Versöhnliche Töne
Optimismus beim russisch-US-amerikanischen Gipfel in Moskau
Von Rainer Rupp *
Beim Gipfeltreffen des US-Präsidenten Barack Obama mit seinem
Amtskollegen Dmitri Medwedew ist Erklärungen beider Seite zufolge ein
neuer, kooperativer Ton in den russisch-amerikanischen Beziehungen
angeschlagen worden. Über alle Mißtöne wurde von russischer Seite
geflissentlich hinweggesehen. So auch darüber, daß Obama vor seiner
Anreise erklärt hatte, der russische Ministerpräsident Putin stehe noch
»mit einem Fuß im Kalten Krieg« und daß die USA »an der territorialen
Integrität Georgiens« festhalten wollten. Allerdings seien die USA in
der Region »nicht an einem (weiteren) Militärkonflikt interessiert«,
betonte Obama anläßlich einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Medwedew,
womit der US-Präsident auf ein Großmanöver der russischen Streitkräfte
im Kaukasus angespielt haben dürfte, das ebenfalls am Montag zu Ende ging.
»All diese Probleme sollen geregelt werden. Präsident Medwedew und ich
wollen die Rivalität hinter uns bringen und Fortschritte erzielen«,
unterstrich Obama seine Bereitschaft, die existierenden Differenzen
durch Verhandlungen zu lösen. Auch Medwedew bewertete das Treffen als
»einen ersten Schritt zur Intensivierung der Kooperation, von der beide
Staaten profitieren müssen«. Profitiert haben vorerst vor allem die USA,
die aufgrund des am Montag von den beiden Präsidenten unterzeichneten
Abkommens nun auch ihre Waffen per Transit über Rußland nach Afghanistan
schicken können und laut Sprecher des Weißen Hauses auf diese Weise 133
Millionen Dollar im Jahr einsparen. Dank der atmosphärischen
Verbesserung sollen jetzt auch wieder gemeinsame russisch-amerikanische
Militärmanöver geplant werden.
Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist das am Montag (6. Juli)
unterzeichnete
russisch-amerikanische Dokument über die weitere Reduzierung der
strategischen Offensivwaffen, obwohl es faktisch ein Rückschritt hinter
die Zielvorgaben des 2002 unterzeichneten Moskauer Vertrags ist.
Letzterer sieht vor, daß die Zahl der in den Streitkräften der beiden
Länder in Bereitschaft gehaltenen Atomsprengköpfe bis zum Jahr 2012 auf
1700 bis 2200 Stück reduziert werden müssen. Aktuell liegt die Zahl der
Atomwaffen noch weit über diesem Ziel, das in dem neuen, noch zu
ratifizierenden Vertrag jetzt zwar auf 1500 bis 1675 herabgesetzt wurde,
dafür aber erst im Jahr 2016 erreicht werden soll. Der einzige noch
existierende russisch-amerikanische Rüstungskontroll-, bzw.
Abrüstungsvertrag für strategische Offensivwaffen, der »Strategic Arms
Reduction Treaty«, der START-1-Vertrag aus dem Jahr 1991, läuft am 5.
Dezember dieses Jahres aus; Präsident Bush hatte sich stets geweigert,
eine Verlängerung oder einen Ersatz überhaupt auch nur in Betracht zu
ziehen.
Obama beharrte bezüglich des US-Raketenabwehrkomplexes in Osteuropa auf
den alten US-Positionen. Die von Moskau favorisierte Verknüpfung der
geplanten Reduzierung der strategischen Atomwaffen mit den
US-Abwehrraketen lehnte er kategorisch ab. Das US-Raketensystem in Polen
und Tschechien diene lediglich der Verteidigung gegen iranische
interkontinentale Atomraketen. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen,
daß Teheran weder solche Raketen noch Atomwaffen hat und auch laut
Internationaler Atomenergiebehörde nicht beabsichtigt, solche zu bauen.
Allerdings, so betonte Obama am Dienstag in einer Rede an der Moskauer
Wirtschaftshochschule, seien die USA bereit, auf ihr Raketenabwehrsystem
zu verzichten, wenn Iran sein (nicht existierendes!) militärisches
Atomprogramm einstellt. Dies ist eine indirekte Aufforderung an Rußland,
seine zivile Atomkooperation mit Iran zu beenden. Allerdings gibt es
keine Anzeichen dafür, daß der Kreml gewillt sei, seinen vertraglichen
Verpflichtungen gegenüber Teheran nicht nachzukommen. Dies wird auch
durch die Erklärung Medwedews, Rußland werde in der Frage der
Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen aufs engste mit den USA
kooperieren, nicht berührt.
Eine kleine Sensation gab es am Dienstag (7. Juli) , als der
stellvertretende Leiter des russischen Regierungsapparats, Juri
Uschakow, nach dem Treffen des US-Präsidenten mit Putin vor der Presse
erklärte, Obama habe versprochen, in Zukunft Rußlands Interessen im
postsowjetischen Raum ebenso zu berücksichtigen wie dessen Sorgen über
den US-Raketenschild.
