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Der Lohn für Karuna

Abtrünniger Guerillaführer der Befreiungstiger in Sri Lanka zum Minister gekürt

Von Hilmar König *

Der »Oberst« Karuna Amman, einst stellvertretender Chef der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE), hat seinen Judaslohn für den Verrat an seinen früheren Mitstreitern erhalten. Zu Wochenbeginn kürte ihn Staatspräsident Mahinda Rajapakse zum Minister für Nationale Integration und Aussöhnung. Mit etwa 2 000 Anhängern war Karuna, dessen bürgerlicher Name Vinayagamurthi Muralidharan lautet, kurz zuvor der regierenden »Freiheitspartei Sri Lankas« (SLFP) beigetreten. Rajapakse händigte ihm die Mitgliedskarte persönlich aus und nannte ihn dabei einen »talentierten Führer«. Karuna revanchierte sich, indem er Rajapakse »gute nationale Führerschaft« bescheinigte.

Mit dem Ministerposten krönt der Abtrünnige seine bisherige politische Laufbahn. Im Jahre 2004 hatte er der LTTE den Rücken gekehrt, weil er nicht länger Velupillai Prabhakaran als die Nummer eins akzeptieren wollte. Aus der Ostprovinz stammend, warf er Prabhakaran vor, die dortigen Tamilen lediglich als »LTTE-Kanonenfutter« geopfert, sie ansonsten jedoch vernachlässigt zu haben. In den Leitungsstrukturen der Guerilla wären die Kader aus dem Osten völlig unzureichend berücksichtigt worden. Fortan kollaborierten die von ihm gegründeten bewaffneten »Befreiungstiger des tamilischen Volkes « (TMVP) mit den Streitkräften. Sein Verrat ermöglichte, daß diese die LTTE im Sommer 2007 aus der Ostprovinz vertrieben und damit empfindlich schwächten. Das gab dem Militär einen solchen Auftrieb, daß es anschließend die Kriegsoffensive im Norden gegen die Hauptstellungen der LTTE eröffnete und diese ihr Einflußgebiet auf jetzt nur noch knapp 50 Quadratkilometer einbüßte. Die TMVP durfte bewaffnet bleiben. Sie rekrutierte Kinder, entführte politische Gegner und versuchte erbittert, LTTE-Kader zu eliminieren. Verschiedene Organisationen klagten Karuna schwerer Menschenrechtsverletzungen an. Doch Colombo deckte ihn.

Bei Provinzwahlen im Mai 2008 bekam Karunas Bewegung die Mehrheit und stellte mit Sivanesathurai Chandrakanthan den Chefminister der Provinz. Danach ließ sich die TMVP als politische Partei registrieren. Karuna überwarf sich mit dem Chefminister und tauchte plötzlich mit einem Diplomatenpaß in London auf. Menschenrechtsaktivisten erwirkten, daß er dort einige Monate festgenommen und dann klammheimlich nach Colombo abgeschoben wurde. Nun tauchte er wie Phönix aus der Asche auf und wechselte die Partei, weil die TMVP angeblich im In- und Ausland zu oft als LTTE mißverstanden wurde. Er ziehe es vor, in einer großen nationalen Partei mitzuwirken, erklärte er am Montag.

* Aus: junge Welt, 12. März 2009


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