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Somalia: Chronik wichtiger Ereignisse

Dezember 2009


Dienstag, 1. Dezember, bis Sonntag, 6. Dezember
  • Der am 29. Nov. von somalischen Piraten gekaperte Supertanker «Maran Centaurus» hat nach Angaben von Branchenexperten Öl im Wert von 150 Millionen Dollar an Bord. Das griechische Schiff hat 275.000 Tonnen Rohöl geladen, wie der Eigentümer berichtete. Dies entspreche einem Wert von rund 150 Millionen Dollar, erklärte der Ölexperte und Risikomanager Ben Cahill am 1. Dez.. Damit liegt der Wert sogar noch um rund 50 Prozent höher als bei dem im Jahr 2008 gekaperten saudiarabischen Supertanker «Sirius Star», der Rohöl im Wert von mehr als 100 Millionen Dollar geladen hatte. Der Kommandeur der EU-Mission Atalanta, Peter Hudson, erklärte unterdessen am 1. Dez., dass das Schiff außerhalb des überwachten Sicherheitskorridors gefahren sei. Der Großtanker mit saudiarabischem Öl für die USA und 28 Mann Besatzung an Bord wurde rund 1.600 Kilometer vor der somalischen Küste überfallen. In diesem Zusammenhang sagte Hudson, dass die EU-Marineverbände niemals eine so große Fläche überwachen könnten. Von der «Maran Centaurus» fehlt derweil weiter jede Spur. Es wurde vermutet, dass sie von den Piraten vor die Küste Somalias manövriert wurde.
  • Der Besatzung eines weiteren griechischen Tanker gelang am 1. Dez. die Abwehr eines Piratenangriffs. Mit Hochdruckschläuchen und Leuchtfeuern schlug sie die Seeräuber in die Flucht, wie die griechische Küstenwache erklärte. Die «Sikinos» konnte nach der Attacke rund 500 südöstlich des Omans ihre Reise Richtung China fortsetzen.
  • Am 2. Dez. wurde bekannt, dass die Fregatte "Karlsruhe" am Samstag, den 5. Dez., nach fast vier Monaten Abwesenheit wieder in ihrem Heimathafen Wilhelmshaven zurück erwartet wird. Das von Fregattenkapitän Matthias Schmidt geführte Schiff war am 24. Aug. zunächst als Teil des Ständigen Maritimen Einsatzverbandes der NATO (SNMG 2) ausgelaufen. In Djibouti angekommen, schloss sich die "Karlsruhe" der durch die Europäische Union (EU) geführten Anti-Piraterie Mission "Atalanta" an. Am 27. Okt. hatte die Besatzung der Fregatte mutmaßliche Piraten im Indischen Ozean in Gewahrsam genommen. Am 5. Nov. wurden sie in Mombasa an die Strafverfolgungsbehörden Kenias übergeben. Nach insgesamt 103 Tagen und rund 25.000 gefahrenen Seemeilen (46.300 Kilometer) kehrt das Kriegsschiff nach Wilhelmshaven zurück.
    Der Deutsche Bundestag beschloss am 19. Dez. 2008, dass sich Deutschland an der Anti-Piraterie-Mission der Europäischen Union (EU) beteiligen wird. Die Mandatsobergrenze der Deutschen wurde auf 1.400 Soldaten festgelegt. Diese erste maritime Mission der Europäischen Union führt den vollständigen Namen "EU NAVFOR / Operation Atalanta". Das Einsatzgebiet umfasst ein Areal von fünf Millionen Quadratkilometern und reicht mittlerweile bis zu den Seychellen. Dies entspricht etwa der Größe der Europäischen Union. Hinzu kommt der Luftraum über diesen Seegebieten. Das Einsatzgebiet ist mehr als zehnmal so groß wie Deutschland.
