Simbabwe vor den Wahlen
Farmbesetzungen als Mittel gegen die Opposition?
Der (fast) Einparteienstaat Simbabwe hat nicht nur eine Opposition, sondern mittlerweile auch ein reich gefächertes Parteienspektrum. Die Macht des Präsidenten Mugabe und seiner regierenden ZANU-PF scheint nicht mehr so sicher. Ein Artikel in der jungen welt vom 17.05.2000 beleuchtet die politische Lage im Land.
Wahltermin genannt
Simbabwe: Urnengang nach zweimaliger Verschiebung für Juni festgelegt
Endlich wissen die Simbabwer, wann sie zum Urnengang für
ein neues Parlament gerufen werden. Präsident Robert
Mugabe ließ am Montag in den Regierungsmitteilungen
offiziell bekanntgeben, daß das Datum nun auf den 24. und
25. Juni festgesetzt wurde. Das ist die dritte Ankündigung
eines Wahldatums. Zweimal schon waren die Wahlen
kurzfristig abgesagt worden.
Auch wenn kein Regierungssprecher in der simbabwischen
Hauptstadt Harare die Ankündigung des Wahldatums mit dem
Eintreffen von Commonwealth-Generalsekretär Don
McKinnon und Roger Moore, dem Vorsitzenden der EU-
Kommission für das südliche Afrika, in Verbindung gebracht
haben möchte, führten beide am Montag mit Präsident Robert
Mugabe Gespräche über die Entsendung internationaler
Beobachter zu den Wahlen.
Trotz der angespannten politischen Lage waren die Gründe
für die Wahlverschiebung aber eher technischer Art. Wegen
der ungewöhnlich starken Regenfälle im Gefolge der Zyklone
vor der Küste Moçambiques wurden auch große Teile
Simbabwes zerstört und überflutet, in drei Provinzen mußte
der Notstand ausgerufen werden. Deshalb kam weder die
Wählerregistrierung noch die Kandidatenaufstellung voran.
Die bereits vor drei Monaten unter dem Obersten Richter
Wilson Sandura eingeschworene Wahlkommission konnte erst
Anfang Mai, als die Wählerliste vorlag, zu arbeiten beginnen.
Schon vor einem Monat wurde das Parlament
ordnungsgemäß aufgelöst, nachdem es als letzte
Amtshandlung noch einer Verfassungsänderung zur
entschädigungslosen Enteignung weißer Landwirte zugestimmt
hatte. Derzeit regiert Mugabe mit Ausnahmeregelung. Diese
ermöglicht ihm, die Landgesetzänderung auch in Kraft setzen
zu können.
Mugabes Anstrengungen zum Machterhalt können
allerdings von einem neuen Parlament nach Neuwahlen mit
einer Zweidritttelmehrheit der oppositionellen MDC auch
schnell wieder beseitigt werden. Es sieht nicht so aus, als ob
seine ZANU-PF (Zimbabwe African National Union -
Patriotic Front) es auch diesmal wieder schafft, allein zu
regieren. Bisher hatte die ZANU 147 von insgesamt 150
Sitzen besetzt. Faktisch existierte damit in Harare ein Ein-
Parteien-Parlament. Die drei oppositionellen Plätze gehörten
der unabhängigen Abgeordneten Margaret Dongo und zwei
Vertretern der Alt-ZANU-Partei von Ndabanigi Sithole, die
auch jetzt wieder Kandidaten aufgestellt haben. Margaret
Dongo kandidiert erneut für ihre ZUD (Zimbabwe Union of
Democrats), die eigentlich schon ein Wahlbündnis mit der
»Bewegung für Demokratischen Wandel« (MDC)
geschlossen hatte, dieses aber wegen innerer Streitigkeiten
wieder aufkündigte.
Zwanzig Oppositionsparteien haben sich mittlerweile in die
Liste eingetragen, um an den Wahlen teilnehmen zu können.
Eine Chance gegen die neue oppositionelle Sammelbewegung
MDC und die regierende ZANU-PF haben sie nicht.
Die vom ehemaligen Gewerkschaftsgeneralsekretär
Morgan Tsvangirai geführte MDC wurde im Herbst
vergangnen Jahres gegründet, konstituierte sich aber erst auf
ihrem ersten Parteitag im Januar. Dort wurde ein 24köpfiges
Nationales Exekutivkomitee gewählt, dem bekannte
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter
Geschäftsleute, Intellektuelle und Menschenrechtler,
angehören. Obwohl die MDC offiziell noch keine
Mitgliederzahlen bekanntgegeben hat, scheint sie sich doch
erstmals in der Geschichte Simbabwes zu einer überregionalen
Partei entwickelt zu haben, die von einer breiten landesweiten
Öffentlichkeit und nicht nur von einzelnen ethnischen Gruppen
unterstützt wird.
Die Partei hat ihre Hochburgen in Harare und Bulawayo
und anderen Industriegebieten des Landes und nach eigenen
Angaben inzwischen Büros in fast allen Distrikten des Landes.
Sie stellt in nahezu allen Wahlkreisen Gegenkandidaten zur
ZANU-PF auf. Da in Simbabwe bisher jede Wahl durch die
Abstimmung in den Dörfern gewonnen wurde, wo noch immer
70 Prozent der 12,5 Millionen Landesbürger leben, begann die
MDC auch eine große, von weißen Farmern unterstützte
Werbekampagne in diesen ehemaligen kolonialen
Schwarzenreservaten.
Nach Mugabe-Lesart geht es bei den Farmbesetzungen
offiziell zwar um sogenannte Befreiungskriegsveteranen, die
ihr von den Briten vor hundert Jahren geraubtes Land wieder
zurückfordern, eigentlicher Hintergrund aber sind die Erfolge
der MDC auf dem Lande, die Mugabes hauptsächliche
Wählerbasis aufgeweicht haben. Man muß die Besetzung der
1200 weißen Farmen in diesem Kontext des militanten
Wahlkampfes sehen.
Roswitha Reich, Harare
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