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Empörung im Westen über den russischen Präsidenten

Ende der Rüstungsbeschränkung eingeläutet - Steht eine neue Eiszeit bevor? Beiträge von Kai Ehlers, RIA Novosti, der AG Abrüstung der SPD-Fraktion und von Irina Wolkowa


Putins Schwerpunkte

Anmerkungen zu seiner Jahresbotschaft an die Nation

Von Kai Ehlers

Am Donnerstag der letzten Aprilwoche (26. April), wegen der Begräbnisfeierlichkeiten für Boris Jelzin um einen Tag verschoben, lud Wladimir Putin zur Jahresbotschaft in den Kreml. Versammelt waren Duma-Abgeordnete, Mitglieder des Föderationsrates, alle Minister, die Spitzen der Justiz, der Wahlkommission, des Rechnungshofes, die Mitglieder des Staatsrates und die Führer der größeren Konfessionen. Anwesend waren auch die Mitglieder der Gesellschaftskammer, die als Hüterin der Presse- und der Meinungsfreiheit agiert. Es war Putins letzte Rede an die Nation. Die nächste Rede werde, so der Noch-Präsident, ein anderes Staatsoberhaupt halten, da seine Dienstzeit zu Ende gehe. Damit ist allen Spekulationen über eine mögliche dritte Amtszeit Putins endgültig ein Riegel vorgeschoben.

Putins trat, entgegen anderslautender Kommentare, klar und moderat auf, konzentrierte sich auf innenpolitische Fragen. Er eröffnete mit einer Schweigeminute für Jelzin, erinnerte an dessen Verdienste, kam dann jedoch zügig auf die heutige Situation, die sich gegenüber den „schweren Zeiten“ unter Jelzin zum Guten entwickelt habe. Das Realeinkommen der Bevölkerung habe sich seit dem Jahre 2000 verdoppelt, der Staatshaushalt versechsfacht, die Wirtschaft zeige stabiles Wachstum. Aber man stehe dennoch erst am Anfang einer „lange währenden Wiedergeburt des Landes“, habe noch viel zu tun, politisch wie auch sozial. Die „geistig-seelische Einheit des Volkes, sowie die uns vereinenden moralischen Werte“, betonte Putin, seien daher ein „ebenso wichtiger Faktor der Entwicklung wie die politische und die ökonomische Stabilität.“

Bei manchen ausländischen Zuhörern rief diese Einleitung den Verdacht hervor, Putin wolle sich für den Rest seiner Amtszeit an den aktuellen Widersprüchen vorbei stehlen, indem er die „nationale Karte“ ausspiele. Der moralische Einstieg war jedoch nur der Leitfaden, an dem entlang Putin seine strategischen Schwerpunkte setzte.

