Weiter Rätselraten um Simbabwes Wahlergebnis
Neuauszählung in 23 Wahlbezirken / Krisengipfel in Lusaka
Von Georg Krase *
Für mehr als zehn Prozent der Wahlbezirke Simbabwes wurde eine Neuauszählung beschlossen. In
Sambias Hauptstadt Lusaka beschäftigte sich ein Krisengipfel der Entwicklungsgemeinschaft des
Südlichen Afrika (SADC) mit der Lage im Nachbarland.
Nach 12stündigen Gesprächen forderten die Staatschefs am Sonntagmorgen eine schnelle
Verifizierung und Veröffentlichung der Wahlergebnisse in Simbabwe sowie deren Anerkennung
durch alle Parteien. Sie bekräftigten die Vermittlerrolle des südafrikanischen Präsidenten Thabo
Mbeki.
Ein endgültiges Wahlergebnis steht aber weiter aus. Bei den Parlamentswahlen hatte die
oppositionelle Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) unter Morgan Tsvangirai 99, die
regierende Afrikanische Nationalunion Simbabwes (ZANU-PF) unter Robert Mugabe 97 Sitze
errungen und damit die Parlamentsmehrheit verloren. 10 Sitze entfallen auf die seit 2005
abgespaltene MDC-Fraktion. Im Senat, dem Oberhaus, errangen ZANU-PF und MDC je 30 Sitze.
Auch bei den Präsidentschaftswahlen gibt es bisher kein Wahlergebnis. Unabhängigen Beobachtern
zufolge erreichte im ersten Wahlgang niemand die absolute Mehrheit. Die ZANU-PF bereitet sich auf
eine damit notwendige Stichwahl vor. Die MDC, zunächst ebenfalls dazu bereit, verkündete
inzwischen den Wahlsieg Tsvangirais bereits im ersten Wahlgang. Sie befürchtet, Mugabe werde bei
der Stichwahl auf »bewährte« Methoden der Einschüchterung zurückgreifen. Beide Seiten
beschuldigen sich gegenseitig der Vorbereitung gewalttätiger Ausschreitungen. Die Polizei
verhängte ein Demonstrationsverbot. Die Opposition rief für Dienstag zum Generalstreik auf.
Am Samstag (12. April) ordnete die Wahlkommission nun eine Neuauszählung in 23 der 210 Wahlbezirke an.
ZANU-PF hatte die Ergebnisse der Parlamentswahlen in 22 Bezirken, die MDC in einem Bezirk
angezweifelt. Die Neuauszählung gilt für Parlaments-, Präsidentschafts- und die parallel laufenden
Kommunalwahlen. Damit verzögert sich die Verkündung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen
weiter. Bei den Parlamentswahlen ist wieder alles offen, der knappe Sieg der MDC dort in Frage
gestellt. Die MDC will eine Neuauszählung nicht anerkennen, spricht von möglichen Manipulationen
an den Wahlurnen. Im Fernsehen wurden demgegenüber angebliche Pläne der MDC für
Wahlfälschungen vorgelegt.
Offenkundig ist das Ende der 28jährigen Ära Mugabe eingeläutet, doch der 84jährige Autokrat will
nicht von der Macht lassen. Er steht auch einer Kompromisslösung im Wege. Dabei soll es bereits
Gespräche zwischen ZANU-PF und MDC gegeben haben, angeblich sei Tsvangirai das Amt des
Vizepräsidenten angeboten worden. Denn eines scheint klar – keine der beiden Seiten verfügt
derzeit über ausreichende politische Unterstützung, das Land allein aus der Krise heraus zu führen.
Die anhaltende Ungewissheit über das Wahlergebnis verschärft das politische Klima im Lande. Auch
deshalb kam es kurzfristig zum SADC-Krisengipfel. Mugabe selbst ließ sich in Lusaka vertreten. Tsvangirai nutzte die Gelegenheit, sich im Kreise der Staatschefs zu zeigen. Wohl auch deshalb
begrüßte MDC die Ergebnisse des Gipfels nachdrücklich, obwohl man weder mit der Vermittlerrolle
Mbekis noch mit der Akzeptanz einer Stichwahl durch den Gipfel glücklich ist. Angeblich wurde
hinter den Kulissen in Lusaka auch über eine Regierung der nationalen Einheit gesprochen.
Der Krisengipfel war in seinen offiziellen Ergebnissen – wie nicht anders erwartet – zurückhaltend,
es gab keine offene Kritik an Mugabe. Immerhin wurde für den Fall einer Stichwahl ausdrücklich
deren fairer und sicherer Verlauf eingefordert. Lusaka hat noch einmal bestätigt, dass Simbabwe
eine Krise ist, die die gesamte Region betrifft.
* Aus: Neues Deutschland, 14. April 2008
Neueste Meldung
Simbabwe: Gericht lehnt Bekanntgabe des Wahlergebnisses ab
Das Oberste Gericht in Simbabwe hat einen Antrag der Opposition auf sofortige Veröffentlichung des Ergebnisses der Präsidentenwahl abgelehnt. Der Kläger müsse für die Gerichtskosten aufkommen, sagte Richter Tendai Uchena in der Hauptstadt Harare. Die Bewegung für einen demokratischen Wandel (MDC) des Oppositionsführers Morgan Tsvangirai droht nun mit einem Generalstreik ab Dienstag. Die MDC hatte die sofortige Bekanntgabe des Ergebnisses der Präsidentschaftswahl vom 29. März verlangt.
"Ich habe die Urteilsbegründung noch nicht gesehen, aber der Antrag wurde abgelehnt", sagte der MDC-Anwalt Alec Muchadehama Journalisten. Er könne die Entscheidung erst kommentieren, wenn ihm die Begründung vorliege. Die Urteilsbegründung sollte nach Angaben des Richters noch im Lauf des Montags veröffentlicht werden. Als Reaktion auf den Gerichtsbeschluss kündigte die MDC an, ab Dienstag zu einem Generalstreik aufzurufen. Tsvangirai erklärte sich bereits zum Wahlsieger, obwohl das Ergebnis immer noch nicht bekannt ist. Die Partei ZANU-PF von Präsident Robert Mugabe besteht hingegen auf einer Stichwahl.
In einem zweiten Antrag ficht die Opposition vor Gericht die von der Wahlkommission am Wochenende verkündete Neuauszählung von 23 der landesweit 210 Wahlbezirke an. Mit der Entscheidung zweifelt die Wahlkommission den bereits verkündeten Sieg der Opposition im Abgeordnetenhaus an. Die Neuauszählung betrifft nach Angaben der Wahlkommission die Stimmen für die Präsidentschafts-, Parlaments- und Senatswahlen. In den Bezirken seien die Stimmen möglicherweise falsch ausgezählt worden, hieß es.
Ein Gericht in Harare sprach zwei südafrikanische Techniker von dem Vorwurf frei, illegal als Journalisten gearbeitet zu haben. Nun werde die Heimreise der beiden Männer organisiert, teilte ihr Arbeitgeber Globecast Africa in Johannesburg mit. Die beiden Techniker waren am 27. März mit der Begründung inhaftiert worden, ohne Akkreditierung als Journalisten gearbeitet zu haben. Globecast Africa bietet Satellitenverbindungen für Rundfunksender an.
In einem ähnlichen Prozess stehen auch zwei Journalisten aus den USA und Großbritannien vor Gericht. Den beiden wird ebenfalls vorgeworfen, ohne Akkreditierung gearbeitet zu haben. Simbabwe hatte vielen ausländischen Journalisten die Berichterstattung von den Wahlen verweigert.
Quelle: AFP, 15. April 2008
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