1991 - Die erworbenen Rechte Kosovos
Europas Machenschaften und Ungerechtigkeiten gegenüber Kosovo
Von Christian Staub *
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag wird sich, nachdem die Uno-Vollversammlung einem entsprechenden Antrag Serbiens stattgegeben hat, mit der Frage beschäftigen, über die Experten geteilter Meinung sind, ob die einseitige Sezession Kosovos vom 17. Februar 2008 völkerrechtskonform war. In diesem Zusammenhang erachtet der Autor des folgenden Beitrags es als nützlich, die Rechtsstellung Kosovos unter der jugoslawischen Verfassung von 1974, die bis zum endgültigen Zusammenbruch Jugoslawiens 1991 galt, und die daraus ergebenden Folgen in Erinnerung zu rufen.
Die jugoslawische Verfassung von 1974 brachte sehr bedeutende Veränderungen in der gesamten Staatsord-nung Jugoslawiens und entsprach alles in allem den damals herrschenden Ansichten wie auch dem Wunsch der Völker, innerhalb eines gedeihenden jugoslawischen Gesamtstaates die je eigene nationale, politische und sogar wirtschaftliche Existenz zu führen. Das Ordnungsprinzip, das verwirklicht wurde, um ein geregeltes und gleichberechtigtes Zusammenleben der Menschen und Völker in Jugoslawien zu garantieren, wurde als kooperativer Föderalismus bezeichnet. Auf dieser Grundlage stattete die jugoslawische Verfassung die Föderationsglieder mit umfangreichen Rechten und Pflichten aus und etablierte zwischen ihnen eine wechselseitige und gleichberechtigte Kooperation.
Die Rechtstellung Kosovos
Die Stellung Kosovos in der Verfassungsordnung Jugoslawiens von 1974 als eine von den anderen Föderationsgliedern geschiedene, normativ vollwertige Einheit ist wenigen bekannt. Kosovo war den anderen sieben Föderationsgliedern (Kroatien, Serbien, Mazedonien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Vojvodina und Monte-negro) in allen rechtlichen Teilen und Bestimmungen, die normative Qualität hatten, gleichgestellt und genoss dieselbe weitgehende Verfassungs- und Gesetzgebungsautonomie und dieselben Mitwirkungsrechte in der Föderation. Das ganze Gebiet der Geltung der kosovarischen Verfassung, die kraft der und gestützt auf die Bundesverfassung erlassen wurde, konnte ohne die Zustimmung Kosovos nicht verändert werden. Auch eine Veränderung der völkerrechtlich garantierten Außengrenze Jugoslawiens bedurfte der Zustimmung Kosovos. Im Vergleich mit den Einheiten anderer europäischer Bundesstaaten war die Verfassungsautonomie der Föderationsglieder insofern groß, als diese weitgehend selbstständig über ihre interne Organisation entscheiden konnten. Die große Bedeutung, die den Föderationsgliedern, genauer ihren Verfassungen, innerhalb der jugoslawischen Rechtsordnung beigemessen wurde, zeigte sich z.B. auch daran, dass die Organe der Föderationsglieder im Verhältnis zu den Organen der Föderation selbstständig waren und zwischen ihnen grundsätzlich kein Über- oder Unterordnungsverhältnis bestand. Auf dem Felde der Gesetzgebung überließ die Bundesverfassung nahezu alle Politikbereiche der Regelung durch den gliedstaatlichen Gesetzgeber, und nur die auf gemeinsamen Interessen beruhenden, d.h. die klassischen, erstrangigen Bereiche übertrug sie weitgehend dem Bundesgesetzgeber. Im Bereich der Außenpolitik genossen alle acht Föderationsglieder sogar insofern eine verstärkte Position, als sie gegen außen im Rahmen beschränkter eigener Kompetenzen nicht über die Vermittlung der Bundesorgane, sondern selbstständig durch ihre «Außenministerien» wirkten.
