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Tamilen gefoltert und vergewaltigt

Schwere Vorwürfe gegen Sri Lankas Armee und Polizei

Von Thomas Berger *

Angehörige der tamilischen Minderheit auf Sri Lanka, die unter dem Verdacht standen, mit der früheren Rebellenbewegung »Befreiungstiger von Tamil Eelam« (LTTE) in Kontakt gestanden zu haben oder deren Mitglied gewesen zu sein, sind offenbar trotz des offiziellen Endes des Bürgerkrieges im Mai 2009 noch im vergangenen Jahr systematisch Folterungen und Vergewaltigungen ausgesetzt gewesen. In einem in der vergangenen Woche veröffentlichten Bericht erhebt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) schwere Vorwürfe gegen die staatlichen Sicherheitskräfte. Der Report stützt sich auf 120 Interviews mit Betroffenen, Angehörigen und Zeugen. Die meisten Gespräche wurden in Großbritannien, Australien, Deutschland, Indien, Indonesien und Malaysia geführt, da die Aktivitäten von Menschenrechtsaktivisten und sogar von im Auftrag der Vereinten Nationen agierenden Ermittlern durch die Behörden behindert werden.

75 Übergriffe dokumentiert HRW. Der untersuchte Zeitraum umfaßt die Jahre 2006 bis 2012, die jüngsten Fälle liegen erst wenige Monate zurück. 67 der Vergewaltigungen konnten auch durch medizinische Beweise belegt werden.

Zu den Opfern gehört eine 34jährige Frau, die im Februar 2009, ein Vierteljahr vor der finalen Offensive des Militärs gegen die LTTE, in Trincomalee im Osten des Inselstaates verhaftet wurde. Sie wurde in ein Lager nach Vavuniya im Norden gebracht, wo sie von Soldaten verhört und gefoltert wurde: »Einige waren in Uniform. Ich wurde mehrfach vergewaltigt – wie oft, kann ich nicht sagen. 15 Tage wurde ich inhaftiert. Am Ende unterzeichnete ich Papiere, denen zufolge ich ein vollwertiges Mitglied der LTTE sei. Ich wollte nur, daß die Folter und Vergewaltigungen aufhörten.«

Solche Methoden hätten zumindest in Teilen der Sicherheitskräfte als zugelassenes Mittel gegolten, Geständnisse zu erpressen, kommentiert die Organisation. Im Visier stehen dabei sowohl die Armee und reguläre Polizei, als auch insbesondere deren Spezialeinheiten Kriminalermittlungsbehörde (CID) und Antiterrorismus-Department (TID). Berichte über Mißhandlungen hatte es auch schon früher gegeben, neu ist jedoch, daß Folter und Vergewaltigungen offenbar auch nach der Niederlage der Rebellen fortgesetzt wurden.

* Aus: junge Welt, Montag, 4. März 2013


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