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Günstige Ausgangslage für Dialog

Eindeutiger Sieg der Regierung Sri Lankas bei den Kommunalwahlen

Von Hilmar König, Delhi*

Der Srilankische Präsident kann sich durch die gewonnen Kommunalwahlen aus der Umklammerung seiner nationalistischen Partner lösen. Das ist eine günstige Ausgangslage für Verhandlungen mit den Rebellen der tamilischen Befreiungstiger. Gleich nach seiner Ankunft am Montag [3. April 2006] machte er sich an die Arbeit: Der neue Chefvermittler im Konflikt zwischen der Regierung Sri Lankas und den tamilischen Befreiungstigern, der Norweger Jon Hanssen-Bauer, hat in Colombo die erste Gesprächsrunde mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen und Experten einheimischer »Denkfabriken« hinter sich. Bedeutsamer freilich werden seine Gespräche mit Staatspräsident Mahinda Rajapakse und Treffen mit den Befreiungstigern in Kilinochi im LTTE-Gebiet sein. Schließlich geht es darum, die Weichen für eine möglichst fruchtbare zweite Verhandlungsrunde vom 19. bis 21. April in Genf zu stellen.

Beim ersten Treffen im Februar hatten sich beide Seiten verpflichtet, mit der internationalen Sri Lanka Monitoring Mission (SLMM), die die Einhaltung der Waffenruhe überwacht und jede Verletzung registriert, voll zu kooperieren. Sie wollten alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um »Einschüchterungen, Gewalthandlungen, Entführungen und Tötungen« zu verhindern.

Obwohl es weiterhin zu Zwischenfällen kam, ließen Gewaltakte insgesamt doch spürbar nach. Das ist ein hoffnungsvolles Zeichen, auch wenn die LTTE davor warnt, dass es keine Fortschritte in Genf geben werde, wenn die Regierung ihre Verpflichtungen nicht einhält. Gemeint ist die Entwaffnung der Gruppen des abtrünnigen tamilischen Obristen Karuna, der mit seinen gezielten Überfällen der LTTE ziemliche Schwierigkeiten bereitet. Die Befreiungstiger beschuldigen Colombo, mit Karuna unter einer Decke zu stecken und ihm den Rückzug auf sicheres Gebiet unter Kontrolle der Armee zu ermöglichen.

Die Bedeutung, die Oslo dieser Vorbereitungsphase beimisst, lässt sich auch am Eintreffen von Erik Solheim am Donnerstag ablesen, dem ehemaligen Chefvermittler und jetzigen Minister für internationale Entwicklung. Mit Sicherheit wird er von Präsident Rajapakse empfangen werden. Außerdem ist diese Phase gekennzeichnet vom Wechsel an der Spitze der internationalen Beobachter der SLMM – vom Norweger Hagrup Haukland auf den Schweden Ulf Henricsson.

Rajapakse selbst befindet sich in einer bedeutend stärkeren Position als zur Zeit des ersten Genfer Treffens. Inzwischen fanden nämlich vergangenen Sonntag, außer im von der LTTE kontrollierten Gebiet des Nordens und Ostens, Kommunalwahlen statt. Und die regierende Vereinte Volksfreiheitsallianz (UPFA), in der Rajapakses Freiheitspartei dominiert, errang einen überwältigenden Sieg. Von 266 Bezirks-, Stadt- und Gemeinderäten gewann sie 225. Die oppositionelle Vereinte Nationalpartei, die bis dahin 217 Sitze inne hatte, gewann lediglich 32 Ratsämter. Rajapakses Erfolg wiegt umso schwerer, als der Hauptpartner in der Allianz, die singhalesisch-nationalistische Volksbefreiungsfront (JVP), bei den Wahlen getrennt antrat und sich damit verkalkulierte: Sie erhielt einen einzigen Sitz.

Für den Präsidenten ergibt sich mit diesem Gewinn von 85 Prozent aller Sitze die Chance, Parlamentswahlen vorzuziehen. In jedem Fall kann er nach diesem Wahlresultat die Umklammerung der JVP deutlich lockern, die an den Friedensgesprächen wenig Interesse zeigt und glaubt, den ethnisch-sozialen Konflikt zwischen der tamilischen Minderheit und der singhalesischen Mehrheit am besten mit militärischen Mitteln gewinnen zu können. In die nächste Genfer Runde kann die Regierungsseite zumindest mit weniger JVP-Ballast gehen, was für den gesamten Dialog nur vorteilhaft ist.

* Aus: Neues Deutschland, 5. April 2006


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