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Eisiges Klima am Persischen Golf

Saudi-Arabien und die Vereinigten Emirate wenden sich gegen Katar, das die Muslimbrüder unterstützt

Von Oliver Eberhardt *

Es gärt gewaltig in der Golfregion. Die Ölmonarchien gehen geschlossen gegen das Emirat Katar vor, das Muslimbrüder in anderen Staaten unterstützt.

Der Abzug des Botschafters aus Katar war nur der Anfang: Saudi-Arabien bereitet neue Zwangsmaßnahmen gegen das Golfemirat vor. Demnächst sollen alle Medienbüros Katars in Saudi-Arabien geschlossen werden.

Mit der Verärgerung über Katars Außenpolitik steht Saudi-Arabien nicht allein. In einer gemeinsamen Mitteilung erklärten die Regierungen Bahrains, Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate, man habe die Botschafter aus der katarischen Hauptstadt Doha abgezogen, weil Katars Regierung sich nicht an Zusagen gehalten habe, »keine Organisationen oder Personen zu unterstützen, die die Stabilität und Sicherheit der Golfstaaten durch sicherheitsrelevante Aktivitäten oder politische Einflussnahme bedrohen«. Außerdem fördere Katar feindliche Medien – eine direkte Anspielung auf den Sender »Al Dschasira«, der seinen Sitz in Doha hat und von der katarischen Regierung unterstützt wird.

Vor allem von der ägyptischen Führung wird der Sender derzeit als Staatsfeind gesehen, weil er während des Umsturzes im Sommer vergangenen Jahres den Sichtweisen der Muslimbruderschaft und des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi viel Sendezeit einräumte. Zur Zeit stehen in Kairo neun Mitarbeiter des Senders vor Gericht, denen unter anderem die »Verbreitung falscher Nachrichten« vorgeworfen wird.

Aber nicht nur deshalb begrüßte die Übergangsregierung in Kairo den Schritt der drei Golfstaaten: Bereits seit Längerem lag Kairo mit Doha im Streit, weil dort mehrere Funktionäre der Muslimbruderschaft Zuflucht gefunden hatten, und die dortige Regierung auch sonst die Nähe moderater Islamisten sucht, »wohl in der Hoffnung, im Schatten des arabischen Frühlings den eigenen Einfluss in der arabischen Welt auszubauen«, wie ein Autor der »New York Times« vermutete.

Bislang war jedoch allgemein davon ausgegangen worden, dass Kairo dies dazu nutzt, um Finanzhilfen und kostenlose Lieferungen von Flüssiggas aus Katar zu bekommen – eine Rechnung, die zumindest zeitweise aufging: Noch kurz nach dem Sturz Mursis schickte Katar insgesamt fünf Gastanker nach Ägypten und half damit, die Versorgungslage zu entspannen.

Doch in den Gesprächen über weitere Lieferungen habe Katars Regierung gefordert, Kairo solle sein Vorgehen gegen die Muslimbruderschaft herunterfahren, heißt es aus dem ägyptischen Außenministerium. Im Ergebnis zog Kairo Anfang Februar seinen Botschafter aus Doha ab – ein Schritt, der erst später bekannt gegeben wurde. So tief sitzt das Misstrauen in Ägypten mittlerweile, dass Reisende aus Katar an den Grenzübergängen verschärft kontrolliert werden.

Es war eine ähnliche Stimmungslage auch auf der Arabischen Halbinsel, die dazu geführt hat, dass nun auch die anderen drei Botschafter die Heimreise antreten. »Wir sind alle Mitglieder des Golf-Kooperationsrates«, sagte ein Sprecher des Außenministeriums der Vereinigten Arabischen Emirate, »Wir haben eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik vereinbart. Katar hat diese Vereinbarungen wiederholt gebrochen und auf eine Art und Weise gehandelt, die unseren gemeinsamen Interessen widerspricht.«

Saudi-Arabiens Regierung fügt diesen scharfen Worten noch eine Drohung hinzu: Sollte Doha nicht nachhaltig den Kurs ändern, sei es auch möglich, dass die Grenzübergänge geschlossen und Überflugrechte verweigert werden. Geschähe dies, würde die einzige noch offene zivile Flugroute von und nach Katar über Iran führen – ein Land, das in dem Streit ebenfalls eine Rolle spielt.

Wichtigster Daseinsgrund des Golf-Kooperationsrates ist es, mit militärischer Rückendeckung der USA ein Gegengewicht zu Iran zu bilden. Doch auch diesbezüglich handelte Katar in den vergangenen Jahren eigenwillig: Statt auf Isolation setzte man auf Dialog mit dem Staat auf der anderen Seite des Persischen Golfs, während sich auf katarischem Gebiet eine große US-Militärbasis befindet.

Man hoffe, dass die vier Golfstaaten ihre Differenzen im Interesse der regionalen Sicherheit rasch beilegen, sagt Jen Psaki, Sprecherin des US-Außenministeriums. Doch man werde seinen Einfluss in der Region nicht nutzen, um die vier Länder zu bewegen sich zusammenzuraufen. Aus gutem Grund, wie ein US-Diplomat in der Region sagt: »Uns sind die katarischen Sonderwege auch ein Dorn im Auge.«

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 13. März 2014





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