Die wichtigsten seien hier kurz vorgestellt:
  • Die zurückliegenden Korrekturen der Wahlverfahren trügen dazu bei, so Putin, die Wahlen demokratischer zu machen, sie von störenden „ungünstigen Methoden“ zu entschlacken. In der zukünftigen Duma werde es dadurch stärkere Oppositionskräfte der „Fraktionen“ geben.
  • Ob die hinter diesen Ausführungen stehende Hoffnung Putins aufgeht, ein stabiles Parteiensystem, vielleicht gar Zweiparteienwahlsystem nach US-Muster von oben initiieren zu können, werden die Wahlergebnisse zeigen.
  • Nicht allen gefalle die stabile Entwicklung des Landes, so Putin weiter. Es häuften sich daher die Versuche, im Interesse ausländischer Geldgeber in die russische Innenpolitik zu intervenieren. Daher müsse die Auseinandersetzung mit dem Extremismus „unausweichlich verschärft“ werden.
  • Nicht ausgesprochen, aber gemeint sind die Aktivitäten von Boris Beresowski und Gary Kasparow in der gegenwärtigen Vorwahlsituation. Beresowski ruft von London aus zum gewaltsamen Sturz Putins auf, weil Wahlen, wie er meint, keinen Sinn machten. Er rühmt sich, die „Opposition“ auf allen Ebenen, auch im Kreml selbst zu finanzieren. Kasparow erklärt im Lande, der Machtwechsel müsse auf der Straße erkämpft werden, weil über Wahlen nichts zu ändern sei.
  • Beresowski war graue Eminenz der oligarchischen Herrschaft während der Zeit Jelzins; seit seiner Flucht vor Verfolgung wegen Steuerhinterziehung usw. betreibt er von London aus, gestützt auf die exportierten Milliarden, seine Rückkehr an die Macht. Kasparow, der von westlichen Medien als „Führer der russischen Opposition“ herausgestellt wird, ist aktives Mitglied des „National Security Advisory Council“ (NSAC) in Washington, einer Neben-Organisation des „US-Centers for Security Policy.“ Diese Organisation ist einer der aktivsten „Think-Tanks“ der US-Neo-Konservativen. Das sind jene US-Kräfte, die ihre Aufgabe darin sehen, weltweit „bunte Revolutionen“ zu exportieren. Man darf sich wundern, wie verhalten, ohne Namen und Länder zu nennen, Wladimir Putin über all diese Aktivitäten spricht; ob Extremistengesetze allerdings das richtige Mittel gegen interventionistische Provokationen sind, wird man bezweifeln müssen.
  • Eine wichtige Rolle für die zukünftige Entwicklung des Landes, so Putin weiter, spiele die Entwicklung bürgerlicher, ziviler Vereinigungen. Im letzten Jahr habe sich die Zahl gesellschaftlicher Vereinigungen und der Einsatz von Freiwilligen erhöht, die sich am gesellschaftlichen Aufbau in Russland beteiligten. In demselben Zeitraum seien auch wichtige Vollmachten an örtliche Verwaltungsorgane abgegeben worden, so im Städtebau, im Wald-, Boden- und Wasserwesen, im Tierschutz und in allgemeinen Beschäftigungsfragen der Bevölkerung. Ergänzend dazu sei zudem ein neues Gesetz der örtlichen Selbstverwaltung in Kraft getreten. Er hoffe, dass dies alles zur Entwicklung von Basiskräften beitrage, die Russland dringend brauche.
Nach sieben Jahren putinscher Re-Zentralisierung, in deren Verlauf die Wahl örtlicher Selbstverwaltungsorgane bis hinauf zu den Gouverneuren der Provinzen durch Ernennungen seitens des Präsidenten, bzw. seines präsidialen Verwaltungsapparates ersetzt wurden, wäre dies ein bemerkenswerter neuer Akzent in der russischen Politik. Zu bezweifeln ist allerdings auch hier wieder, ob dies von oben her zu verwirklichen sein kann.

Es stellt sich zudem die weitere Frage, in welchem Verhältnis die von Putin angegebene Entwicklung russischer nicht-staatlicher Vereinigungen zur Verschärfung der Zulassungs-Bedingungen für die Tätigkeit von NGOs steht. Tatsache ist, dass die Aktivität nicht-staatlicher Organisationen durch die gegenwärtige Gesetzeslage nicht nur für ausländische Organisationen, sondern allgemein sehr erschwert worden ist und, sollte nunmehr Extremismus im oben genannten Sinne schärfer verfolgt werden, auch noch weiter erschwert werden wird. Für eine freie Entfaltung von Basisaktivitäten auf kommunaler Ebene ist das mit Sicherheit Gift, auch wenn sie nicht ausländisch, sondern einheimisch sind. Insofern muss man befürchten, dass diese Hoffnungen Wladimir Putins, wenn man denn bereit ist sie ernst zunehmen, Hoffnungen bleiben.

Bleibt noch der außenpolitische Aspekt, der in den westlichen Medien besondere Beachtung fand, obwohl er in Putins Rede eher am Rande auftaucht: Putin beklagt, die EU halte die Verträge der KSE über konventionelle Streitkräfte in Europa nicht ein. Deshalb will er die Verträge zu erneuter Verhandlung in den NATO-Russland-Rat einbringen. Sollte dies nicht akzeptiert werden, dann werde Russland einen einseitigen Ausstieg aus den Verträgen in Erwägung ziehen.

