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Zu Befehl, Frau Hauptmann!

Schweden hat wieder eine Verteidigungsministerin

Von Gregor Putensen *

Drei Wochen war der Posten des schwedischen Verteidigungsministers verwaist. Amtsinhaber Sten Tolgfors hatte seinen Helm abgeben müssen, nachdem ein skandalöser Rüstungsdeal mit Saudi-Arabien bekannt geworden war: Das seinem Ministerium unterstellte Forschungsinstitut FOI war an Planungen zum Bau einer Waffenfabrik im Ölstaat beteiligt.

In dieser Woche endlich präsentierte Schwedens Regierungschef Fredrik Reinfeldt von der konservativen Moderaten Sammlungspartei seine Parteikollegin Karin Enström als neue Chefin des Verteidigungsressorts.

Die Ministerin steht vor der Aufgabe, im Rahmen eines für die nächsten drei Jahre vereinbarten und weitgehend gleichbleibenden Rüstungsbudgets die Reform der schwedischen Streitkräfte zu vollenden. Aus einer Wehrpflichtigenarmee soll eine aus Berufs- und Vertragspersonal bestehende Truppe werden, die vorrangig international interventionsfähig ist.

Die 1966 in Uppsala geborene Karin Enström war selbst Militärangehörige. 1987 legte sie ihr Offiziersexamen ab, zuletzt war sie Hauptmann einer Schwimmpanzer-Kampfeinheit. Seit 1998 Parlamentsabgeordnete der konservativen Sammlungspartei, leitete sie unter anderem den Reichstagsausschuss für Verteidigungsfragen und war maßgeblich an der Ausarbeitung der Streitkräftereform in der bürgerlichen Vier-Parteien-Koalition beteiligt.

Die schwedische Rüstungsindustrie erhofft sich von der neuen Ministerin im Rahmen der ins Auge gefassten Beschaffungsmaßnahmen für Schwedens Streitkräfte vor allem die milliardenschwere Weiterentwicklung solcher Großprojekte wie des Vielzweckkampfflugzeug JAS Gripen und des U-Bootbaus. Enström gilt als nachdrückliche Befürworterin einer möglichst umfassenden Annäherung des Landes an die NATO. Sie ist nicht die erste weibliche Verteidigungsministerin Schwedens. Bereits in der 2006 abgewählten sozialdemokratischen Regierung unter Premier Göran Persson amtierte mit Leni Björklund eine Frau mehrere Jahre lang als Chefin im Militärressort. Auch im benachbarten Finnland war von 1991 bis 1995 eine Frau - Elisabeth Rehn - Verteidigungsministerin.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 21. April 2012


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