  • Somalische Seeräuber haben den von ihnen gekaperten griechischen Supertanker bis vor die Küste des ostafrikanischen Krisenstaates gebracht. Die «Maran Centaurus» sei vor dem somalischen Piratennest Hoboyo vor Anker gegangen, teilte die EU-Antipiratenmission „Atalanta“ am 2. Dez. mit. Der Tanker war am 29. Nov. nordöstlich der Seychellen entführt worden. Er war mit Öl aus Saudi- Arabien in die USA unterwegs. Die Reederei „Angelikousis“ hat nach Angaben aus Schifffahrtskreisen bereits Verhandlungen mit den Entführern aufgenommen.
    Das Internationale Schifffahrtsbüro (IMB) in London hat eine Verdopplung der Piratenangriffe binnen Jahresfrist 2009 festgestellt. Bis zum 30. Nov. seien bereits 204 Piratenangriffe gemeldet worden, 42 Schiffe seien entführt worden, sagte ein IMB-Sprecher. Derzeit seien vermutlich noch 11 Schiffe mit 200 Besatzungsmitgliedern in der Hand der Seeräuber.
  • Am 3. Dez. hat ein Selbstmordanschlag in Somalia bis zu 22 Menschen das Leben gekostet, darunter drei Minister. Mindestens 40 Menschen wurden teils schwer verletzt. Unter den Toten sind zahlreiche Medizin-Studenten und Ärzte. Der Täter kam am 3. Dez. in Frauenkleidung zur Examensfeier einer medizinischen Hochschule, die in einem festlich geschmückten Ballsaal eines Hotels in der Hauptstadt Mogadischu. «Was heute passiert ist, ist eine nationale Katastrophe», sagte Informationsminister Dahir Mohamud Gelle. Unter den Toten sind die Gesundheitsministerin Qamar Aden Ali, Hochschulminister Ibrahim Hassan Adow und Bildungsminister Ahmed Abdullahi Wayel. Die Minister für Sport und Tourismus wurden verletzt. Der Täter habe einen Schleier und Damenschuhe getragen, sagte Gelle. Gelle zufolge kamen insgesamt mindestens 22 Menschen ums Leben. Unter den Toten sind auch drei somalische Journalisten, unter ihnen ein Reporter des Senders Al Arabija. Nach Informationen der Organisation Reporter ohne Grenzen wurden bei dem Anschlag mindestens sieben weitere Journalisten verletzt, unter ihnen ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP.
    Zu der Veranstaltung kamen mehrere hundert Menschen zusammen, um 43 Studienabgänger zu feiern. Die Benadir-Universität wurde 2002 von somalischen Ärzten gegründet, um angesichts ständiger Gewalt den medizinischen Nachwuchs zu sichern. Die Vereinten Nationen sowie die Afrikanische und die Europäische Union verurteilten den Anschlag. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, der Anschlag habe eine Veranstaltung zunichte gemacht, «die voller Hoffnung für Somalia sein sollte».
    In Somalia kämpfen mehrere Gruppen islamischer Extremisten gegen die Regierung. Sie haben weite Teile der Mitte und des Südens von Somalia unter ihre Herrschaft gebracht. Der Stadtteil mit dem Hotel Shamow liegt in einem kleinen Gebiet in Mogadischu, das noch von der Regierung gehalten wird.
  • Laut eines Berichtes der Nachrichtenagentur AP vom 4. Dez. sollen im Norden Kenias Tausende Männer, darunter auch Kinder für den Kampf gegen somalische Aufständische heimlich rekrutiert und trainiert werden. Dies berichten Deserteure, Angehörige, Diplomaten und örtliche Beamte. Zumeist handelt es sich bei den Rekruten um Somalier, die in überfüllten Flüchtlingslagern in Nordkenia leben, und um Kenianer somalischen Ursprungs. Sprecher der kenianischen Regierung, von Polizei, den Streitkräften und dem somalischen Militär haben das Anwerben von Kämpfern in Kenia abgestritten. Interviews haben jedoch ergeben, dass der Prozess seit Monaten andauert und verschiedene kenianische Behörden, die Streitkräfte und auch Fahrzeuge mit Regierungskennzeichen daran beteiligt waren.
