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Britische Fallschirmspringer in Freetown eingerückt

Evakuierung britischer Staatsbürger aus Sierra Leone beginnt

Am 9. Mai beginnen britische Truppen mit der Evakuierung britischer Staatsbürger aus dem Bürgerkriegsland Sierra Leone. Darauf konzentriert sich die Berichterstattung in der Frankfurter Rundschau an diesem Tag.
Unter der Überschrift "London schickt Fallschirmjäger nach Sierra Leone" berichtet Christoph Link u.a.:


"...
Als erstes westliches Land verlegte Großbritannien am Montag eine Elitetruppe mit 800 Fallschirmjägern nach Westafrika, die bei einer Verschärfung der Krise in Sierra Leone die britischen Staatsbürger im Lande evakuieren soll. 250 Fallschirmjäger landeten am Flughafen von Freetown, der Rest bleibt im Senegal stationiert. Auch fünf britische Kriegsschiffe sind vom Mittelmeer an die westafrikanische Küste verlegt worden. Die Lage in dem Land habe sich seit dem Wochenende drastisch verschlechtert, erklärte der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon. London machte jedoch deutlich, dass seine Soldaten lediglich zur Vorsorge eingesetzt werden und die UN-Truppe nicht bei einer möglichen Befreiungsaktion unterstützen sollen."

Außerdem wird mitgeteilt, dass Großbritannien und die USA damit begannen, "entbehrliches Botschaftspersonal" aus Sierra Leone abzuziehen. Das Auswärtige Amt der Bundesrepublik fordert die deutschen Staatsbürger auf, sich in Sicherheitsfragen an die britische Botschaft oder die Vertretung der Vereinten Nationen zu wenden. Deutschland unterhält keine eigene Botschft in Freetown. Nach Angaben aus Berlin hielten sich 10 Deutsche in Sierra Leone auf.

Zur Lage der UN-Truppe im Land heißt es in dem Bericht weiter:

"Bereits am Sonntag hatte die UN-Truppe einen weiteren militärischen Rückschlag erlitten, wie erst jetzt bekannt wurde. Beim Versuch, mit zwei Hubschraubern die entführten und eingekesselten Blauhelmsoldaten bei Makeni mit Lebensmitteln zu versorgen, wurde ein Hubschrauber von Rebellen angeschossen und demoliert. Die Besatzung konnte sich an Bord der zweiten Maschine retten und entkommen.

Afrikanische Diplomaten bemühten sich weiter um eine Lösung der Krise. So führte der libysche Minister für Afrikanische Einheit, Ali Triki, ein längeres Gespräch mit dem an der Regierung beteiligten Rebellenführer Foday Sankoh. Triki betonte anschließend, Sankoh habe versprochen, "alles zu tun, um eine Befreiung der Geiseln zu erreichen". Für den heutigen Dienstag hat die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft in die nigerianische Hauptstadt Abuja zu einem Krisengipfel wegen Sierra Leone eingeladen: Nigeria, Ghana, Guinea, Liberia und Mali sind daran beteiligt.

Der stellvertretende Kommandeur der Fridenstruppe, Mohammed Garba, teilte mit, die Rebellen hätten ihren Vormarsch auf die Hauptstadt Freetown gestoppt. "Ich möchte der Öffentlichkeit versichern, dass es keinen Grund zur Beunruhigung gibt", sagte Garba.
Gleichwohl stiegen die Spannungen in Freetown. Tausende von Bürgern der Stadt versammelten sich zu einer Friedenskundgebung vor dem Wohnsitz von Rebellenführer Foday Sankoh. Dabei wurden offenbar vier Menschen getötet und viele weitere durch Gewehrschüsse verletzt. Wer genau die Schüsse abgab, war zunächst unklar. Die Demonstranten hatten die Freilassung der von Sankohs Revolutionärer Vereinigter Front (RUF) festgehaltenen UN-Soldaten verlangt und dabei nach Augenzeugenberichten Steine auf Sankohs Haus geworfen. Ein Demonstrant sagte nach Agenturangaben, Sankoh sein "ein Ungeheuer, das die Menschen in Sierra Leone umbringen will". Frühere Soldaten der Militärjunta unter Paul Koroma verlangten ihre Widerbewaffnung, um die Rebellen zu bekämpfen. In der Nacht zum Montag nahmen sie mehrere RUF-Führer fest und übergaben sie der Regierung."
Frankfurter Rundschau, 09.05.2000

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