Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Stimmungsbremse in Peking

China bleibt wichtigster ausländischer Investor in Sri Lanka – doch einige Großprojekte werden überprüft. Das belastete die Atmosphäre beim Staatsbesuch

Von Thomas Berger *

Der vorläufige Stopp für das Großprojekt Colombo Port City in der Hauptstadt Colombo hat beim Staatsbesuch von Sri Lankas Präsident Maithripala Sirisena in Peking ein wenig auf die Stimmung gedrückt. Zwar versicherte der Gast aus Südasien, der bis Sonntag in China war, im Gespräch mit politischen Spitzen in Peking wie auch vor der Presse, dass es sich nur um »temporäre Probleme« handle und die Arbeiten »möglichst bald« fortgesetzt werden könnten, wenn die offenen Fragen geklärt seien. Für Misstöne hat die Angelegenheit dennoch gesorgt. Chinas Präsident Xi Jinping sprach von einem negativen Signal hinsichtlich anderer Auslandsinvestitionen, sei es nun von chinesischen oder anderen Firmen.

Das umgerechnet knapp 1,5 Milliarden Dollar teure Vorhaben gehört mit Abstand zu den größten Projekten, mit denen chinesische Firmen, die wichtigsten ausländischen Investoren, in dem Inselstaat engagiert sind. Unter Sirisenas Vorgänger Mahinda Rajapaksa waren während dessen zehnjähriger Amtszeit die politischen wie wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern ausgeweitet worden. Allein im vergangenen Jahr wurden Kooperationen im Gesamtwert von umgerechnet 5,3 Milliarden Dollar auf den Weg gebracht.

Daran will der neue srilankische Präsident nicht grundsätzlich rütteln. Aber Sirisena ist auch auf die Wiederherstellung der traditionellen Balance im Verhältnis zu den beiden asiatischen Giganten bedacht, wie sich an seiner ersten Auslandstour zeigte, die nach Indien und nicht nach China führte. Und beim Megaprojekt Colombo Port City steht der Verdachtsmoment der Korruption im Raum, den es auszuräumen gilt – deshalb der vorläufige Baustopp.

Investor ist der Staatskonzern China Harbour Engineering Company (CHEC), Teil eines weltweit tätigen Firmengeflechts. Beide Seiten haben ein Interesse daran, die Angelegenheit nach Möglichkeit nicht weiter hochkochen zu lassen. Denn weitere chinesische Großinvestionen in Sri Lanka, gerade im Infrastrukturbereich, stehen für die nächste Zeit auf der Agenda. Darunter ist auch die Erneuerung der Bahnverbindung im Zentrum zwischen der Hauptstadt Colombo und Kandy. Neun Bahnhöfe würde die Modernisierung einschließen, vor allem auch Colombo Fort, der wichtigste Bahn-Knotenpunkt des Landes.

Die Frage, ob im Zuge der Vereinbarungen mit dem im Januar abgewählten Rajapaksa-Regime die Chinesen der Gegenseite an der einen oder anderen Seite nicht zu große Zugeständnisse abgerungen haben, bleibt trotz allen diplomatischen Geplänkels berechtigt. Zum Beispiel wurde vereinbart, dass CHEC 25 Jahre lang steuerfrei agieren kann. Im Präsidentschaftswahlkampf hatte Sirisena teilweise noch sehr markige Töne angeschlagen. Von Ausverkauf oder Versklavung war da stellenweise die Rede, wenn es um ausländische Investoren – und damit ungenannt zuvorderst die Chinesen – ging. Beim Staatsbesuch in Peking jetzt zeigte sich Sri Lankas neues Staatsoberhaupt wesentlich zurückhaltender und vermied jede kritische Äußerung. Vielmehr unterstrich er die Bedeutung der »neuen Seidenstraße«, bei der seinem Land eine Schlüsselstellung zukomme, und deren historischen Vorbildes.

China knüpft in Südasien maritime Verbindungen zwischen Bangladeschs Hafenstadt Chittagong, Pakistan und eben Sri Lanka, wo vor allem das Großprojekt in Hambantota mit Hochdruck vorangetrieben wird. Teil eins ist seit 2010 fertig, derzeit laufen im Umfang von 800 Millionen Dollar die Arbeiten an Teil zwei dieses wichtigsten Umschlagplatzes. Dazu gehören auch gigantische Lagerkapazitäten für Schiffsdiesel und Flugzeugtreibstoff. Letzteres kommt nicht von ungefähr, denn in Hambantota entsteht mit dem Mattala Flughafen auch der zweite internationale Flughafen des Inselstaates, ebenfalls ein chinesisches Projekt. Genauso wie die Erweiterung der Kapazitäten am hauptstädtischen Flughafen nördlich der Metropole Colombo. Auch dessen bessere Straßenanbindung lag in chinesischen Händen. Der neue, vierspurige Colombo-Katunayake-Expressway, eröffnet im Oktober 2013, hat die Fahrtzeit aus dem Stadtzentrum zum Airport von anderthalb Stunden auf 30 Minuten verkürzt. Für die 25 Kilometer lange Schnellstraße waren knapp 300 Millionen Dollar investiert worden. An weiteren Autobahnen nach diesem Vorbild laufen die Arbeiten.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 1. April 2015


Zurück zur Sri Lanka-Seite

Zur Sri Lanka-Seite (Beiträge vor 2014)

Zur China-Seite

Zur China-Seite (Beiträge vor 2014)

Zurück zur Homepage