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Artilleriefeuer in den Straßen Mogadischus

Somalia: Nordostafrikanische Staaten fordern Seeblockade gegen islamische Gruppen

Von Knut Mellenthin *

In der somalischen Hauptstadt Mogadischu wird wieder heftig gekämpft. Truppen der Übergangsregierung starteten am Freitag (22. Mai) morgen eine Großoffensive gegen Stellungen der islamischen Gruppen Al-Schabaab und Hizbul Islam. Nach unvollständigen Berichten wurden in den ersten Stunden der Auseinandersetzungen, bei denen beide Seiten auch Artillerie einsetzten, mindestens 15 Menschen getötet. Unter den Todesopfern ist auch ein Journalist des unabhängigen Senders »Schabelle Radio«.

Ein Armeesprecher erklärte: »Dies ist eine große militärische Offensive gegen gewalttätige Leute. Die Regierung wird sie aus der Hauptstadt hinausjagen, und der Kampf wird so lange geführt, bis das erreicht ist.« Nach Angaben aus der Bevölkerung eroberten die Regierungstruppen vier Polizeistationen und eine Reihe anderer Objekte sowie mehrere Stadtteile zurück, die sie bei Kämpfen in der vorigen Woche aufgeben mußten. Damals waren über hundert Menschen getötet worden, darunter zahlreiche Zivilisten.

Al-Schabaab und Hizbul Islam erklärten am Freitag (22. Mai), sie hätten die Angreifer zurückgeschlagen und keine einzige Stellung verloren. Bisher war allgemein angenommen worden, daß die Islamisten den Regierungstruppen eindeutig überlegen sind und der Fall von Mogadischu nur noch eine Frage der Zeit ist. Möglicherweise hat die Regierung für ihre jetzige Offensive Milizen verbündeter Gruppen und Warlords aus anderen Landesteilen zur Hilfe geholt. Die etwa 4300 ugandischen und burundischen Soldaten der afrikanischen »Friedenstruppe« AMISOM haben sich offenbar bisher aus den neuen Kämpfen herausgehalten.

Unterdessen appellierte das nordostafrikanische Staatenbündnis IGAD am Mittwoch (20. Mai) an den UN-Sicherheitsrat, ein Flugverbot und eine militärische Seeblockade gegen die von Islamisten kontrollierten Gebiete zu verhängen, um den Zustrom von Waffen und ausländischen Kämpfern zu verhindern. Zur Durchsetzung der Seeblockade soll die UNO mit den Staaten kooperieren, die derzeit schon Kriegsschiffe rund um das Horn von Afrika im Einsatz haben. Die IGAD fordert darüber hinaus UN-Sanktionen gegen Eritrea, weil es die Islamisten unterstütze. Die Regierung in Asmara bestreitet diesen Vorwurf jedoch. Dem Staatenblock gehören Äthiopien, Dschibuti, Kenia, Somalia, Sudan und Uganda an; Eritrea hat seine Mitgliedschaft vor zwei Jahren suspendiert.

Am Dienstag (19. Mai) war gemeldet worden, daß äthiopische Soldaten wieder in Somalia eingefallen seien. Dabei handelte es sich jedoch zunächst nur um eine kleine Einheit mit 18 Lkw, die einen 22 Kilometer von der Grenze entfernten Ort besetzte, der an einer strategisch wichtigen Straßenkreuzung liegt. Äthiopische Truppen hatten auch in der Vergangenheit immer wieder kurzzeitig im grenznahen Gebiet operiert. Von Dezember 2006 bis Januar 2008 hatten mehrere tausend äthiopische Soldaten die Übergangsregierung in Mogadischu unterstützt.

* Aus: junge Welt, 23. Mai 2009


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