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Mugabe belohnt

Simbabwes neues Regierungskabinett bildet vor allem Loyalität ab. Organisierter sozialer Widerstand nicht in Sicht

Von Bertie van Zyl *

Nach der Bekanntgabe des neuen Regierungskabinetts in der vergangenen Woche ist klar: Simbabwes neue Regierung ist keine des Aufbruchs. Der 89jährige Präsident, Robert Mugabe, wird seine letzte Amtsperiode mit seiner alten Garde angehen. Damit steht nach dem Wahlsieg der ZANU-PF Machtkonsolidierung im Vordergrund. Auch seiner Person hat Mugabe noch mal mehr Befugnisse unterstellt, indem er den Geheimdienst direkt ihm und seinem Minister für Präsidentschaftsfragen, Didymus Mutasa, untergeordnet hat.

Lediglich drei von 26 Ministern sind Frauen. Jüngere Politiker finden sich nur unter den Stellvertretern, die über wenig Einfluß verfügen. Dagegen proportional ausbalanciert sind die Provinzen, sogar ein »Ministerium für die Verknüpfung von psychomotorischen Aktivitäten im Bildungswesen« wurde zu diesem Zweck kreiert. Seitdem rätselt Simbabwe, was sich hinter diesem Amt verbirgt. Mugabe hat Loyalität belohnt. Im wesentlichen hat es lediglich Ämterrotationen gegeben, so ist der frühere Verteidigungsminister Emmerson Mnangagwa nun Justizminister und der frühere Staatssicherheitsminister Sydney Sekeramayi hat das Verteidigungsressort übernommen. Für Überraschung sorgte die Einsetzung von Jonathan Moyo, Verlierer in seinem Wahlbezirk, als neuer Informations- und Medienminister. Moyo hatte vor einem Jahrzehnt die repressiven Medien- und Versammlungsgesetze eingeführt. Nun fürchten die Journalisten der nichtstaatlichen Medien, in den nächsten Jahren wieder mit häufigeren Verhaftungen. Mit einem massiverem Vorgehen rechnen auch die nicht unter staatlicher Fuchtel agierenden Radios, die in Simbabwe keine Chance auf Lizenzierung haben und deshalb aus dem Ausland auf Satellit oder auf Kurzwelle senden.

Was die mögliche Mugabe-Nachfolge betrifft, ist das Lager um Vizepräsidentin Joice Mujuru bei der Postenvergabe im Kabinett im Vorteil. Dennoch, auch ihr Kontrahent Mnangagwa ist als Verantwortlicher für Justiz, rechtliche und parlamentarische Angelegenheiten strategisch positioniert. Das letzte Wort ist nicht gesprochen. Für Mugabe steht die Loyalität im Vordergrund – und die zeigten bisher beide. Welcher Politiker Anhänger welcher Fraktion ist, hängt in der Regel auch nicht von tiefergehenden inhaltlichen Differenzen ab, es geht um Machtpolitik.

Ein wichtiges Projekt der ­ZANU-PF wird die Wiedereroberung der Städte sein. Ignatious Chombo, Minister für lokale Fragen, ist eine der Ausnahmen, die ihr Amt behalten. Er hatte im Wahlkampf die Streichung von Wasser- und Stromschulden der Bewohner angeordnet, was seiner Partei reichlich Stimmen brachte. Grundstückssteuer und Dienstleistungen wie die Wasserversorgung sind die einzige Einkommensquelle der von der oppositionellen MDC regierten großen Städte. Die werden durch den Schuldenerlaß für ihre Einwohner und die zentralistische Staatsstruktur weiter in die roten Zahlen getrieben, die Handlungsfähigkeit der Stadtregierungen weiter eingeschränkt. Der Stadtrat der Kapitale Harare soll bereits 330 Millionen US-Dollar gestrichen haben, die zweitgrößte Stadt Bulawayo 46 Millionen. In einer öffentlichen Rede hat Mugabe kürzlich diesen beiden Städten den Beistand gekündigt, weil sie seine Partei nicht bei der Wahl unterstützt hätten.

Im Großen und Ganzen herrscht im Land eine gedrückte Stimmung. Viele Simbabwer richten sich auf bleierne Jahre ein. Eine Organisation sozialen Widerstands ist von der in zwei Flügel gespaltenen MDC nicht zu erwarten, obwohl sie aus dem Massenwiderstand der 90er Jahre gegen die Auswirkungen der damals von der ­ZANU-PF betriebenen Privatisierungspolitik entstanden ist. Längst vertritt sie selbst eine neoliberale Marktpolitik und zeigt kein Interesse an der Mobilisierung der Bevölkerung, außer zu ihren eigenen Parteiveranstaltungen. Nach der katastrophalen und strategielosen Politik der vergangenen Jahre versucht die Parteiführung, Geschlossenheit zu zeigen. Lediglich Schatzmeister, Roy Bennett äußerte im südafrikanischen Exil öffentlich Kritik an Parteiführer Morgan Tsvangirai. In den kommenden Jahren will sich die MDC auf die verbesserte Versorgung der von ihr verwalteten Städte konzentrieren. Doch dieses Terrain wird die ZANU-PF ihr streitig zu machen.

* Aus: junge welt, Montag, 16. September 2013


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