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Košice hofft auf den Aufschwung

Ostslowakische Stahlmetropole begeht den Auftakt des Jahres als Europäische Kulturhauptstadt

Von Jindra Kolar, Prag *

Košice feiert am Sonnabend, eine Woche nach Marseille, die Eröffnung des Jahres der Kulturhauptstadt Europas. Es hofft mit der Auszeichnung Anschluss an die Metropolen des Westens zu gewinnen und den Tourismus ankurbeln zu können.

Neun slowakische Städte hatten sich im Jahr 2007 um den Titel »Europäische Kulturhauptstadt 2013« beworben - das ostslowakische Košice hat den Sieg davongetragen. In die letzte Phase der Ausschreibung waren die Nachbarstädte Prešov und Košice gelangt. Die frühere Stahlmetropole im Osten der Slowakei hat dank ihres Kulturplans überzeugen können. Für Prešov ergaben sich dennoch kaum Nachteile, denn beide Städte vereinbarten eine intensive Partnerschaft.

Die Kulturereignisse des Jahres werden am 19. und 20. Januar mit einem Festakt eingeläutet, bei dem auch EU-Kulturkommissarin Androulla Vassiliou anwesend sein wird. In einem Grußwort betont Vassiliou, dass sie von beiden Kulturhauptstädten des Jahres 2013 - Košice und das französische Marseille - Impulse für eine weitere gute Zusammenarbeit auf dem Gebiet von Kultur, Bildung und auch sozialer Gemeinschaft erwartet. »Die 25 Jahre, die das Projekt ›Kulturhauptstadt Europas‹ bislang besteht, stellen ein herausragendes positives Beispiel für die Europäische Union dar«, erklärte Vassiliou. »Sie haben in den jeweiligen Städten immer zu einer spürbaren Entwicklung im kulturellen Sektor geführt und die Attraktivität der Orte erhöht.« Gerade in den gegenwärtigen Krisenzeiten sei es wichtig, auch für die junge Generation Entwicklungsmöglichkeiten auf dem Gebiet von Kultur und Bildung aufzuzeigen, die sich in aller Regel auch auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes und der wirtschaftlichen Möglichkeiten der jeweiligen Region niederschlagen, betonte die griechische Politikerin.

Parallel zu dem offiziellen Festakt im Staatstheater werden am Wochenende Konzerte, Ausstellungen und Kulturveranstaltungen in der »Steel Arena«, auf den Plätzen der Stadt, in vielen Gaststätten und Klubs, Kinos und auf kleinen Bühnen abgehalten werden. Ein buntes Programm soll den Auftakt zu einem wirklich kulturvollen Jahr in der zweitgrößten slowakischen Stadt machen.

Galt Košice bereits in der Vergangenheit als Verkehrsknotenpunkt zwischen West und Ost, zwischen Frankreich, Italien und Österreich und den östlichen Staaten Ukraine und Russland, so soll dieses Kulturjahr wiederum ein Bindeglied zwischen den Kulturen aus West- und Osteuropa bilden. Die Košicer hoffen auf eine intensive Zusammenarbeit zwischen slowakischen und europäischen Einrichtungen, auf einen engeren Anschluss der geografisch weit von den westeuropäischen Brennpunkten entfernten Metropolen.

Bereits jetzt verzeichnet der Tourismus einen deutlichen Zuwachs: Europa ist neugierig auf die Kulturhauptstadt in der Ostslowakei geworden, die Buchungen für dieses Jahr stiegen um 25 Prozent gegenüber 2012. Die Stadtmütter und -väter sind stolz auf diese Entwicklung, wollen sie doch mit dem reichhaltigen Angebot an Veranstaltungen auf den kulturellen und künstlerischen Reichtum Košices und der gesamten Region aufmerksam machen sowie verdeutlichen, dass die Stadt nicht nur ein Industriezentrum des real existierenden Sozialismus mit Plattenbausiedlungen war, sondern auch ein kulturelles Erbe vertritt und viel Kreativität birgt.

»Das kommende Jahr wird für Košice einen großen Aufschwung bringen«, freut sich Marek Kolarcik, Chef des Košicer Projektteams »Kulturhauptstadt 2013«. Er erwartet Gäste aus Polen, Ungarn Tschechien und der Ukraine, aber auch aus Finnland und Portugal. Sie werden ein umfangreiches Programm genießen können, für das die Stadt stattlich investiert hat, neue Kulturstätten zum Beispiel aus nicht mehr genutzten Kasernen und Industriebauten errichtet hat. Ein Kulturpark Košice ist entstanden, der das Zentrum der kommenden Ereignisse wird. Insgesamt sind aus europäischen und slowakischen Mitteln 83 Millionen Euro in das Projekt Kulturhauptstadt 2013 geflossen, davon 16,6 Millionen Euro in Rekonstruktionsvorhaben der Stadt.

Monika Smolkova, slowakische sozialdemokratische Abgeordnete im Europäischen Parlament, ist stolz darauf, dass ihre Heimatstadt als erste slowakische Stadt den Titel »Europäische Kulturhauptstadt« errungen hat. Nicht nur der mächtige Elisabeth-Dom und die renovierten Bürgerhäuser werden Anziehungspunkte für Besucher sein, sondern auch viele Galerien, in denen unter anderem Werke von Andy Warhol zu sehen sind. Denn die Eltern des berühmten Pop-Art-Künstlers stammen aus Košice. Bürger und Offizielle der ostslowakischen Stadt sehen jedenfalls den kommenden Monaten mit großen Erwartungen entgegen.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 18. Januar 2013


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