Dies würde einen radikalen Bruch mit dem bisherigen außenpolitischen
Konsens in den USA bedeuten, der Rußland zu keinem Zeitpunkt einen
»Hinterhof« im Kaukasus und in Zentralasien zugebilligt hat. Es ist kaum
vorstellbar, daß Obama eine solche Äußerung in Anwesenheit seines
Sicherheitsberater James Jones und seines Vizeaußenministers William
Burns gemacht haben könnte. Amerikanische Dementis über ein (auf
Wunschdenken beruhendes) Mißverständnis von Juri Uschakow dürften nicht
lange auf sich warten lassen.
* Aus: junge Welt, 8. Juli 2009
Meldungen der Russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti
Kreml: Gutes Klima zwischen Medwedew und Obama
MOSKAU, 07. Juli (RIA Novosti). Zwischen den Präsidenten Russlands und der USA, Dmitri Medwedew und Barack Obama, sind "ausgesprochen vertrauensvolle Beziehungen" entstanden.
Das stellte Natalja Timakowa, Pressesekretärin des Präsidenten Russlands, nach dem ersten Tag des Russland-USA-Gipfels in Moskau mit.
Beide Präsidenten seien bestrebt gewesen, konkrete Resultate zu erzielen, betonte sie. "Die erzielten Vereinbarungen waren ein Ergebnis des persönlichen Wunsches der Präsidenten, bei der gesamten Agenda der bilateralen Beziehungen Fortschritte zu machen", hieß es.
Timakowa verwies auf ein Telefongespräch zwischen beiden Präsidenten einige Tage vor dem Beginn des Treffens. Dabei sei vereinbart worden, den Beziehungen einen neuen Impuls zu verliehen. "Alle erzielten Vereinbarungen, darunter auch eine Erklärung zum Raketenschild, die nicht vorab vorbereitet war, war ein Ergebnis des Wunsches beider Präsidenten, während des Moskau-Besuchs des US-Präsidenten konkrete Resultate zu erreichen."
Sie verwies auf den "ausgesprochen vertrauensvollen Charakter der Beziehungen, der während der Verhandlungen entstand".
Die Verhandlungen in engem Kreis hatten mehr als doppelt so lange gedauert als geplant. Bei den Verhandlungen in erweitertem Kreis seien alle Fragen der weltpolitischen Tagesordnung und des wirtschaftlichen Zusammenwirkens angeschnitten worden, so Timakowa.
Atomstreit mit Iran: Obama spricht Russland wichtige Rolle für Lösung zu
NOWO-OGARJOWO, 07. Juli (RIA Novosti). US-Präsident Barack Obama hat am Dienstag bei den Verhandlungen mit Premier Wladimir Putin Russlands wichtige Rolle bei der Regelung des Atomstreits mit Iran betont.
Wie der Vizechef des Regierungsapparats, Juri Uschakow, am Dienstag mitteilte, äußerte Obama beim Frühstück mit Putin, dass die Erörterung dieses Themas belebt werden müsste und Amerika daran interessiert sei, dass "Russland in einem Boot mit den Amerikanern bleibt und hier enger zusammenarbeitet".
Falscher Diplomat wollte sich in Moskau an Obama heranschleichen
MOSKAU, 07. Juli (RIA Novosti). Ein Nigerianer ist in Moskau bei dem Versuch festgenommen worden, mit gefälschten Papieren in das Hotel von Barack Obama zu gelangen.
Wie RIA Novosti am Dienstag aus Moskauer Sicherheitskreisen erfuhr, war der dunkelhäutige Mann mit einem gefälschten Diplomaten-Ausweis am Montagabend an dem Hotel in der Twerskaja-Straße festgenommen worden. Er habe versucht, sich unter Obamas Leibwächter zu mischen.
Polizeisprecherin Jelena Perfilowa bestätigte die Festnahme: „Der Festgenommene konnte nicht erklären, welches Ziel er im Hotel verfolgte. Woher der falsche Ausweis stammt, konnte er ebenfalls nicht beantworten". Die Polizei ermittelt, hieß es.
Obama spricht von "ausgezeichneten Perspektiven" der Beziehungen zu Russland
MOSKAU, 07. Juli (RIA Novosti). Die Perspektiven der bilateralen Beziehungen zwischen den USA und Russland in Handel und Wirtschaft sind laut US-Präsident Barack Obama ausgezeichnet.
"Das um so mehr, wenn man die Erfahrungen von Präsident Dmitri Medwedew in diesem Bereich berücksichtigt", sagte Obama am Dienstag auf einem russisch-amerikanischen Geschäftsforum in Moskau. "Dass er (Medwedew) Erfahrungen im Business hat, macht ihn zu einem wichtigen Verbündeten bei unseren Anstrengungen zur Verbesserung der kommerziellen Beziehungen zwischen unseren Ländern."
Damit bezog sich Obama darauf, dass Medwedew vor seiner Wahl zum Staatschef im Laufe mehrerer Jahre Vorsitzender des Board of Directors beim russischen Gasmonopolisten Gazprom gewesen war.
Die handelspolitischen und ökonomischen Beziehungen zwischen Russland und den USA hätten eine 200-jährige Geschichte und zeichneten sich durch eine gegenseitig vorteilhafte Kooperation aus. "Wir haben seit über 200 Jahren Waren ausgetauscht, darunter auch auf Alaska", sagte der US-Präsident.
Russland hatte Alaska nach dem bilateralen Vertrag vom 30. März 1867 für 7,2 Millionen Dollar (in damaligen Preisen) an die USA abgetreten. Ein Hektar Land auf Alaska kostete somit fünf Cent.
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