säuberungen zu finanzieren". Zu den Unterzeichnern gehören der frühere Chef der UN-Mission im Sudan, Jan Pronk, und Friedensnobelpreisträgerin Jody Williams, die eine UN-Mission zur Menschenrechtslage in Darfur leitete Der UN-Sicherheitsrat müsse einen internationalen Fonds für die Öleinnahmen des Sudans einrichten, schreiben die Experten So könne sichergestellt werden, dass die Rohölabnehmer des Landes, allen voran China, weiter beliefert würden Die Verträge könnten bestehen bleiben Zugleich müsse die Regierung gezwungen werden, die Einnahmen in Hilfsprojekte und den Wiederaufbau Darfurs zu investieren Der Druck der internationalen Gemeinschaft habe bisher keine ausreichende Wirkung gezeigt, schreiben die UN-Funktionäre weiter Im Gegenteil: "Durch die steigenden Öleinnahmen fühlt sich Khartum geschützt Das Geld wird für den militärischen Missbrauch in Darfur und für die Rekrutierung, Bewaffnung und Bezahlung der Dschandschawid-Miliz benutzt".
  • George Clooney war so begeistert von den Spendeneinnahmen bei seiner "Not On Our Watch"-Veranstaltung in Cannes, dass er jetzt jedes Filmfestival zu einer Spendengala für die Darfur-Hilfe machen will. Der Schauspieler und seine "Ocean's 13"-Partner hatten bei Dinners und Galas in Cannes und bei der Filmpremiere in Las Vegas insgesamt 10 Millionen Dollar eingesammelt. Nun will Clooney, der zu den prominentesten Aktivisten gegen den Völkermord im Sudan gehört, am liebsten jeden Film-Event zu einer Spendenveranstaltung machen. Clooney: "Ich habe wirklich vor das auch an anderen Orten zu machen. Filmfestivals sind ein guter Anfang." Clooney meint, dass er durch die Aktion das Gefühlt hat, etwas wirklich Sinnvolles zu machen. Clooney: "Es gibt nur wenige Sachen, die wir tun können - sie zu schützen wo immer es geht und ihnen Nahrung, Wasser, Medizin und Betreuung geben. Wir versuchen doch einfach nur, sie lange genug leben zu lassen, dass sie den nächsten Schritt selbst gehen können." (Wenn, 28. Juni)


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