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Feindliche Übernahme

Uganda will Militärintervention in Somalia massiv verstärken. US-Regierung ist "im Prinzip" dafür. Mogadischu selbst verkleinert Übergangskabinett

Von Knut Mellenthin *

Die Regierung Ugandas hat in den vergangenen Tagen ihr Interesse bekräftigt, in großem Stil in Somalia militärisch zu intervenieren. Schon jetzt hat der nicht an Somalia grenzende Staat dort annähernd 5000 Soldaten stationiert, die im Rahmen der afrikanischen »Friedensmission« AMISOM in der Hauptstadt Mogadischu sind. Daneben ist Burundi mit etwa 2500 Mann an der Truppe beteiligt, die hauptsächlich das Regierungsviertel, den Hafen und den Airport schützen soll. Über 80 Prozent Somalias und große Teile Mogadischus werden von militanten islamistischen Organisationen beherrscht.

Am Freitag (12. Nov.) warf der Staatssekretär im ugandischen Außenministerium, James Mugume, der »internationalen Gemeinschaft« vor, sie verschwende ihr Geld für Flottenoperationen gegen somalische Seeräuber, statt die von der Afrikanischen Union (AU) mandatierten Interventionstruppen zu stärken. Laut AFP sagte Mugume: »Das Operationskonzept, das wir dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt haben, ist: Laßt uns das Territorium Somalias übernehmen. Laßt uns die Häfen blockieren. (…) Dann geht die Seeräuberei automatisch zurück.«

Die ugandische Regierung bemüht sich seit Monaten, international grünes Licht und finanzielle Unterstützung für die Entsendung von 20000 Soldaten nach Somalia zu erhalten. Zugleich wirbt sie dafür, diese mit einem aggressiveren Mandat auszustatten und ihren Einsatz auch außerhalb Mogadischus zuzulassen. Ein entsprechender Vorstoß scheiterte aber auf der AU-Gipfelkonferenz, die Ende Juli in Kampala stattfand. Die afrikanischen Staats- und Regierungschefs beschlossen lediglich eine Aufstockung von AMISOM um 2000 Soldaten. Die Verstärkung ist inzwischen erfolgt, und zwar ausschließlich durch ugandische Einheiten.

Die US-Regierung unterstützt »im Prinzip« das Drängen Ugandas auf eine Ausweitung der Militärintervention in Somalia, wie der für Afrika zuständige Unterstaatssekretär Johnnie Carson am 20. Oktober erklärte. Er wolle aber zur zahlenmäßigen Größenordnung nicht Stellung nehmen, setzte Carson hinzu. Diese Frage werde im UN-Sicherheitsrat diskutiert werden.

Uganda hat mehrmals gedroht, daß es seine Streitkräfte auch auf Grundlage eines zweiseitigen Abkommens mit der sogenannten Übergangsregierung (TFG) nach Somalia schicken könnte, falls kein internationales Mandat zustande kommt. Diese scheint daran durchaus interessiert zu sein: Am 7. November appellierte der somalische Propagandaminister Abdirahman Omar Osman an die »internationale Gemeinschaft«, 20000 zusätzliche Interventionssoldaten zu finanzieren.

Indessen hat der neue Chef der Übergangsregierung, Mohamed Abdullahi Mohamed, am Freitag sein Kabinett vorgestellt. Mit nur noch 18 statt bisher 39 Ministern präsentiert sich dieses erwartungsgemäß stark abgespeckt und auf »effektive Technokraten« reduziert. Viele von ihnen wurden in den USA, Kanada oder Großbritannien ausgebildet und haben dort einen großen Teil ihres Lebens verbracht. Nur drei Minister wurden aus der bisherigen Regierung übernommen. Die mit der TFG verbündete Ahlu Sunna besetzt mit dem Innenministerium sowie dem Arbeits- und Sozialministerium zwei wichtige Posten. Das vom Premier vorgestellte Kabinett bedarf noch der Bestätigung durch das Parlament.

* Aus: junge Welt, 15. November 2010


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