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Anschlag zum Ende des Waffenstillstands

Mindestens 24 Tote nach Explosion in einem Bus im Südwesten Sri Lankas

Von Hilmar König, Delhi *

Als Sri Lankas Regierung am Mittwoch offiziell das 2002 mit den tamilischen Rebellen geschlossene Waffenstillstandsabkommen beendete, kamen bei einer Explosion in einem öffentlichen Verkehrsmittel mindestens 24 Fahrgäste ums Leben und über 60 erlitten Verletzungen. [Später erhöhte sich Zahl der Toten auf 27.]

Sicherheitskräfte machten umgehend die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE), die seit 1983 für einen tamilischen Separatstaat kämpfen, für den Anschlag auf den Bus verantwortlich, der im Südosten des Landes zwischen Buttala und Monaragala unterwegs war. Es war die erste Bestätigung der von vielen Organisationen geäußerten Befürchtungen, das Ende des Waffenstillstandspaktes würde zu eskalierender Gewalt führen. ?Zu Wochenanfang hatte es bei Kämpfen im Norden bereits 34 Tote, darunter zahlreiche Zivilisten, gegeben. Die Zahl der Kriegstoten allein im Januar soll bei 400 liegen. Am Dienstag hatte Louise Arbour, die UNOHochkommissarin für Menschenrechte, gewarnt: »Eine Intensivierung der Feindseligkeiten wird wohl einen zerstörerischen Effekt auf die Menschenrechte vieler Bürger Sri Lankas haben.« Mit ihrer Einschätzung scheint sie leider den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben.

Die Situation wird sich mit dem am Mittwoch begonnenen Abzug der skandinavischen Sri Lanka Monitoring Mission, die den Waffenstillstand überwachen sollte, noch weiter verschlechtern. Die »Peacekeeper« hatten nämlich mit ihrer Präsenz auch für ein gewisses Maß an Einhaltung der Menschenrechte gesorgt.

Sri Lankas Vertretung bei der UNO in Genf machte sich unterdessen mit der Behauptung unglaubwürdig, niemals in dem blutigen Konflikt die Menschenrechte verletzt zu haben. Außenminister Rohita Bogollagama äußerte, jeder Druck von außen auf Colombo würde lediglich die Rebellen stärken und Gewalt fördern. Er reagierte damit indirekt auf die Andeutung Japans, des größten Geberlandes, seine Hilfeleistungen zu überdenken. Tokios »Sonderfriedensbotschafter« Yasushi Akashi hielt sich bis Dienstag in Sri Lanka auf. Vor Journalisten erklärte er, Japans Hilfsprogramm basiere auf komplexen Faktoren wie politischen, wirtschaftlichen und humanitären Bedürfnissen. »Wir werden die Lage aufmerksam verfolgen, bevor wir handeln,« sagte der Diplomat. Während sich die LTTE in einer Erklärung »schockiert und enttäuscht« über das Ende des Waffenstillstands zeigte, obwohl sie ihn bereits vor Jahresfrist als »tot« bezeichnet hatte, setzen Armee und Luftwaffe ihre Offensive gegen LTTE-Gebiet im Norden fort. Colombo macht längst kein Geheimnis mehr daraus, dass es bis zum Sommer Rebellenchef Velupillai Prabhakaran eliminiert und bis Jahresende die Tamiltiger besiegt haben will.

Präsident Mahinda Rajapakse setzt auf eine militärische Lösung des Konflikts, auch wenn er ein »politisches Paket« noch für diesen Monat angekündigt hat, das unter Ausschluss der Rebellen den Weg zur Beilegung des Konflikts ebnen soll. Beobachter geben der »Paketlösung« kaum Chancen auf Erfolg, zumal die Befreiungstiger erklärten, die Rechte der Tamilen auch weiterhin vehement zu verteidigen. Das bedeutet mit Sicherheit, dass der Anschlag auf den Bus vom Mittwoch nicht der letzte war.

* Aus: Neues Deutschland, 17. Januar 2008

Neueste Meldung

Ende des Waffenstillstands in Sri Lanka - Luftangriff auf Anführer der LTTE

Mit dem Ende des Waffenstillstands in Sri Lanka hat die Armee ihren Vormarsch auf das Gebiet der Tamilen-Rebellen begonnen und einen Luftangriff auf Anführer der LTTE geflogen.

Ein Militärsprecher sagte am 17. Januar, Truppen seien drei Kilometer weit in das von den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) kontrollierte Gebiet im Norden der Insel vorgestoßen und hätten mindestens 18 Tamilen-Rebellen getötet. Die Operation habe wenige Stunden vor dem offiziellen Ende der Waffenruhe um Mitternacht begonnen. Kurz nach Ablauf des Waffenstillstands flog die Luftwaffe einen Bombenangriff auf die Rebellenhochburg Kilinochchi.

Das Verteidigungsministerium teilte mit, der Luftangriff habe einer Versammlung hochrangiger Tamilen-Rebellen gegolten. Die Piloten hätten die Zerstörung des Zieles bestätigt. Um welche Anführer es sich handelte, teilte das Ministerium nicht mit. Die Regierung hat angekündigt, LTTE-Chef Velupillai Prabakharan zu "eliminieren". Die LTTE-nahe Internetseite Tamilnet meldete, die Luftwaffe habe in Kilinochchi eine zivile Werkstatt bombardiert. Sieben Zivilisten seien verletzt und neun Häuser beschädigt worden. Die Regierung hatte den Waffenstillstand mit der LTTE nach knapp sechs Jahren aufgekündigt und will die Rebellen nun vernichtend schlagen.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon rief eindringlich zu einer politischen Lösung des Konflikts auf. "Der einzige Weg, weitere Gewalt in Sri Lanka zu stoppen, ist durch Dialog." Ban verurteilte die Anschläge vom Vortag in Sri Lanka (siehe oben).

Mit einem Sieg über die LTTE will die Armee den 25-jährigen Bürgerkrieg auf der südasiatischen Insel gewaltsam beenden. Die LTTE kämpft seit 1983 für einen eigenen Staat der tamilischen Minderheit. Die Gewalt kostete mehr als 75 000 Menschen das Leben. Die Regierung lehnt eine Spaltung des Landes ab. Die Internationale Gemeinschaft fordert eine politische Lösung des Konflikts. Mehrere Staaten - auch Deutschland - haben ihre Hilfsmittel für Sri Lanka eingefroren.




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