    Acht Diplomaten sagten unter Berufung auf interne Lageberichte und andere Quellen, dass die Rekruten ausgebildet würden, um eine neue Offensive zur Stärkung der schwachen UN-gestützten somalischen Regierung durchzuführen. Dabei solle versucht werden, die Kontrolle über Teile Südsomalias zurückzugewinnen, das derzeit von den radikalislamischen Aufständischen der Al Shabab gehalten werde. Zwei Diplomaten zufolge soll die Offensive nach der somalischen Regenzeit begonnen werden, also etwa zum Jahresende 2009. Kenia befürchtet seit langem ein Übergreifen der Kämpfe im nördlichen Nachbarland auf das eigene Territorium, wo Hunderttausende ethnische Somalier leben. Hinzu kommen die Flüchtlinge: Allein rund um die nördliche Stadt Dadaab leben in drei überfüllten Lagern rund 275.000 Menschen. Eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) in Genf sagte, es gebe Gerüchte bezüglich der Rekrutierung von Kämpfern in den Lagern, aber keine harten Beweise. Sollte dies stattfinden, verstoße es in jedem Fall gegen die Rechte der Flüchtlinge, sagte Fatoumata Lejeune-Kaba. Mehr als ein Dutzend Deserteure sagten, dass Tausende mit dem Versprechen eines Gehalts von monatlich 600 Dollar (400 Euro) rekrutiert worden seien, darunter auch Jungen, die gerade mal elf Jahre alt gewesen seien. Viele flüchteten jedoch, weil Gehälter nicht gezahlt, sie misshandelt wurden oder sie kaum zu Essen bekamen. Viele Rekruten verbleiben bei der geheimen Miliz, da sie in ihr den einzigen Weg aus Armut und den überfüllten Flüchtlingslagern sehen. «Flüchtlinge sollten in den Lagern Sicherheit finden und nicht eine Regierung, die versucht, ihre Söhne auszutricksen, um sie zurück in den Kampf nach Somalia zu schicken», sagt Chris Albin-Lacky von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, der zahlreiche Gespräche mit Rekruten und deren Familien geführt hat.
    Die Werber für die geheime Miliz begannen anscheinend im Herbst 2009 in Nordkenia in Städten, Zelten und Hütten rund um die Flüchtlingslager mit der Rekrutierung von jungen Männern. Der stellvertretende Bürgermeister der nördlichen Kleinstadt Garissa, rund 100 Kilometer von Dadaab entfernt, hat von Einwohnern zahlreiche Beschwerden über die andauernde Rekrutierung bekommen. «Erst haben sie die kenianischen Soldaten im Ruhestand angeworben», sagt Ismail Garat. «Dann kamen sie wieder und nahmen die Jungen mit.» Er schätzt, dass mindestens 300 junge Männer aus der Stadt verschwunden seien und sich der Miliz angeschlossen hätten. Sie seien mit Fahrzeugen der Regierung abgeholt worden, sagt Garat.
    Mehr als ein Dutzend Deserteure berichteten, ihnen seien Stellen bei den kenianischen, den somalischen Streitkräften oder aber den Sicherheitskräften der Vereinten Nationen versprochen worden. Einigen wurde gesagt, sie sollten als Grenzpatrouille eingesetzt werden. Bei der Ankunft in Manyani, einer Trainingseinrichtung für kenianische Ranger unweit der Hafenstadt und Touristenhochburg Mombasa, wurden ihnen übereinstimmenden Aussagen zufolge zunächst Telefone und Ausweise abgenommen. «Sie sagten, 'Du bist kein Kenianer mehr'. Sage Dir selbst und allen Leuten ab jetzt, dass Du Somalier bist», erinnert sich der 18-jährige Kenianer Aden Hassan, der zusammen mit rund 400 anderen Rekruten in das Lager gebracht worden war. Erst in Manyani wurde den Rekruten gesagt, dass sie in Mogadischu oder der von Islamisten kontrollierten südsomalischen Stadt Kismayo kämpfen sollten. Einige sagten sie hätten sich der Miliz nie angeschlossen, wenn sie dies gewusst hätten. Den Rekruten zufolge wurden sie in dem Lager bei Mombasa sowohl von Soldaten der kenianischen als auch der somalischen Streitkräfte trainiert. Ein Rekrut sagte, die Kenianer hätten, teils in Uniform, die praktische Ausbildung geleitet.