Für westliche Medien ist damit der Tatbestand putinscher Aggression erfüllt. Tatsächlich kündigt Putin nur an, dass Russland über Fragen der Rüstung offene Verhandlungen fordert. Damit knüpft er an den Vorschlägen an, die er kürzlich auf der NATO-Sicherheitskonferenz vortrug: Ende der von den USA betriebenen Militarisierung internationaler Beziehungen, stattdessen Eintritt in Verhandlungen zu Abrüstung auf allen Ebenen, einschließlich der Entmilitarisierung des Weltraumes.

Website von Kai Ehlers: www.kai-ehlers.de

Pressemitteilung, 27. April 2007 - 318
AG Abruestung, Ruestungskontrolle und Nichtverbreitung

Russlands Aussetzung des KSE-Vertrages verschaerft die Krise der Ruestungskontrolle

Zur gestrigen Ankuendigung Putins, den Vertrag ueber konventionelle Streitkraefte in Europa (KSE) auszusetzen, erklaert der abruestungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Muetzenich:

Die Aussetzung der russischen Verpflichtungen aus dem KSE-Vertrag ist ein weiterer Beleg fuer das wachsende Misstrauen und der damit verbundenen tiefen Krise der Ruestungskontrolle.

Moskau sieht sich von der NATO offenbar mehr und mehr eingekreist. Die Debatte um einen NATO-Beitritt von Georgien und der Ukraine traegt ebenso dazu bei, wie das geplante US-Raktenabwehrsystem in Polen und Tschechien. Der Vorstoss Putins jedoch stellt eine unzulaessige Vermengung zwischen der Raketenabwehr und dem KSE-Vertrag dar.

Trotz der Konsultationen im NATO-Russland-Rat ist eine schwere Vertrauenskrise zu konstatieren. Unabhaengig davon, inwieweit dabei auch russisches Kalkuel mitspielt, muss jetzt im Buendnis mit Russland eine Debatte ueber die Zukunft des KSE-Vertrages gefuehrt werden. Waehrend Russland diesen Eckpfeiler der europaeischen Sicherheitsarchitektur bereits ratifiziert hat, knuepft die NATO ihrerseits die Ratifizierung an die Bedingung, dass Russland sein militaerisches Geraet und seine Truppen vollstaendig aus Moldawien und Georgien abzieht. Am vereinbarten vollstaendigen Abzug aus Georgien bis 2008 muss dabei festgehalten werden. Hinsichtlich der Zukunft des KSE-Vertrages muss sobald wie moeglich eine Einigung mit Russland erzielt werden. Dabei muss auch ueber die ruestungskontrollpolitischen Folgen des US-Raketenschirms diskutiert werden. Der heute in Oslo tagende NATO-Russland-Rat bietet dafuer das geeignete Forum.

Nicht nur dem Westen, auch Russland sind Versaeumnisse bei der Abruestung vorzuwerfen. Auch der Bundestag ist aufgerufen seinen Beitrag zu leisten, um die Krise der Ruestungskontrolle zu ueberwinden. Eine Dauerkonfrontation zwischen den USA und Russland gefaehrdet die europaeische Sicherheit. Die Spirale des Misstrauens muss durchbrochen werden. Aussenminister Steinmeier hat Recht: "Was wir brauchen, ist mehr Abruestung und Ruestungskontrolle."

Quelle: Pressedienst der SPD




Außenminister Lawrow erläutert Russlands Standpunkt zu Raketenabwehr- und KSE-Vertrag

OSLO, 27. April (RIA Novosti). Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat an einer Sitzung des Russland-Nato-Rats in Oslo teilgenommen, in der die geplante Stationierung von US-Raketenabwehrbasen in Europa, das Angebot an Russland, am gemeinsamen Luftabwehrsystem teizunehmen, Moskaus Position zum Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) und Bedrohungen für die internationale Sicherheit behandelt wurden.

Wie Lawrow am Mittwoch (25. April) in einer Pressekonferenz in Oslo erklärte, ist Russland bereit, die Erörterung über die Stationierung von Teilen der Raketenabwehr in Osteuropa sowohl mit den USA als auch im Russland-Nato-Rat fortzusetzen. Diese Diskussion müsse aber "auf gleichberechtigter Grundlage und unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen aller" geführt werden, betonte der Minister.

