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Colombo will weniger Hilfe

Hilfsorganisationen verlassen Sri Lanka

Von Hilmar König, Delhi *

Laut einem Bericht der Londoner »Times« sterben im größten Flüchtlingslager Sri Lankas - der Manik Farm - wöchentlich 1400 Menschen. Trotzdem hat die Regierung in Colombo die internationalen Hilfsorganisationen aufgefordert, ihre Unterstützungsleistungen zu reduzieren.

Auf dem Gelände der »Manik Farm« campieren seit Monaten rund 200 000 der insgesamt 300 000 Inlandsvertriebenen. Im Mai hatten Sri Lankas Streitkräfte die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) militärisch besiegt. Danach schwoll der Flüchtlingsstrom nochmals enorm an. Wie es in der »Times« hieß, sterben viele Lagerinsassen vor allem wegen der unhygienischen Verhältnisse an Durchfall- und Infektionskrankheiten. Mangala Samarawira, der frühere Außenminister und jetzige oppositionelle Parlamentsabgeordnete, äußerte, der Regierung würden Versuche vorgeworfen, die ethnische Struktur im tamilischen Siedlungsgebiet im Norden zu ändern. Einflussreiche Leute mit Kontakten zu Regierungskreisen hätten für eine »solche Lösung« plädiert.

Vor diesem Hintergrund erstaunt, dass Colombo internationale Hilfsorganisationen aufgefordert hat, ihr Engagement zu verringern. Mahinda Samarasinghe, der Minister für Menschenrechte, begründete dies damit, dass die Behörden die Lage weitgehend unter Kontrolle haben und es keine Kämpfe mehr gibt. Das Rote Kreuz soll bereits ein Büro in Trincomalee und eins in Batticaloa im Osten geschlossen haben. Diese Aufforderung beißt sich zugleich mit der Begründung für die Verlängerung des Ausnahmezustands, die am Dienstag vom Parlament abgesegnet wurde. Vor zwei Monaten hatte Präsident Mahenda Rajapakse nach dem Sieg über die LTTE ein Ende des Krieges proklamiert. Unter dem Ausnahmezustand verfügen Militär und Polizei über weit reichende Vollmachten, die sie zur Bekämpfung »übrig gebliebener Terroristen« benötigen.

An den Zuständen in den Lagern, die offiziell als »Wohlfahrtsdörfer« betitelt werden, gibt es heftige Kritik. Es bestehe kaum Zugang zu ihnen und es sei schwierig, dort Hilfsgüter zu übergeben, so die Internationale Krisengruppe. Indiens Innenminister Palaniappan Chidambaram äußerte sich unzufrieden über die Schritte, die Colombo bislang zur Rehabilitation der Tamilen unternommen hat. Die Anstrengungen reichten nicht aus.

Präsident Rajapkase hingegen hält die Lager für die besten in der Welt. Die Grundbedürfnisse würden befriedigt, sogar der Schulbesuch für die Kinder sei gewährleistet. Die Regierung bemühe sich, die Vertriebenen so schnell wie möglich in ihre Heimatdörfer zurückkehren zu lassen. Ausweichend antwortete Rajapakse auf Fragen zu einer endgültigen Lösung des politischen und sozial-ethnischen Konflikts zwischen der tamilischen Minderheit und der singhalesischen Mehrheit. Dafür wolle er sich bei den nächsten Wahlen das Mandat des Volkes holen. Alle politischen Parteien müssten daran mitwirken. Als ersten Schritt in diese Richtung bewertete er das Zustandekommen einer Allparteienkonferenz am 2. Juli. An dieser beteiligte sich auch die Tamilische Nationalallianz (TNA), die in der Vergangenheit im Parlament Positionen der LTTE vertreten hatte.

Der Präsident umriss seine Visionen von einer Aussöhnung zwischen den ethnischen und religiösen Gruppen: Es gebe keinen Platz für Rassismus und all das, was Unruhe und Spannungen zwischen den drei Gemeinschaften der Singhalesen, Tamilen und Muslime schafft. Wirkliche Aussöhnung sei nur durch eine »Durchmischung« der ethnischen Gruppen zu erreichen. Für ihn existierten keine Minderheiten, sondern nur Bürger, die ihre Heimat lieben und solche, die das nicht tun.

* Aus: Neues Deutschland, 13. Juli 2009


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