  • Der UN-Sicherheitsrat hat am 4. Dez. den Anschlag in Somalia mit 22 Todesopfern scharf verurteilt. In einer von allen 15 Mitgliedern angenommenen Erklärung bekräftigen die Vereinten Nationen ihre Unterstützung für die somalische Bevölkerung und die Übergangsregierung in Mogadischu. Die Oppositionsgruppen wurden aufgerufen, ihre Waffen niederzulegen.
  • Die radikalislamische Shebab-Miliz hat am 4. Dez. die Verantwortung für einen Selbstmordanschlag in Mogadischu mit mindestens 19 Toten zurückgewiesen. Die Rebellen hätten von der "Tragödie" aus den Medien erfahren, sagte der Sprecher der Miliz, Sheikh Ali Mohamud Rage, am 4. Dez.. Die Shebab-Miliz sei "in keinster Weise" in den Anschlag verwickelt und habe auch niemals zuvor eine solche Tat begangen. Der Attentäter hatte sich am Donnerstag bei einer Diplomverleihung an Studenten in einem Hotel in Somalias Hauptstadt in die Luft gesprengt. Mindestens 19 Menschen wurden getötet, darunter drei Minister der somalischen Übergangsregierung.
  • Zwei Tage nach dem Selbstmordanschlag auf ein Hotel in der somalischen Hauptstadt Mogadischu ist Sportminister Suleyman Olad Roble am 5. Dez. seinen schweren Verletzungen erlegen. Ein somalischer Diplomat sagte Roble sei am 5. Dez. in einem Krankenhaus in Nairobi gestorben. Damit kamen bei dem Anschlag insgesamt vier Minister der somalischen Übergangsregierung ums Leben, die Zahl der Toten stieg auf 24.
  • Im Zusamanhang mit dem seit Monaten andauernden Aufstand militanter Islamisten müssen in Somalia die Oberbefehlshaber von Armee und Polizei ihre Posten räumen. Der Chef der Übergangsregierung, Omar Abdirashid Sharmarke, habe die Entscheidung am 6. Dez. den Mitgliedern seines Kabinetts mitgeteilt, sagte ein Regierungssprecher vor Journalisten. Die Entlassung von Polizeichef Abdi Hasan Qeybdid und Armeechef Yusuf Dhumaal erfolgte drei Tage nach einem Selbstmordanschlag auf ein Hotel in der somalischen Hauptstadt Mogadischu, bei dem 24 Menschen ums Leben kamen, darunter vier Minister der Übergangsregierung.
Montag, 7. Dezember, bis Sonntag, 13. Dezember
  • Das Bundeskabinett hat am 8. Dez. begonnen über die weitere Beteiligung der Bundeswehr am Anti-Piraten-Einsatz Atalanta zu beraten. Deutschland ist derzeit mit rund 240 Bundeswehrsoldaten und einer Fregatte an der EU-Mission vor der Küste Somalias beteiligt. Die Obergrenze für das Mandat, das unverändert beibehalten werden soll, liegt bei 1400 Soldaten.
  • Das Bundeskabinett hat den Einsatz der Bundeswehr gegen die Piraten vor der somalischen Küste am 9. Dez. verlängert. Das Mandat sieht eine Obergrenze von 1.400 deutschen Soldaten für den EU-geführten Einsatz "Atalanta" vor. Derzeit sind rund 240 Bundeswehr-Soldaten und eine Fregatte in dem Seegebiet am Horn von Afrika im Einsatz. Die Mission Atlanta soll den Schiffsverkehr und die Handelswege in dem Seegebiet vor Somalia sichern und versucht, Geiselnahmen und Lösegelderpressungen zu verhindern. Der Atalanta-Einsatz begann vor einem Jahr, am 8. Dezember 2008, und war zunächst auf zwölf Monate befristet. Über die Verlängerung des Mandats muss noch abschließend der Bundestag entscheiden.