Die normativ-rechtlichen Bestimmungen betrafen auch die Mitwirkungsrechte der Glieder in der Föderation und das Prinzip der Gleichstellung. Die Mitwirkungsrechte waren umfangreich und gewichtig, d.h. die Willensäußerungen der acht Glieder hatten einen entscheidenden Einfluss auf die Beschlussfassung in den verschiedenen Bundesorganen. Zu nennen sind die Beteiligung der Glieder an der Verfassungs- und Gesetzgebung der Föderation, die Beteiligung am Abschluss von bestimmten internationalen Verträgen und die Wahl der eigenen Delegierten in die verschiedenen Bundes-organe.
Auf dem Felde der Gleichstellung genoss Kosovo eine bevorzugte rechtliche Stellung innerhalb der Föderation, indem seine Bürger gestützt auf die Bundesverfassung, die kosovarische und die serbischen Verfassung im Besitz einer Art «doppelten Staatsbürgerschaft» waren. Sie konnten nämlich an der eigenen Gesetz- und Verfassungsgebung wie auch an der serbischen Gesetz- und Verfassungsgebung teilhaben. Das bedeutete allerdings nicht, dass Serbien damit die Befugnis bekommen hätte, in die Verfassungsordnung Kosovos hineinzuregieren; Serbien hatte auf dem kosovarischen Territorium nichts zu suchen.
Genoss Kosovo gemäß den maßgeblichen normativ-rechtlichen Verfassungsbestimmungen die Gleichstellung mit den anderen Föderationsgliedern, war dies in jenen Bestimmungen, die wegen ihrer deskriptiven, programmatischen oder proklamatorischen Eigenschaften keinen normativen Charakter hatten, d.h. als rechtlich nicht bindend qualifiziert wurden, und in der Namensgebung nicht der Fall. Im Verfassungstext wurde das normativ vollwertige Föderationsglied Kosovo nicht als Republik, sondern wie vor 1974 als autonome Provinz bezeichnet; oder mit anderen Worten: anderen Föderationsgliedern gab man nicht die Bezeichnung autonome Provinz, sondern sie waren der Bezeichnung nach Republiken. Des Weiteren hatte Kosovo in den nicht-normativen Bestimmungen z.B. mit deskriptivem Charakter im Vergleich zu anderen Föderationsgliedern eine mindere Stellung inne. Wurden die Föderationsglieder, die der Bezeichnung nach Republiken waren, in der Bundesverfassung als eigenständige Staaten umschrieben, wurde das Föderationsglied Kosovo, das der Bezeichnung nach eine autonome Provinz war, in den nicht-normativen Verfassungsbestimmungen als Gemeinschaft und als Teil Serbiens bezeichnet.
Hätte man sich auf die normativen Verfassungsbestimmungen gestützt, als man die acht Föderations-glieder und ihre Selbstständigkeit innerhalb der Föderation umschrieb, hätte dies folgerichtig zu einer einzigen, für sämtliche Föderationsglieder gleichlau-tenden Definition führen müssen. Stattdessen stützte man sich auf die Bezeichnung Republik oder autonome Provinz und musste so notgedrungen zu zwei verschiedenen Definitionen gelangen. Für die Rechtswissenschaft von herausragender Bedeutung sind in einem Verfassungstext jedoch nicht die Bezeichnungen, die unerheblich sind, noch die Umschreibung dieser unerheblichen Bezeichnungen, sondern ausschließlich die normativen Verfassungsbestimmungen.
Mehrmals wurde mit Blick auf die starke Stellung der Föderationsglieder innerhalb des jugoslawischen Verfassungsgefüges die Frage aufgeworfen, ob nun Jugoslawien oder seine acht Glieder souverän seien, d.h. ob die auf der Grundlage der normativen Rechtsakte getroffenen Anordnungen der Föderation oder die ihrer Glieder vorgingen. Diese Frage wurde nie beantwortet; vielmehr wurde darauf hingewiesen, dass die acht Glieder auf ihren jeweiligen Gebieten Entscheidungen trafen, welche im Vergleich miteinander die gleiche Geltung hatten.
