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Kriminelles Zentrum

Drei Jahre unabhängiges Kosovo

Von Werner Pirker *

Mit dem Kosovo, das sich seit dem 17. Februar 2008 als unabhängiger Staat in Szene setzt, ist kein Staat zu machen. In den drei Jahren seiner erbärmlichen Existenz hat das widerrechtlich von Serbien losgetrennte Gebilde die schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen. Dessen Situation in der Unabhängigkeit gleicht der eines sich unter der Obhut des Jugendamtes befindlichen Halbstarken. Das Land am Amselfeld wird von der europäischen Rechtsstaatlichkeitskommission (EULEX) mehr schlecht als recht an der Kandare gehalten. Die von der EU ausgeübte Oberaufsicht hat an der Vorherrschaft der organisierten Kriminalität indes nicht das geringste geändert. Vom »serbischen Joch« befreit, ist die Provinz zudem zum größten US-Stützpunkt auf dem Balkan geworden – Camp Bondsteel, in unmittelbarer Nähe der Provinzhauptstadt Pristina gelegen, wird als die »Mutter aller US-Camps« bezeichnet.

75 unter den 192 UN-Mitgliedsländern haben das Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt, was weniger auf internationale Anerkennung als auf eine massive Nichtanerkennung der albanischen Sezession schließen läßt. Zwar versucht die westliche Kolonialverwaltung, ihre Schutzbefohlenen politisch korrekt auf die Achtung des multiethnischen Charakters der Provinz festzulegen, doch folgen diese einer strikt ethnozentrischen Staatsvorstellung, die sie mit brutalen »ethnischen Säuberungen« umzusetzen versuchten. Die in Nordkosovo verbliebenen Serben zeigen deshalb auch nicht die geringste Bereitschaft, mit der albanischen »Staatsnation« zusammen leben zu wollen.

In einem Staat, den der frühere UN-Untergeneralsekretär und gegenwärtige Europaabgeordnete Pino Arlacchi dieser Tage als im Besitz der Drogenmafia befindlich bezeichnete. Mafia und Regierung im Kosovo seien ein und dasselbe, sagte er. Der Drogenmafia-Experte nennt das Kosovo »kriminelles Zentrum Europas« und »Drehscheibe für den Heroinschmuggel aus Afghanistan«. In dieses Bild paßt die bevorstehende Ernennung des reichsten Kosovo-Albaners, Behgjet Pacolli, zum Präsidenten des Landes. Der milliardenschwere Bauunternehmer, Schweizer Staatsbürger und nunmehriger Vorsitzender der »Allianz Neues Kosovo«, war im Zuge eines Korruptionsskandals um die Restaurierung des Moskauer Kreml, in den auch die Familie Jelzin direkt verwickelt war, erstmals auffällig geworden. Die Ermittlungen wurden damals der Schweizerin Carla Del Ponte aufgetragen, die es in diesem Fall, anders als bei der Verfolgung angeblicher serbischer Kriegsverbrecher, aber an Einsatz fehlen ließ.

Nun ist der mafiose Baulöwe Koalitionspartner von Ministerpräsident Hashim Thaci, dem wiederum beste Beziehungen zur Organmafia nachgesagt werden. Es wächst zusammen, was zusammengehört. Die kosovo-albanische Bevölkerung aber kehrt in Massen ihrer »befreiten Heimat« den Rücken, um sich anderswo durchs Leben zu schlagen.

* junge Welt, 17. Februar 2011


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