  • Am 9. Dez. wurde bekannt, dass somalische Piraten nach Angaben der EU-Mission Atalanta einen Fischtrawler mit 29 Besatzungsmitgliedern an Bord gekapert haben. Die unter pakistanischer Flagge fahrende «MV Shahbaig» wurde am 8. Dez. überfallen, wie ein Sprecher am 9. Dez. mitteilte. Piraten halten in Somalia derzeit rund ein Dutzend Schiffe und hunderte Besatzungsmitglieder in ihrer Gewalt.
  • Der Verband der deutschen Reeder (VDR) hat die Bundesregierung aufgefordert, den Anti-Piraten-Einsatz vor der Küste Somalias auszuweiten. Der Hauptgeschäftsführer des Reederverbands, Hans-Heinrich Nöll, sagte dem «Hamburger Abendblatt» am 10. Dez., man habe die Bundesregierung und damit die internationale Staatengemeinschaft gebeten, den Schutzschirm noch auszuweiten. Zugleich lobte der Verband die Entscheidung des Kabinetts, das Mandat für die EU-geführte Operation Atalanta vor der Küste Ostafrikas zu verlängern. «Der Atalanta-Einsatz war in ihrem ersten Jahr sehr erfolgreich und hilfreich für die Handelsschifffahrt. Wir begrüßen die Verlängerung des Mandates ausdrücklich», sagte Nöll. Vor der Küste Somalias ist die Marine momentan mit der Fregatte «Bremen» vertreten.
  • Sieben Monate nach der Entführung durch somalische Piraten sind 24 Besatzungsmitglieder eines griechischen Frachters am 10. Dez. wieder freigelassen worden. Der Reeder Alloceans Shipping teilte in Athen mit, den Piraten sei für die Freilassung der «Ariana» und ihrer ukrainischen Besatzung ein Lösegeld gezahlt worden. Ein selbst ernannter Sprecher der Piraten in Somalia sagte, es sei eine Zahlung von 2,8 Millionen Dollar vereinbart worden. Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko verkündete, dass die Besatzungsmitglieder frei seien und baldmöglichst nach Hause in die Ukraine geflogen würden. Nach Angaben der Reederei waren die Seeleute wohlauf. Sobald die Piraten das Schiff verlassen hätten, könne der Frachter seine Fahrt wieder aufnehmen, sagte der Geschäftsführer der Reederei, Spyros Minas. Die unter maltesischer Flagge fahrende «Ariana» war am 1. Mai 2008 auf dem Weg von Brasilien in den Iran südwestlich der Seychellen-Inseln gekapert worden.
Montag, 14. Dezember, bis Sonntag, 20. Dezember
  • Laut eines Berichtes des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) vom 17. Dez. sind im Jahr 2009 in Somalia neun Journalisten getötet worden.