Das Rechtsleben in Jugoslawien spielte sich in den darauffolgenden Jahren in dem Rahmen ab, den die Bundesverfassung entsprechend ihrem Zweck, das geordnete Miteinander und Nebeneinander der verschiedenen Völker und acht Glieder innerhalb der Föde-ration zu gewährleisten, normativ-rechtlich festgesetzt hatte.
Nach dem Tod Titos im Mai 1980 nahm das jugoslawische Staatspräsidium automatisch alle Rechte und Pflichten wahr, die es nach der jugoslawischen Verfassung hatte. Das Präsidium war als wirkliches Kollegialorgan konzipiert, in das jedes Föderationsglied einen Vertreter entsandte. Den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden wählte das Präsidium aus den Reihen seiner Mitglieder gemäß festgelegter Reihenfolge für je ein Jahr. Der Vorsitzende führte im Namen des Präsidiums das Oberkommando über die jugoslawischen Streitkräfte und vertrat das Land im Inland wie im Ausland. Formell besaß Jugoslawien keinen Staatspräsidenten, Staatsoberhaupt war vielmehr das Präsidium als Kollektiv.
Im Frühling 1986 war das Föderationsglied Kosovo an der Reihe. Sein Vertreter im Staatspräsidium wurde dessen rechtmäßiger Vorsitzender und damit symbolisch Staatspräsident Jugoslawiens. Er übte diese Funktion ohne Unterbrechung für ein Jahr aus. Wäre er aus irgendwelchem Grund für längere Zeit verhindert gewesen, wäre er durch den Vorsitzenden des Präsidiums Kosovos vertreten worden. Der Vertreter Kosovos stattete in der Eigenschaft als kosovarischer Staatspräsident Jugoslawiens wie seine Vorgänger europäischen und außereuropäischen Hauptstädten Besuche ab und nahm an vielen multilateralen Zusammenkünften teil.
Teilrevisionen der jugoslawischen Verfassung
Nach der kleineren Verfassungsrevision, die 1981 erfolgt war und weder die Verfassungs- und Gesetzgebungs-autonomie der Föderationsglieder noch ihre Teilhabe an der Staatsgewalt Jugoslawiens tangierten, wurde im November 1988 die Bundesverfassung von 1974 durch die Föderationsglieder zum zweiten Mal revidiert. Diese zweite Teilrevision war die letzte vor der definitiven Auslösung der Föderativen Republik Jugoslawien. Es handelte sich um eine umfangreiche Verfassungs-revision, die fast alle Bereiche des normativ-rechtlichen Teils der Bundesverfassung tangierte, und sie sollte vor allem der jugoslawischen Wirtschaft zugute kommen, die bedrohlich am Boden lag.
Entgegen der weitverbreiteten Meinung, die Revision der Bundesverfassung von 1974 würde auf Kosten Kosovos gehen, geschah im Bereich der normativ-rechtlichen Stellung der acht Föderationsglieder in der jugoslawischen Verfassungsordnung nichts. Unter Respektierung der normativ-rechtlichen Gleichheit in der Bundesverfassung wurden weder die Verfassungsautonomie Kosovos noch seine große Gesetzgebungsautonomie, d.h. seine Eigenständigkeit bei der Setzung von Landesrecht und bei der Festlegung der Landespolitik eingeschränkt oder eliminiert. Ebenso wenig erfuhr seine gleichberechtigte Teilhabe an der Bundesgewalt eine Einschränkung.
Immerhin gestand die Bundesverfassung Kosovo eine weitere Kompetenzerweiterung im Bereich der serbischen «Außenpolitik» zu. Über die eigenständige Verwirklichung seiner «Außenpolitik» hinaus durfte Kosovo, wenn dies die serbische Verfassung so bestimmte, sich auch an der serbischen «Außenpolitik» beteiligen. Neben rein kosovarischen Delegationen, die außerhalb Jugoslawiens in Erscheinung traten, gab es rein serbische Delegationen und, wenn dies durch die serbische Verfassung bestimmt war, auch serbische Delegationen mit Funktionsträgern aus dem Föderationsglied Kosovo.
