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Wohlstand nur in der Hauptstadt

Salomonen: Parlamentswahlen sollen Prozeß der Stabilisierung fortsetzen

Von Thomas Berger *

Am Mittwoch (4. Aug.) werden auf den Salomonen im Südpazifik die 50 Abgeordneten des Parlaments gewählt. Das ist mehr als nur ein Stimmungstest zwischen der scheidenden Regierung unter Premier Derek Sikua sowie seinem Vorgänger Manesseh Sogavare, der die größte Oppositionskraft anführt. Die Abstimmung soll auch demonstrieren, ob der Inselstaat von der Liste der größten Problemfälle in der Region gestrichen werden kann.

2003 hatten Australien und Neuseeland mehrere Hundert Soldaten und Polizisten in Marsch gesetzt, um ein Abgleiten der Salomonen ins Chaos zu verhindern. Doch politische Stabilität brachten sie nicht, und bei den Einheimischen ist die Truppe ohnehin nicht beliebt. Auch der damalige Premier Sogavare stichelte von Mitte 2006 bis zu seinem Sturz im Dezember 2007 offen gegen Australien und brüskierte den großen Nachbarn mehrfach. Höhepunkt war die Ernennung von Julian Motis zum Generalstaatsanwalt, obwohl er in Australien wegen Kindersex-Vorwürfen zur Fahndung ausgeschrieben war.

Von der Krise zwischen 1998 und 2003, als sich Milizen von der Hauptinsel Guadalcanal und des benachbarten Malaita mit Waffengewalt bekämpften, hat sich das Land immerhin erholt. 20000 aus Malaita stammende Menschen waren damals von der Hauptinsel vertrieben worden. Später türmten der Mord an einem Minister, der Tod eines Rebellenführers und finanzielle Schwierigkeiten sowie ein schwerer Zyklon einen Berg von Problemen auf. Die meist kurzlebigen Regierungen waren allerdings stets mehr mit sich selbst als mit den Sorgen ihrer Landsleute beschäftigt.

Das erst seit 1978 von Großbritannien unabhängige Land ist Exporteur von Fisch, Holz und Palmöl, was in der Vergleichsstatistik mit den Nachbarn durchaus ein wenig Wohlstand bringt. Vor allem in den ländlichen Regionen kommt davon aber so gut wie nichts an. Tarcisius Kabutaulaka, Dozent an der Hawaii University und einer der führenden Intellektuellen des Landes, hat wenig Hoffnung, daß sich das durch diese Wahlen ändern wird und warnt öffentlich davor, die Einwohner jenseits der Hauptstadt Honiara einmal mehr mit leeren Versprechen zu enttäuschen.

Überzeugende Konzepte haben aber weder Amtsinhaber Derek Sikua noch sein Kontrahent Sogavare zu bieten. Manche Kandidaten setzen deshalb auf die Einschüchterung der Wähler, wie aus Beschwerden bei der Wahlkommission hervorgeht. Deren Chef Policarp Haununu mahnte die Kandidaten zu einem ordnungsgemäßen Verhalten. Sowohl seine Behörde als auch die Polizei wollten freie, faire und sichere Wahlen gewährleisten, Gesetzesbrüche werde man nicht dulden.

* Aus: junge Welt, 3. August 2010


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