Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Simbabwe soll wählen

Ringen um neue Verfassung in der Endphasey

Von Christian Selz, Kapstadt *

Simbabwes Präsident Robert Mugabe hat das Parlament des südafrikanischen Landes in der vergangenen Woche wissen lassen, die nächsten Wahlen im März 2013 sollten bereits nach einer neuen Verfassung durchgeführt werden. Das war eine Überraschung, denn bisher hatte der Staatschef stets angekündigt, notfalls auch auf Basis des alten Unabhängigkeitsvertrags abstimmen zu lassen, der seit seiner Unterzeichnung 1979 als Grundgesetz dient. Simbabwes Verfassungsgebungsprozeß dauert bereits seit 2009 an, als Mugabe mit Oppositionsführer Morgan Tsvangirai eine Regierung der nationalen Einheit bildete. Es entwickelte sich ein endloses Zerren und Feilschen der beiden verfeindeten Regierungspartner. Den etwas überraschenden Durchbruch brachte nun die zweite Konferenz des mit dem Entwurf der Verfassung betrauten Parlamentskomitees COPAC, dem neben den Regierungspartnern auch Kirchen und unabhängige Organisationen angehören.

»Das wichtigste Ergebnis dieser Konferenz ist, daß die Teilnehmer den Entwurf akzeptiert haben«, zeigte sich Douglas Mwonzora, einer der Komitee-Vorsitzenden und Sprecher der MDC-T von Premierminister Tsvangirai, zuversichtlich. Es habe Versuche gegeben, den Entwurf zu verbessern, aber keine Ablehnung. Wichtige Streitpunkte wie die Frage, ob die Provinzgouverneure vom Präsidenten ernannt oder gewählt werden, sind jedoch weiterhin ungelöst. Immerhin habe es keine neuen Konfliktpunkte gegeben, beschwichtigt Mwonzora.

Doch der Trend ist klar: Der derzeit mit umfangreichen Machtbefugnissen ausgestattete Präsident will seinen starken Einfluß nicht aufgeben. Dabei scheint er auch den Delegierten seiner eigenen Partei im Verfassungskomitee nicht mehr zu trauen, weil die ZANU-PF selbst in sich gespalten ist. Der Kampf um die Mugabe-Nachfolge ist auch intern längst entbrannt, nicht zuletzt deshalb drängt der 88jährige auf rasche Neuwahlen. Will Mugabe seine Unterstützer in der Staatengemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) und vor allem deren Chefvermittler für Simbabwe, Südafrikas Präsident Jacob Zuma, nicht verprellen, braucht er dazu jedoch zunächst die neue Verfassung. Als Signale dafür, daß das Ringen um die neue Verfassung in seine Endphase eintritt, werden auch jüngste Signal des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus Washington gewertet. Die Institution kündigte an, ihre Restriktionen gegen Simbabwe lockern zu wollen, um wieder Beraterbeziehungen aufnehmen zu können. Nur so kann sich der IWF in die entscheidende Phase des Kampfes um Simbabwes Zukunft einmischen.

Von einer denkbar schlechten Position aus startet hingegen Mugabes politischer Hauptgegner Tsvangirai. Gerade erst brachte er einen langen Scheidungskrieg hinter sich, angeblich durch eine Zahlung von umgerechnet 200000 Euro an seine Exfrau – Geld über dessen Herkunft sich die Simbabwer nun wundern. Tsvangirais offizielles Monatseinkommen beträgt 3000 Euro. Seine Partei ist einer US-amerikanischen Wahlumfrage zufolge inzwischen von 38 auf 20 Prozent abgestürzt. Mugabes ZANU-PF konnte dagegen von zwölf auf 31 Prozent zulegen. Auch wenn diese Zahlen schwer überprüfbar sind, startete Tsvangirais Parteifreund und Finanzminister Tendai Biti wohl auch deshalb einen hilflosen Versuch, die Wahlen erneut zu verschieben. Das Budget für die Abstimmung sei schlicht nicht da, so Biti.

* Aus: junge Welt, Montag, 05. November 2012


Zurück zur Simbabwe-Seite

Zurück zur Homepage