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Mugabe denkt mit 90 Jahren noch nicht ans Aufhören

Simbabwes Langzeitregent hält sich trotz wirtschaftlicher Turbulenzen und politischer Krisen an der Macht

Von Markus Schönherr, Kapstadt *

Robert Mugabe feiert am Freitag seinen 90. Geburtstag. Seit der Unabhängigkeit 1980 herrscht er über Simbabwe. Trotz aller Kritik und denkt er noch nicht ans Aufhören.

In der Regierungspartei ZANU-PF ist ein Kampf um die Nachfolge von Robert Mugabe entbrannt – nur eines der Probleme, mit denen sich Simbabwes Präsident herumschlagen muss. Die Wirtschaft Simbabwes liegt am Boden, EU-Sanktionen verhindern eine volle Zusammenarbeit mit dem Westen, und im Norden des Landes droht eine Hungerkatastrophe.

Die Feier zum 90. Geburtstag des Langzeitherrschers am Wochenende soll groß ausfallen und wird rund eine Million Dollar verschlingen. Der simbabwischen Zeitung »News Day« zufolge, wurden Lehrer angehalten, einen Teil ihres Gehalts beizusteuern. Die Behörden in der betroffenen Provinz bestritten die »Spenden«.

Das größte Geschenk für Mugabe wäre freilich, wenn die Europäische Union ihre Sanktionen lockern würde. Diese hatte die EU 2002 gegen führende Politiker erlassen, nachdem Menschenrechtsvergehen gegen die Opposition bekannt wurden. Ein wenig Bewegung gibt es: Seit Februar 2013 hob Brüssel nach und nach Strafmaßnahmen gegen mehr als hundert simbabwische Persönlichkeiten und ein Dutzend Unternehmen auf. Am Montag ließen die EU-Regierungen die Sanktionen gegen acht Politiker fallen. Auf der schwarzen Liste bleiben: Mugabe, seine Frau Grace und mehrere Unternehmen.

Mugabe macht die Wirtschaftssanktionen für die strauchelnde Wirtschaft seines Landes verantwortlich. Diese Meinung trifft auf Widerspruch: Der US-amerikanische Simbabwe-Botschafter, Bruce Wharton, hält die Probleme durch Landreformen und schlechte Gesetze für »selbst gemacht«. Zuletzt ging die Wirtschaft zwar bergauf. Von Normalität ist man dennoch weit entfernt. Die Bekleidungsläden und Supermärkte in den Straßen der Hauptstadt Harare sind einer reichen Elite vorbehalten. Viele Simbabwer überleben nur dank Überweisungen aus der Diaspora in Südafrika, den USA oder Europa.

Mit der Lockerung der EU-Sanktionen darf Simbabwes Regierung erstmals wieder auf Budgethilfe hoffen. Die einzige Entwicklungshilfe lief zuletzt über Nichtregierungsorganisationen oder Kirchen. Einen Plan, das Land in den nächsten fünf Jahren wieder auf Vordermann zu bringen, hat die Regierung bereits. Dafür benötigt sie 27 Milliarden Dollar.

Die Chancen sind allerdings gering, dass ein westliches Land bald finanzielle Hilfe leistet. Geht es nach dem Westen, ist Mugabes Regierungsstil auch für die aktuelle Hungerkrise verantwortlich, die 2,2 Millionen Menschen bedroht. Das UN-Welternährungsprogramm verkündete, dieses Jahr würden »Millionen Simbabwer« an Hunger sterben. Die Agentur selbst müsse wegen der Katastrophen in Südsudan und Zentralafrika ihre Hilfe für Simbabwe um 70 Prozent drosseln.

Nachdem angeblich 100 Gefangene an Unterernährung gestorben seien, verfügte Mugabe am Montag die Freilassung von 2000 Gefangenen. Das Rote Kreuz veröffentlichte einen Spendenaufruf. »Viele Menschen essen bloß noch eine Mahlzeit pro Tag«, berichtet Katherine Mueller, Afrika-Sprecherin der Organisation. »Wir gehen davon aus, dass mittlerweile 3000 Kinder infolge der Nahrungsknappheit die Schule verlassen haben. Viele Familien schürfen illegal Gold, um Essen zu kaufen.«

Tatsächlich seien es die humanitären Organisationen, auf die die Massen derzeit ihre Hoffnung setzen, sagt Daniel Molokele, ein simbabwischer Menschenrechtsanwalt in Johannesburg. »Mugabe ist politisch schwächer denn je, und zudem gleitet ihm seine Partei aus der Hand.« Die ZANU-PF ist schon lange in drei Lager gespalten, die um Mugabes Nachfolge kämpfen. Wenn Mugabe stirbt oder abtritt, wollen neben ZANU-PF-Jugendsekretär Innocent Hamandishe auch Vizepräsidentin Joice Mujuru und Justizminister Emmerson Mnangagwa das Amt übernehmen. Die inneren Streitigkeiten lenken von den Problemen ab, berichtet Molokele: »Mugabe und seine Regierung scheinen überfordert. Deshalb fehlen ihnen klare Lösungen.«

* Aus: neues deutschland, Freitag, 21. Februar 2014


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