Eingriffe in die Verfassungsordnungen Montenegros, Vojvodinas und Kosovos
Hatte Milosevic, seit September 1987 faktischer Alleinherrscher in Serbien, bereits in die Verfassungsordnungen Montenegros und Vojvodinas eingegriffen, gelang ihm dies im Frühling 1989 auch in Kosovo. Entgegen der weitverbreiteten Meinung hat Milosevic aber die Verfassungs- und Gesetzesautonomie Kosovos nicht aufgehoben. Denn zum einen gab die jugoslawische Bundesverfassung nicht die Grundlage dazu ab, zum anderen war die Verfassung Kosovos nicht Gegenstand der Abstimmung in Pristina im März 1989 (sondern die Verfassung Serbiens). Deshalb konnte Serbien auch nicht im Stande sein, den Bürgern Kosovos die auf der Bundesverfassung beruhende kosovarische «Staatsbürgerschaft» wegzunehmen. So wenig es möglich gewesen wäre, dass z.B. Kroatien dem Föderationsglied Slowenien rechtlich die Autonomie hätte entziehen könnten, so wenig konnte eines der Föderationsglieder Kosovo und Serbien die durch die Bundesverfassung festgelegte und garantierte Autonomie des jeweils anderen aufheben. Dies wäre ebenso abwegig, wie wenn das Land Hamburg in der Lage wäre, die Verfassungs- und Gesetzgebungsautonomie eines anderen Bundesgliedes, z.B. Bayerns, aufzuheben.
Unabhängigkeitserklärung Kosovos und Antrag auf Anerkennung als Staat
Als Folge der Politik Serbiens in den Jahren 1989/90, das ohne Rücksicht auf die Verfassungsordnungen der übrigen föderativen Einheiten seine Forderungen Wirklichkeit werden lassen wollte, erklärten sich die
Föderationsglieder Slowenien und Kroatien 1991 als unabhängig. Im Gleichschritt mit Mazedonien, aber noch vor Bosnien-Herzegowina, erklärte die Bevölkerung Kosovos im selben Jahr gestützt auf ein zuvor durchgeführtes verfassungskonformes Referendum die Souveränität und Unabhängigkeit Kosovos und beantragte -- ebenfalls im Gleichschritt mit den nunmehr anderen bestehenden jugoslawischen Staaten -- mittels offiziellen Schreibens der kosovarischen Regierung die formelle Anerkennung Kosovos als souveräner Staat beim damaligen Vorsitzenden der Jugoslawienkonferenz und bei den zwölf EG-Außenministern. Das offizielle Dokument, in dem die formelle Anerkennung der Re-publik Kosovo als souveräner und unabhängiger Staat beantragt wurde, ist bei der Badinter-Kommission nie angekommen.
Beschritt Kosovo in der Folge bis zum Dayton-Abkommen Ende 1995 den Weg des gewaltfreien Widerstandes im Kampf um die Befreiung seines Territoriums, warb die kosovarische Regierung derweilen im Gegenzug bei den europäischen Exekutiven unablässig um die Anerkennung der Souveränität und Unabhängigkeit des demokratisch konstituierten Staates. Der spätere Kosovo-Krieg, in den die Nato auf der Seite Kosovos eintrat, ging insofern erfolgreich zu Ende, als das kosovarische Hoheitsgebiet, so wie es seinerzeit von der jugoslawischen und der kosovarischen Verfassung festgelegt worden war, vollständig befreit wurde. Nach dem Beispiel anderer europäischer Staaten aber, die in der entfernten Vergangenheit schwere Einschränkungen ihrer Souveränität durch andere Staaten zu erdulden hatten, wurden auch in Kosovo fremde Institutionen errichtet, welche die staatliche Souveränität Kosovos rechtlich oder faktisch bis heute einschränken sollen.
Wie andere vormalige Föderationsglieder ist Kosovo durch die Verkündigung der Selbstständigkeit und Souveränität im Jahr 1991 seit dem Zusammenbruch der verfassungsmäßigen Ordnung Jugoslawiens als Staat konstituiert. Eine Anerkennung Kosovos als Staat auf der Grundlage der jugoslawischen Verfassung von 1974 durch alle europäischen Länder und die Weltgemeinschaft wäre somit Ausfluss von Recht, Demokratie und Freiheit.
