Erster Luftangriff der LTTE
Sri Lankas tamilische Rebellen attackierten Militärbasis Katunayake
Von Hilmar König, Delhi *
Mit einem Angriff auf die Luftwaffenbasis Katunayake nahe der srilankischen Hauptstadt Colombo
versuchten die tamilischen »Befreiungstiger« (LTTE) am Montag die Offensive der
Regierungstruppen zu bremsen. Zugleich nimmt das Problem der Kriegsflüchtlinge im Lande immer
dramatischere Formen an.
Im Schutz der Nacht unternahmen die LTTE ihren ersten Überfall aus der Luft auf den Stützpunkt
Katu-nayake, der an den Internationalen Bandaranaike-Flughafen von Colombo grenzt. Dieser
wurde aus Sicherheitsgründen für sechs Stunden geschlossen.
Drei Menschen wurden getötet, 17 teils schwer verletzt, nachdem aus zwei Leichtflugzeugen
Bomben abgeworfen worden waren. Ein LTTE-Sprecher verkündete, die Piloten seien nach dem
Angriff sicher wieder im Norden der Insel gelandet. Er kündigte weitere solche Angriffe auf
Militäreinrichtungen an – als Revanche für die seit Wochen anhaltenden Bombenflüge der
srilankischen Luftwaffe gegen Stellungen der Rebellen und Siedlungen im LTTE-kontrollierten
Gebiet. Nach Angaben des srilankischen Militärs wurden Kampfflugzeuge der Luftwaffe bei dem
Angriff am Montag allerdings nicht zerstört. Im Jahre 2001 hatten Kämpfer der »Befreiungstiger von
Tamil Eelam« den Bandaranaike-Flughafen angegriffen und zahlreiche Flugzeuge – darunter sechs
zivile Passagiermaschinen der Linie »Sri Lankan« – zerstört.
Auf den Krieg im Osten und Norden der Insel hatte die überraschende Aktion der LTTE in der Nähe
der Hauptstadt keine Auswirkungen. Artillerie der Armee und der Rebellen feuert nach wie vor über
die sogenannte Vorwärtsverteidigungslinie hinweg und veranlasst immer mehr Menschen aus dem
Norden und vor allem aus dem Osten zur Flucht in vermeintlich sichere Gebiete. Allein im östlichen
Distrikt Batticaloa kampieren inzwischen über 150 000 Kriegsflüchtlinge an Straßenrändern, in
Tempeln und Kirchen, in Notunterkünften oder bei Verwandten. Ihre Versorgung und Betreuung
werden nach Angaben von Hilfsorganisationen von Tag zu Tag schwieriger. Das
Welternährungsprogramm (WFP) der UNO meldete, dass die Nahrungsmittelreserven knapp
werden. Die Internationale Organisation für Migration errichtete in der Stadt Batticaloa, wohin die
meisten Flüchtlinge strömen, 750 Notunterkünfte und 200 Toiletten, verteilt täglich für 3500
Menschen Reis und Hülsenfrüchte und gibt Moskitonetze, Sturmlaternen, Eimer und Schlafmatten
aus.
Beobachter berichten, dass die Flüchtenden von keiner Seite Schutz erwarten können. Sie würden
ganz im Gegenteil von den Kriegsparteien als »menschliche Schutzschilde« missbraucht und seien
vor Entführungen und Zwangsrekrutierungen nicht sicher. In den Lagern in Batticaloa würden die
bewaffneten Angehörigen der Fraktion des vormaligen LTTE-Obersten Karuna als Hilfstruppe des
Militärs fungieren.
In dieser kritischen Situation distanzierte sich das UN-Flüchtlingswerk (UNHCR) von der Kampagne
der Regierung in Colombo, tausende Kriegsflüchtlinge in ihre Heimatgebiete im Osten zurück zu
schaffen. Die Armee hatte diese Gebiete im Januar von der LTTE erobert. Über 11 000 Flüchtlinge
sollen, oft gegen ihren Willen, in 22 Dörfer im Gebiet Vakarai »zurückgesiedelt« worden sein. Diese
Aktion hält das UNHCR für zu früh und für verantwortungslos, weil in diesen Gebieten die
Infrastruktur zerstört ist und nicht einmal Mindestanforderungen an die Sicherheit erfüllt werden.
Minen und nicht explodierte Granaten liegen herum, die Versorgung mit Hilfsgütern, Medikamenten
und Nahrungsmitteln ist völlig unzureichend. Sri Lankas Behörden spielen die katastrophale Lage
herunter, während das Militär mit dem Segen der Regierung in Colombo seine Offensive fortsetzt, in
der Hoffnung auf einen endgültigen Sieg über die Rebellen.
Der seit 1983 andauernde Bürgerkrieg auf Sri Lanka hat bislang fast 70 000 Menschen das Leben
gekostet. Ein vor fünf Jahren geschlossenes Waffenstillstandsabkommen existiert nur noch auf dem
Papier.
* Aus: Neues Deutschland, 27. März 2007
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