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Fällt Stichwahl aus?

Simbabwe: Südafrikas Präsident traf Robert Mugabe und Morgan Tsvangirai

Von Raoul Wilsterer *

Je näher der Stichwahltermin in Simbabwe rückt, desto stärker wird er in Frage gestellt. Am Donnerstag (19. Juni) erklärte der Sprecher der »orangen« Oppositionspartei MDC (Bewegung für einen demokratischen Wechsel), Nelson Chamisa: »Die Situation im Land wird schlimmer. Eine freie und faire Wahl ist unmöglich.« Zuvor hatte er bekanntgegeben, daß die Leichen von vier MDC-Mitgliedern an verschiedenen Orten nahe der Hauptstadt Harare entdeckt worden seien. Für deren Tod trage Präsident Robert Mugabes Partei ZANU-PF die Schuld. Die MDC »geht davon aus«, so Chamisa, »daß die Anhänger ihrer Jugendbewegung von Unterstützern der ZANU-PF-Jugend mit Knüppeln und Peitschen angegriffen« worden sind.

Am 27. Juni sollen die Simbabwer in einer Stichwahl zwischen Mugabe und MDC-Chef Morgan Tsvangirai über ihren zukünftigen Präsidenten entscheiden. Nach dem ersten Wahlgang am 29. März hatte es bis zum 2. Mai gedauert, ehe die Ergebnisse bekanntgegeben wurden. Demnach entfielen auf Tsvangirai 47,9 Prozent, auf Mugabe 43,2 Prozent und auf zwei weitere Kandidaten die übrigen Stimmen, darunter auf Simba Makoni, ein ehemaliger Parteigänger Mugabes, allein 8,3 Prozent. Ob diese nun eher Mugabe zugute kommen, wird allgemein bezweifelt: Der aus der ZANU-PF-ausgeschlossene Makoni steht in vielen Positionen Tsvangirai näher.

Trotzdem entschloß sich der Oppositionsführer erst spät zur Teilnahme an der Stichwahl – offensichtlich auch, um das Ergebnis der ersten Abstimmung weiter in Frage zu stellen: Er hatte sich bereits am Abend des 29. März unter Bezugnahme auf eigene Zählungen zum Sieger mit absoluter Mehrheit erklärt – und quasi zum Präsidenten. Derweil hatte das Mugabe-Lager während der langen Phase vor Bekanntgabe des Ergebnisses signalisiert, daß eine gemeinsam von Regierung und Opposition getragene Lösung denkbar sei. Ob es danach zu Verhandlungen zwischen den verfeindeten Lagern kam, ist allerdings nicht bekannt.

Getrennt voneinander trafen am Mittwoch sowohl Tsvangirai als auch Mugabe mit dem südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki zusammen. Dieser wollte sich in Simbabwe persönlich über den Stand der Wahlvorbereitungen informieren. Das Mandat hierfür war ihm im März 2007 auf dem Sondergipfel der südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft SADC im tansanischen Daressalam übertragen worden. Mugabe ließ laut der in Harare erscheinenden Zeitung The Herald (Donnerstagausgabe) im Anschluß an die Begegnung in Bulawayo erklären, daß für den weiteren politischen Prozeß in Simbabwe »letztlich die SADC verantwortlich« sei.

Anderen Presseberichten zufolge »drängte Mbeki in dem dreistündigen Gespräch Mugabe, die Wahlen abzusagen« (The Telegraph). Durch die Abstimmung sei »die politische und ökonomische Krise des Landes nicht zu lösen«, meinte demnach Mbeki, der damit die wachsende Gefahr eines offenen, mit Gewalt ausgetragenen Konflikts zwischen den Lagern andeutete. Notwendig seien, so unter anderem die Agentur Reuters mit Bezugnahme auf die Wirtschaftszeitung Business Day, erste Gespräche zwischen ZANU-PF und MDC. Tsvangirai bestätigte lediglich sein Treffen mit Mbeki, »ohne Details nennen« zu wollen.

Unterdessen kritisierte der ehemalige Präsident Moçambiques, Joaquim Chissano, »die Europäer und Amerikaner«. EU und USA »konzentrieren sich zu sehr auf Mugabe«, so der nunmehr als UN-Sondergesandter in Uganda tätige Politiker in der Süddeutschen Zeitung (18.6.): »Wir müssen an das Volk denken, das unter der Embargo-ähnlichen Situation leidet.« Niemand kooperiere mehr mit Simbabwe, wird Chissano zitiert. Wichtig sei indes nicht, ob Mugabe regiere, »sondern ob es einen Neuanfang gibt«.

* Aus: junge Welt, 20. Juni 2008

Letzte Meldung

Eine Woche vor der Stichwahl um das Präsidentenamt in Simbabwe hat Oppositionskandidat Morgan Tsvangirai zu einer regen Beteiligung aufgerufen. Trotz einer "Welle von Brutalität" sollten die Menschen Hoffnung und Mut haben, hieß es in einer am Freitag per e-Mail verbreiteten Erklärung. Bei der ersten Wahlrunde Ende März hätten die Menschen bereits "eine mutige Entscheidung" getroffen, und auch am 27. Juni sollten sie für einen Wechsel stimmen, schrieb Tsvangirai.
Der Oppositionsführer tritt bei der Abstimmung gegen Amtsinhaber Robert Mugabe an. Die erste Runde hat er gewonnen, die absolute Mehrheit dem offiziellen Ergebnis zufolge aber verfehlt.
Quelle: AP, 20. Juni 2008




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