  • Die Deutsche Marine kann sich für ein weiteres Jahr an der Anti-Piraten-Mission «Atalanta» am Horn von Afrika beteiligen. Der Bundestag gab am 17. Dez. in Berlin dafür grünes Licht. Die Koalition begründete die Verlängerung bis zum 18. Dezember 2010 mit der anhaltenden Bedrohung für die Handelsschifffahrt und die Absicherung der humanitären Hilfe für Somalia. Auch SPD und Grüne stimmten dem Einsatz mehrheitlich zu, kritisierten zugleich aber eine unzureichende Verbindung mit der zivilen Hilfe. In einer namentlicher Abstimmung votierten 492 Abgeordnete für den Antrag der Bundesregierung auf Mandatsverlängerung, 74 Parlamentarier stimmten dagegen. Es gab elf Enthaltungen. Die Linke lehnte den Antrag unter Verweis auf eine aus ihrer Sicht falsche militärische Weichenstellung ab. Die EU-Mission «Atalanta» war im Dezember 2008 gestartet und gilt vor allem der Piratenjagd vor der Küste Somalias. Erst im Sommer 2009 war sie bis zu den Seychellen ausgedehnt worden, womit das Einsatzgebiet nunmehr fünf Millionen Quadratkilometer umfasst. Die Kosten der zwölfmonatigen Verlängerung werden auf 47,4 Millionen Euro beziffert. Zudem unterstützt die Bundesregierung EU-Planungen für eine Ausbildungsmission für somalisches Militär in Uganda. Hier sollen künftig 2000 Soldaten trainiert werden. Ferner leistet das Auswärtige Amt finanzielle Hilfe für die Ausbildung somalischer Polizeikräfte. Somalia gilt als eines der größten humanitären Krisengebiete weltweit. Im Land sind 1,5 Millionen auf der Flucht. Nach UN-Angaben sind dort insgesamt 3,7 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Seit Start der «Atalanta»-Mission konnten 300 000 Tonnen Nahrungsmittel in das ostafrikanische Land gebracht und somit etwa 3,3 Millionen Menschen versorgt werden.
    Der Einsatz der europäischen Seestreitkräfte sei kurzfristig die einzige Möglichkeit, die internationale Schifffahrt vor Piraterie zu schützen, hatte Außenminister Guido Westerwelle bei der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag am 16. Dez. gesagt. Ihm zufolge wurden 190 Angriffe auf Handelsschiffe abgewehrt. Der Minister betonte auch, dass Piraten festgenommen und an die Strafverfolgungsbehörden in Kenia übergeben worden seien.
  • Das Ausbleiben der Regenzeit in Ostafrika bedroht der Hilfsorganisation Oxfam zufolge die Existenzgrundlage von Millionen Menschen. In einigen Gebieten fiel im November 2009 nur rund fünf Prozent der normalen Regenmenge, wodurch in Uganda, Somalia, Äthiopien, Kenia und Tansania eine rasche Ausbreitung von Mangelernährung und Hunger droht, erklärte Oxfam am 17. Dez. Für das kriegsgeplagte Somalia ist es die sechste unzureichende Regenzeit in Folge. Inzwischen herrscht dort laut Oxfam die schlimmste Dürre seit 20 Jahren. Um eine Katastrophe zu verhindern, sei nun rasches Handeln gefordert, «langfristig durch Investitionen in die ländliche Entwicklung und die nationale Landwirtschaft», sagte Jeremy Loveless, Oxfams stellvertretender Direktor für humanitäre Angelegenheiten. «Aber kurzfristig stehen Leben auf dem Spiel, die Nothilfe wird jetzt gebraucht».
    Die Europäische Union kündigte unterdessen in Brüssel am 17. Dez. an, wegen der anhaltenden Trockenheit in Ostafrika zusätzlich 75 Millionen Euro für Soforthilfe zur Verfügung zu stellen. Die Kommission erwartet, dass in den kommenden Monaten rund 16 Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen sein werden. «Weite Teile des Horns von Afrika haben dieses Jahr weniger als 75 Prozent der normalen Regenfälle gehabt», sagte EU-Entwicklungskommissar Karel De Gucht. Nachdem die Region bereits mehrere aufeinanderfolgende Dürren durchlebt habe, könne die Bevölkerung der Not nicht mehr standhalten. Die katastrophale Situation veranschauliche die schrecklichen Folgen des Klimawandels, sagte De Gucht.
