Staatschef bis auf weiteres
Der neue Präsident Sambias heißt Edgar Lungu, doch schon im kommenden Jahr wird erneut gewählt
Von Christian Selz *
Am Ende ging doch alles ganz schnell: Nachdem Sambias Wahlkommission Edgar Lungu am Samstag mit dreitägiger Verspätung zum Sieger der Präsidentschaftswahlen erklärt hatte, ließ der sich bereits am Sonntag in der Hauptstadt Lusaka vereidigen. Wegen starker Regenfälle, die in manchen Landesteilen den Transport der Stimmzettel behindert hatten, waren die Wahllokale am Mittwoch vergangener Woche für einen zusätzlichen Tag geöffnet worden, auch die Auszählung hatte sich anschließend verzögert. Letztendlich setzte sich mit Lungu der Kandidat der seit 2011 regierenden Patriotic Front (PF) mit 48,3 Prozent der Stimmen durch. Er löst Guy Scott ab, der das Land nach dem Tod des bisherigen Präsidenten Michael Sata im Oktober vergangenen Jahres interimsweise regiert hatte.
Die Beobachtermission der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) erklärte die Wahl bereits am Mittwoch – also noch vor Ende der Stimmabgabe – für frei, fair und glaubwürdig, die Vorsitzende der Afrikanischen Union, Nkosazana Dlamini-Zuma, gratulierte am Sonntag zu »einer beispielhaften, erfolgreichen und friedlichen Wahl«. Lungus mit 46,7 Prozent denkbar knapp unterlegener Herausforderer Hakainde Hichilema sprach dagegen noch vor der Bekanntgabe der Ergebnisse von Wahlbetrug.
»Edgar Lungu wird ein illegitimer Präsident sein«, legte der millionenschwere Agrarunternehmer Hichilema am Samstag während einer Pressekonferenz in Lusaka nach. Seine Niederlage gestand er dennoch ein. Seine Anhänger rief er auf, ruhig zu bleiben. »Leute, die Wahlen fälschen, kommen und gehen, das Volk Sambias bleibt«, so Hichilema, der offensichtlich auf die erneuten, turnusmäßigen Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr spekuliert.
Die Patriotic Front steht somit weiter unter Druck, zumal der Oppositionsführer, der während seiner Kampagne für eine noch stärkere Öffnung des Landes für internationale Investoren warb, sich der Unterstützung der großen Konzerne sicher sein dürfte. Sambia ist stark abhängig vom Kupferbergbau, der für rund 85 Prozent des Exportvolumens verantwortlich ist. Um die Bevölkerung am Ressourcenreichtum stärker teilhaben zu lassen, hatte der linkspatriotische Interimspräsident Scott die Förderabgaben erhöht. Lungu will daran einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge festhalten, obwohl die Bergbaukonzerne jüngst gedroht hatten, Minen stillzulegen und Tausende Kumpel zu entlassen.
Vieles spricht dafür, dass die Patriotic Front auch unter Lungu ihren sozialdemokratisch geprägten Kurs beibehalten wird. Innerhalb der Partei waren nach Satas Tod schwere Flügelkämpfe ausgebrochen. Scott, der als Sohn britischer Einwanderer zu den Wahlen nicht antreten durfte, weil seine Eltern keine gebürtigen Sambier waren, hatte Lungu Anfang November vergangenen Jahres zunächst als Generalsekretär der Partei entlassen, seinen Schritt aber nach einer kurzen Welle teils gewaltsamer Proteste wieder rückgängig gemacht. Das Lager Lungus, der unter Sata Verteidigungs- und Justizminister in Personalunion war, versuchte daraufhin, Scott aus der Partei auszuschließen und als Interimspräsident abzusetzen. Im Wahlkampf zeigte sich die PF jedoch wieder als Einheit – und Lungu wird im Hinblick auf die erneute Abstimmung im kommenden Jahr alles daran setzen, diesen Zustand beizubehalten.
Sein politisches Überleben dürfte dann aber auch eng mit der Entwicklung des Landes zusammenhängen, in dem noch immer mehr als die Hälfte der Einwohner unter der Armutsgrenze lebt. Während die Regierung die Förderung der Bodenschätze der Privatindustrie überlässt, versucht sie gleichzeitig, über die höhere Besteuerung der Konzerne die soziale Versorgung im Land zu verbessern. Torpediert wird der Plan jedoch durch Preismanipulationen seitens der Großkonzerne, die die Rohstoffausfuhr über Briefkastengesellschaften in Steueroasen abwickeln und sich so künstlich arm rechnen können. Auf seinem Weg aus sambischen Böden in schweizerische Unternehmensbilanzen steigt der Wert des Kupfers so beträchtlich, ohne dass die Behörden des südafrikanischen Landes bedeutende Möglichkeiten hätten, dagegen vorzugehen.
* Aus: junge Welt, Dienstag, 27. Januar 2015
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