Verteidigungsminister stolperte über Waffendeal
Schweden: Geschäft mit Saudi-Arabien verletzte offensichtlich Exportregelungen
Von Gregor Putensen *
Offiziell spielten die schwedischen
Rüstungsgeschäfte mit Saudi-Arabien
beim Rücktritt des Verteidigungsministers
keine Rolle. Dass sie jedoch
der eigentliche Grund für die Demission
sind, ist ein offenes Geheimnis.
Auf einer Pressekonferenz Mitte
der Woche gab der Verteidigungsminister
Schwedens seinen
Rücktritt bekannt. Ungewöhnlich
für das Ritual einer Amtsniederlegung
war Sten Tolgfors von seinem
Dienstherren, Regierungschef
Fredrik Reinfeldt, flankiert.
Dieser dankte in blumigen Worten
seinem Minister, brachte zugleich
aber sein Verständnis für
Tolgfors »Bedürfnis nach mehr
Rückzugsmöglichkeiten ins Familienleben« zum Ausdruck.
Ebenso ungewöhnlich war, dass
auf der Pressekonferenz keine
Fragen gestellt werden konnten.
Dies hatte einen handfesten
Grund: der Waffendeal Schwedens
mit Saudi-Arabien, über den
von offizieller Seite bisher wenig
gesagt wurde.
In seiner Rücktrittserklärung
ging Tolgfors, wie Premier Reinfeldt
von der konservativen
Sammlungspartei, lediglich mit einem
dürren Satz auf das skandalöse
Abkommen ein: Er habe
seiner Anfang März abgegebenen
Erklärung nichts hinzuzufügen.
Umso mehr erging er sich im
Selbstlob über seine Erfolge bei der
Umwandlung der Streitkräfte des
Landes zu einer effektiven, im internationalen
Verbund weltweit
einsetzbaren Streitmacht. Hierbei
hob er mit besonderer Genugtuung
die Anerkennung der militärischen
Einsatzbereitschaft
Schwedens durch die führenden
NATO-Mächte hervor.
Das erste Zusammenarbeitsabkommen
mit den Saudis war jedoch
bereits 2005, zwei Jahre vor
Tolgfors Amtsantritt, noch unter
der sozialdemokratischen Regierung
unterzeichnet worden. Ab
2007 wurden auf Drängen von Riad
die ersten konkreten Schritte
eingeleitet, die den Bau einer Waffenfabrik
in und den Transfer von
Raketentechnologien nach Saudi-
Arabien vorsahen. Dies stand jedoch
im diametralen Gegensatz zu
den Regeln der schwedischen Gesetzgebung
für Waffen- und Rüstungsgüter.
Diese erlaubt Lieferungen
nur, wenn die Empfänger
nach westlichen Kriterien für Demokratie
und Menschenrechte geprüft
wurden. Diese Regeln wurden
– trotz gegenwärtig noch offener
Ergebnisse der Untersuchungen
des Verfassungs- und
Justizausschusses des Reichstags
– offensichtlich mit Füßen getreten.
Verwickelt ist, soviel scheint
bereits sicher, auch das dem Verteidigungsministerium
unterstellte
Forschungsinstitut der Streitkräfte
FOI.
Die Linkspartei forderte als
einzige Partei seit Längerem den
Rücktritt des Verteidigungsministers.
Übergangsweise übernahm
Infrastrukturministerin Katharina
Elmsäter-Swärd – ebenfalls von
der konservativen Sammlungspartei
– das Verteidigungsressort.
* Aus: neues deutschland, Samstag, 31. März 2012
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