  • Die Niederschläge in Ostafrika sind im Jahr 2009 - zum sechsten Mal in Folge - ausgeblieben. Die britische Hilfsorganisation Oxfam warnte am 19. Dez. erneut davor, dass Millionen von Menschen in den kommenden Monaten davon betroffen sein werden. Die nächsten Niederschläge werden für frühestens April 2010 erwartet. In Somalia ist es die schlimmste Trockenperiode seit 20 Jahren. Die Regenmenge, die in Kenia und Äthiopien im November fiel, machte gerade fünf Prozent der sonst üblichen Niederschlagsmenge dieser Jahreszeit aus. Die UNO rechnet damit in den kommenden sechs Monaten rund 20 Mio. Menschen ernähren zu müssen. Erschwerend hinzu kommen auch die gestiegenen Lebensmittelpreise in Afrika. In der Turkana-Region in Nord-Kenia sind in den vergangenen drei Monaten nur zwölf Millimeter Niederschlag gemessen worden. Jeder dritte Bewohner ist bereits unterernährt. Dramatisch sieht die Lage auch in den Central Highlands und der Ogaden-Region in Äthiopien sowie im gesamten Somaliland - dem abgespaltenen Teil Somalias im Norden - aus. Am schlimmsten betroffen ist allerdings das krisengeschüttelte Somalia, wo der Bürgerkrieg und die Trockenheit rund 3,6 Mio. Menschen - etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung - von Hilfslieferungen abhängig machen. "Die letzte Rettung wäre Regen gewesen, aber dieser ist auch in diesem Jahr wieder ausgeblieben", so Jeremy Loveless, Oxfam Deputy Humanitarian Director, der erst kürzlich in Somaliland war.
Montag, 21. Dezember, bis Sonntag, 27. Dezember
  • Kurz nach seiner Freilassung aus dem umstrittenen US-Gegangenenlager Guantanamo hat der Somalier Mohammed Saleban Bare das Lager als "Hölle auf Erden" mit Folter und Demütigungen beschrieben. In Guantanamo werde "eine Art psychologischer Folter, die dich geistig umbringt", angewendet, sagte der 44-jährige Bare nach seiner Ankunft in der somalischen Stadt Hargeisa am 23. Dez. Dazu zähle Schlafentzug über mehrere Nächte in Folge. Außerdem würden die Häftlinge ausgehungert und erhielten nur einen Keks pro Tag. Bei Kälte müssten Häftlinge ohne Decke schlafen. Manche Gefangenen würden noch schlimmer gefoltert, durch Elektroschocks oder Schläge, sagte Bare. Manche seiner Mitgefangenen hätten in dem Lager in Guantanamo auf Kuba ihr Augenlicht oder Gliedmaßen verloren oder seien psychisch krank geworden, berichtete der Somalier. "Ich fühle mich nicht normal, aber ich danke Allah dafür, dass er mich am Leben und frei von körperlichen und seelischen Leiden wie die von manchen meiner Freunde gehalten hat". Bare war am Wochenende des 21./22. Dez. aus dem US-Gefangenenlager entlassen und nach Somalia gebracht worden. Der Mann mit dem kurzen Haar und dem langen Bart war offenbar in guter körperlicher Verfassung, wirkte aber benommen und verunsichert. Die US-Behörden teilten Bare nach dessen Aussage nie mit, warum er festgehalten wurde. Der Somalier war im Dezember 2001, also kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September, in der pakistanischen Hafenstadt Karachi festgenommen worden. Er wurde nach eigenen Angaben nach vier Monaten in US-Gefangenenlager in Afghanistan, Kandahar und Bagram verschleppt. Die Haftbedingungen dort seien "rau" gewesen, in Guantanamo sei es jedoch noch schlimmer - "wie die Hölle auf Erden". Das US-Lager sei ein Ort, in dem Muslime erniedrigt würden. So werfe das Personal Koran-Exemplare in die Toilette oder spiele während der Gebetszeit besonders laut Musik. Zu seinen angeblichen Beziehungen zu der somalischen Islamistengruppe „El Ittihad el Islamija“ wollte Bare keine näheren Angaben machen. In Pakistan hatte er sich 2001 nach eigener Aussage mit einigen Verwandten aufgehalten, um der Gewalt im Bürgerkriegsland Somalia zu entgehen und sich um die Aufnahme in einem westlichen Land zu bemühen. Die USA hatten am Wochenende des 21./22. Dez. zwölf Guantanamo-Insassen - sechs Jemeniten, vier Afghanen und zwei Somalier - in ihre Heimat überstellt. Damit sind noch etwa 200 Männer in Guantanamo inhaftiert. US-Präsident Barack Obama hatte bei seinem Amtsantritt angekündigt, das umstrittene Lager bis Januar 2010 zu schließen. Im November 2009 räumte er jedoch ein, dass es ihm nicht gelingen werde, diesen Termin einzuhalten. Derzeit werden in dem Lager noch knapp 200 Häftlinge festgehalten.