Verfassungs- und völkerrechtliches Selbstbestimmungs- und Sezessionsrecht?
Im ersten von neun Grundsätzen des einleitenden Teils der jugoslawischen Verfassung von 1974 fand das Sezessionsrecht Erwähnung. Diese Verfassungsgrund-sätze hatten jedoch keinen normativen Charakter. In den normativen Bestimmungen und Teilen der Bundesverfassung wurde ein Austrittsrecht nicht erwähnt, lediglich die Änderung der Staatsgrenzen dergestalt geregelt, dass sämtliche Föderationsglieder der Änderung der Außengrenze zustimmen mussten. Die sprachliche Fassung des nicht-normativen Satzes, in dem das Selbstbestimmungsrecht erwähnt wurde, deutete ausser-dem auf einen abgeschlossenen geschichtlichen Vorgang und nicht darauf, dass ein neues Recht hätte statuiert werden sollen. Dadurch war im Zeitpunkt der Schaffung der Bundesrepublik Jugoslawien, d. h. als die Bundesverfassung im Jahr 1974 in Kraft trat, das Selbstbestimmungsrecht samt Sezessionsrecht konsumiert worden.
Aus völkerrechtlicher Sicht sind Selbstbestimmungsrecht und Sezessionsrecht nicht miteinander identisch. Das Selbstbestimmungsrecht, das allen Völkern zusteht, spitzt sich nur in einer bestimmten Situation zum Sezes-sionsrecht zu. Das juristische Hauptproblem besteht nun gerade in der Frage, in welcher Situation ein Rechts-anspruch eines Volkes oder einer Volksgruppe auf Sezession von einem Staatsverband, als eine Konsequenz der Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts, entsteht. Bestrebt, vorab die Souveränität bestehender Staaten und ihre territoriale Integrität aufrechtzuerhalten, gibt das Völkerrecht einem Volk oder einem identifizierbaren Teil davon nur in außergewöhnlichen Fällen ein Recht auf Lossagung vom bisherigen Staatsverband, etwa wenn eine Staatsmaschinerie zum Terrorapparat wird, der spezifische Bevölkerungsgruppen verfolgt, denn diese Gruppen können nicht verpflichtet gehalten werden, loyal unter der Jurisdiktion dieses Staates zu verbleiben. Völkermord ist das höchste von allen internationalen Verbrechen. Jede Regierung, welche sich in Völkermord einlässt, verliert ihr Recht, von den Bürgern, auf die sie es dabei abzielt, Gehorsam zu erwarten und zu fordern. Denn wenn Völkerrecht seinen eigenen Prämissen treu bleiben will, muss es den tatsächlichen Opfern ein Mittel geben, das ihnen ermöglicht, in Würde zu leben. Neben der Gefährdung oder der Vernichtung der Existenz eines Volkes durch den Souveränitätsträger des Territoriums, in dem es lebt, dürften die außergewöhnlichen, extremen Umstände, die das Sezessionsrecht rechtfertigen, auch die untolerierbare Diskriminierung eines Volkes wegen seiner Eigenart oder die Verweigerung von kulturellem Pluralismus einschließen. Von allen acht Föderationsgliedern sollte nur Kosovo und seine Bevölkerung eine außergewöhnliche Situation, sei diese im engen oder weiten Sinn interpretiert, durchleben, und zwar von 1989 bis 1991 (und, falls Kosovo ab 1991 kein souveräner Staat gewesen wäre, dann vor allem in den Jahren 1998/99).
* Christian Staub (christianstaub.com) ist Autor verschiedener Bücher. Dieser Artikel stützt sich auf die kürzlich erschienene Schrift «Kosovo. Eine rechtliche Analyse». Das Buch gibt auch einen umfassenden Einblick in die Geschichte Kosovos.
Abschluss des Manuskripts: 28. Dez. 2008
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