Wahlfieber in Senegal
80-jähriger Präsident Abdoulaye Wade will es noch einmal wissen
Die aktuelle Meldung zum Wahlausgang:
Im Senegal steht nach der Präsidentschaftswahl der Sieg von Staatschef Abdoulaye Wade fest: Die senegalesische Wahlkommission bestätigte am Donnerstag, dass der 80-Jährige knapp 56 Prozent der Stimmen erhalten und die Wahl damit im ersten Durchgang gewonnen habe. Insgesamt hätten am Sonntag über 1,9 der mehr als 3,4 Millionen Wähler für ihn gestimmt. Die Wahlbeteiligung lag den Angaben zufolge bei gut 70 Prozent. Die amtlichen Ergebnisse bestätigten, was die Medien in den vergangenen Tagen berichtet hatten. Bevor das Ergebnis aber wirklich gültig ist, muss es noch der Verfassungsrat billigen. (AFP, 1. März 2007)
Von Haidy Damm *
Am Sonntag (25. Februar) wird im Senegal ein neuer Präsident gewählt. Der Ausgang wird mit Spannung
erwartet, denn in den vergangenen Tagen kam es mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen
Anhängern einzelner Parteien.
Präsident Abdoulaye Wade (Demokratische Partei Senegals) musste seinen Wahlkampfauftritt in
der Fischerstadt Kayar, zwei Stunden nördlich der Hauptstadt Dakar, nach Protesten abbrechen. Die
20 000-Einwohner-Stadt zählt zu den Hochburgen seines Herausforderers Idrissa Seck. Auch in
anderen Städten kam es zu Demonstrationen. Unterstützer des Präsidenten sollen Anhänger Secks
in Dakar mit Steinen beworfen und mit Stöcken geschlagen haben.
Die beiden Politiker geben sich nach langem Streit wieder versöhnlich. Der Präsident hatte seinen
früheren Premierminister als seinen »Sohn« zu sich eingeladen und ihm vorgeschlagen, in die
Regierungspartei zurückzukehren. Doch Seck hat eigene Pläne. Der 47-Jährige, der von 2002 bis
2004 unter Wade Regierungschef war, hat seine eigene liberale Partei REWMI (»Das Land«)
gegründet und macht sich Hoffnungen auf das Präsidentenamt.
Neben Seck gilt auch der Kandidat des linksgerichteten Wahlbündnisses »Alternative 2007«,
Moustapha Niasse, als chancenreich. Der 67-Jährige ist Generalsekretär der Allianz der
Fortschrittskräfte (AFP). Dritter ernsthafter Herausforderer Wades unter den insgesamt 15
Kandidaten ist Ousmane Tanor Dieng (60), der Generalsekretär der Sozialistischen Partei (PS) und
Vorsitzende des Afrika-Komitees der Sozialistischen Internationale (SI).
Der 80-jährige Wade stellt sich ein letztes Mal zur Wahl. Er hatte 2000 Abdou Diouf abgelöst,
dessen PS 40 Jahre lang regierte.
Neben dem Staatsoberhaupt sollten die Senegalesen am Sonntag eigentlich auch ein neues
Parlament wählen. Der Präsident hatte die ursprünglich für 2005 angesetzten Parlamentswahlen
verschoben, nachdem Überschwemmungen rund 50 000 Menschen obdachlos gemacht hatten.
Wade versprach damals Soforthilfe und legte angesichts der Summen, die dafür notwendig seien,
die Abstimmung mit den Präsidentschaftswahlen zusammen. Jetzt wurden die Parlamentswahlen
jedoch erneut verschoben, was dem Präsidenten scharfe Kritik der Opposition einbrachte. Bei
Protestdemonstrationen in Dakar wurden im Januar zahlreiche Oppositionelle verhaftet.
Wichtiges Wahlkampfthema ist die Migration. Nach Angaben des Roten Kreuzes kommen 71
Prozent der Bootsflüchtlinge, die an den Küsten der Kanarischen Inseln landen, aus Senegal.
Mehrere Hundert kamen bei der waghalsigen Überfahrt ums Leben. Um die »heimliche Migration«,
wie die Flucht in Senegal genannt wird, einzudämmen, hatte die Regierung ein
Rückführungsabkommen mit Spanien akzeptiert. Im Gegenzug sollen rund 4000 Senegalesen noch
in diesem Jahr eine Arbeitserlaubnis für Europa erhalten. In Senegal wird die Arbeitslosigkeit auf 40
Prozent geschätzt. Besonders jugendliche Wähler werfen der Regierung vor, nicht genügend
dagegen zu unternehmen.
Zudem nimmt das Fischereiabkommen mit der Europäischen Union vielen Fischern ihre
Existenzgrundlage. Seit 1981 verkauft Senegal einen Teil seiner Fischfangrechte unter anderem an
die EU. Und deren hochmoderne Fangflotte fischt vor den Augen der senegalesischen Kleinfischer
das Meer leer. »In Senegal sind 80 Prozent der Menschen vom Fischfang abhängig«, erläutert
Abdoulaye Diop, Präsident der Vereinigung der Fischer von Kayar. »Jeden Tag wird der Fisch
weniger, deshalb bekämpfen wir das Abkommen.«
Bauernverbände kritisieren zudem die Abhängigkeit des Landes von Nahrungsmittelimporten.
Während Erdnüsse exportiert werden, müssten Weizen zu 100 Prozent, Reis zu 80 Prozent und
Milchpulver zu 70 Prozent eingefühhrt werden. Präsident Wade hatte zu Beginn seiner Amtszeit auf
Druck des Internationalen Währungsfonds einen wirtschaftsliberalen Kurs gefahren und die
Importzölle radikal gesenkt. Die derart verbilligten Einfuhren – unter anderem aus der EU – raubten
vielen einheimischen Kleinbauern die Existenzgrundlage.
Die Wähler des westafrikanischen Landes können am Sonntag (25. Februar) bekunden, wem sie eine Lösung der
Probleme zutrauen. Kenner sagen voraus, dass es nach der ersten Runde zu einer Stichwahl
zwischen Wade und einem seiner Rivalen kommen wird.
* Aus: Neues Deutschland, 24. Februar 2007
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