  • Der UN-Sicherheitsrat hat am 23. Dez. ein Waffenembargo und gezielte Sanktionen gegen die politische Führung von Eritrea verhängt. Das UN-Gremium begründete die Strafmaßnahmen damit, dass das Land am afrikanischen Ufer des Roten Meers die Rebellen in Somalia unterstütze und sich einer Einigung über die Grenzstreitigkeiten mit seinem Nachbarland Dschibuti verschließe. Die Resolution 1907 verbietet alle Im- und Exporte von Waffen nach und aus Eritrea. Das Auslandsvermögen seiner führenden Politiker und Militärs wird eingefroren, außerdem wurden Reisebeschränkungen verhängt.
  • In der somalischen Hauptstadt Mogadischu sind bei Kämpfen am 24. Dez. zwischen Sicherheitskräften und islamistischen Aufständischen mindestens elf Menschen getötet worden. Nach offiziellen Angaben griffen islamistische Kämpfer Soldaten der somalischen Armee sowie der Friedenstruppe der Afrikanischen Union (AMISOM) auf einer Kreuzung im Süden der Stadt an. Augenzeugen zufolge lieferten sich beide Seiten ein rund einstündiges Feuergefecht. Unter den elf Toten seien auch Zivilisten, sagte ein Vertreter der Sicherheitskräfte der Regierung, Oberst Mohamed Nur. Demnach gelang es den Soldaten, die Milizen zurückzuschlagen. Rettungskräfte gaben an, 25 verletzte Zivilisten behandelt zu haben.
Montag, 28. Dezember, bis Donnerstag 31. Dezember
  • Nach zwei Monaten in den Händen somalischer Piraten sind 25 chinesische Seeleute und ihr Frachtschiff wieder frei, wie die amtliche Pekinger Nachrichtenagentur Xinhua am 28. Dez. meldete. Die «De Xin Hai» war das erste chinesische Schiff, das vor der Küste Somalias entführt wurde, seitdem die chinesische Marine drei Schiffe in das Seegebiet entsandt hat, um die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Piraterie in der Region zu unterstützen. Aus der Xinhua-Meldung ging nicht hervor, ob ein Lösegeld gezahlt wurde. Ein Somalier, der sich gegenüber der Nachrichtenagentur AP als Pirat ausgab, sagte, man habe vier Millionen Dollar Lösgeld erhalten.
  • Somalische Piraten haben am 28. Dez. zwei Schiffe gekapert, wie die internationale Schifffahrtsorganisation IMB am Dienstag mitteilte. Im Golf von Aden wurde am Montagabend der britische Chemietanker «St James Park» überfallen. Das Schiff habe einen Notruf geschickt und um Hilfe gebeten, teilte das International Maritime Bureau in Kuala Lumpur mit. Der Tanker war den Angaben zufolge mit 26 Besatzungsmitgliedern auf dem Weg nach Thailand. Drei Stunden später wurde vor der Südküste von Somalia ein Frachter gekapert, der unter der Flagge von Panama unterwegs war.
  • Somalische Piraten haben am 30. Dez. einen unter kuwaitischer Flagge fahrenden Öltanker angegriffen. Es gelang ihnen aber nicht, das Schiff zu kapern, wie ein Sprecher der EU-Mission Atalanta mitteilte. Der erfolglose Angriff auf den 105.000-Tonner-Tanker «Album» erfolgte nach Angaben von Korvettenkapitän John Harbour etwa 800 Seemeilen östlich von Somalia. Nähere Einzelheiten nannte der Atalanta-Sprecher nicht.


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