Die Zukunft der Kooperation Russlands mit der Nato bei der Raketenabwehr werde von der weiteren Situation mit dem US-Raketenabwehrschild abhängen, sagte Lawrow.

Zugleich betonte er, dass die Raketenabwehrbasen in Europa zum Schutz vor aus Iran ausgehender Raketenbedrohung unnötig seien. "Eine solche Bedrohung existiert einfach nicht und sie kann in absehbarer Zukunft auch nicht entstehen."

"Wir gehen von der Notwendigkeit aus, zusammen zu analysieren, vor wem wir uns gemeinsam schützen wollen, wenn wir schon zur Zusammenarbeit aufgefordert werden", so Lawrow. "Danach muss eine gemeinsame Vorstellung von den Gefahren erreicht werden."

In den Beziehungen zwischen Russland und der Nato sieht Lawrow auch das Fehlen von Vertrauen. "Das Potential des Russland-Nato-Rats wird nicht in vollem Maße genutzt. Unseren Beziehungen fehlt manchmal das notwendige Vertrauen."

"Angesichts des Ausbleibens eines realen Gegners - und Russland wird gesagt, dass die Nato keinen realen Gegner habe beziehungsweise wir jedenfalls kein Gegner seien, führt die Erweiterung der Allianz zu einer Verringerung des gegenseitigen Vertrauens. Dies wird im Grunde genommen zu einem Faktor, der die Suche nach einem solchen Gegner erneuert."

Zum Vertrag über die konventionellen Streitkräfte in Europa (KSE) sagte der Minister, dass er im Widerspruch zu den Sicherheitsinteressen Russlands stehe. Russland sei eigentlich das einzige Land, das diesen Vertrag einhält. "Niemand von den Nato-Mitgliedern hält diesen Vertrag ein, und wir möchten nicht als Teilnehmer eines absurden Theaters aussehen", sagte Lawrow.

Die Situation in der Welt habe sich radikal verändert, "während wir, indem wir uns selbst auf eigenem Territorium einschränken, so tun, als ob wir unsere Sicherheit festigen, während die militärische Präsenz der Nato-Länder vor unseren Grenzen wächst".

Darauf angesprochen, ob man den Ausstieg der USA aus dem Raketenabwehrvertrag mit einem möglichen Ausstieg Russlands aus dem KSE-Vertrag vergleichen könne, sagte Lawow, dies seien "völlig unterschiedliche Dinge". "Im ersten Fall wurde ein Vertrag zerstört, weil die Vereinigten Staaten ein Raketenabwehrsystem schaffen wollten, was der Raketenabwehrvertrag direkt verbietet. Dies war eine bewusste Entscheidung, die die Logik der ‚Starwars' und der Schaffung eines nuklearen Schilds fortsetzt, was in Zukunft zweifellos das Gefühl der Unverletzbarkeit erzeugen wird." Was aber den KSE-Vertrag anbelangt, so handle es sich um einen multilateralen Vertrag, den aber nur Russland allein einhält.

Wie Lawrow betonte, würde sich Russlands Ausstieg aus dem KSE-Vertrag in keiner Weise auf das Kräfteverhältnis in Europa auswirken. "Die Kräftebalance ist schon seit langem gestört, und zwar radikal und zu Gunsten der Nato-Länder", betonte der russische Außenminister. "Die Logik des KSE-Vertrags wurde entwertet, und der Vertrag wurde im Grunde genommen sinnlos."

Zur Entwicklung um das Soldatendenkmal in Tallinn, die Lawrow als "abscheulich" bewertete, mahnte er, dass "dies sich im Endeffekt auch auf die Beziehungen mit der Nato und der Europäischen Union auswirken wird. Das heißt, mit den Organisationen, die ein Land zu ihrem Mitglied gemacht haben, dass gegen die Werte grob verstößt, auf denen die EU sowie die europäische Kultur und die europäische Demokratie basieren".

Die nächste Sitzung des Russland-Nato-Rats soll Ende Juni in Moskau stattfinden. