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Bombenattentat auf Minister in Sri Lanka

Zwölf Tote bei Sprengstoffanschlag. Offensive gegen Befreiungstiger geht weiter

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Während die Militäroffensive im Norden Sri Lankas gegen Stellungen der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) unvermindert auch über das Wochenende anhielt, kam es am Sonntag in der Nähe der Hauptstadt Colombo zu einem folgenschweren Attentat. Es galt einem der engsten Vertrauten von Präsident Mahinda Rajapakse, dem Minister für Entwicklung von Straßen und Highways, Jeyaraj Fernandopulle. Mit ihm kamen weitere elf Menschen ums Leben, 90 wurden verletzt. Aus Anlaß des Neujahrsfestes, das sowohl die tamilische Minderheit als auch die singhalesische Mehrheit feiern, stand in der westlichen Stadt Weliweriya ein Marathonlauf auf dem Programm. Chefgast Fernandopulle hatte gerade die Nationalflagge gehißt und wollte den Start zum Sportwettkampf freigeben, als die Bombe explodierte.

Eine Erklärung des Verteidigungsministerium in Colombo bezeichnete umgehend die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) als Urheber des Attentats. Es habe sich um eine »feige Attacke der LTTE« gehandelt, hieß es darin. Die Befreiungsbewegung selbst gab zunächst keine Stellungnahme ab. Die ihr nahestehende Website TamilNet vermeldete jedoch den Tod Fernandopulles. Der Minister hatte sich als scharfer Kritiker der Rebellen profiliert und trotzdem an mehreren Runden der Friedensverhandlungen ab 2003 mit ihnen teilgenommen. Als »Falke« gehörte er auch zu jenen, die auf die militärische Karte zur Lösung des 1983 offen ausgebrochenen ethnisch-sozialen Konflikts setzen, auch wenn sie behaupteten, die Tür für Verhandlungen sei nach wie vor offen. Es ist kein Geheimnis, daß Colombo nach der Eroberung der Ostprovinz im vorigen Sommer jetzt mit der Offensive im Norden die Befreiungstiger dermaßen in die Enge treiben will, daß ihnen als Option nur noch bleibt, den Bedingungen der Regierung – vor allem eine Aufgabe des Strebens nach einem Separatstaat »Tamil Eelam« – zuzustimmen.

Der römisch-katholische Fernandopulle, von Beruf Rechtsanwalt, war auf der politischen Bühne Sri Lankas kein unbeschriebenes Blatt. Bereits in der 1980er Jahren wurde er erstmals ins Parlament gewählt, hatte später mehrfach Ministerposten inne, fungierte als Regierungssprecher sowie als Schatzmeister und Cheforganisator der Freiheitspartei Sri Lankas (SLFP). Präsident Rajapakse verliert mit diesem Minister nicht nur einen treuen Weggefährten, sondern auch ein Zugpferd für die Verwirklichung seines politischen Kurses. Fernandopulle ist der vierte Parlamentarier, der seit Jahresanfang in Sri Lanka bei Attentaten getötet wurde.

* Aus: junge Welt, 7. April 2008


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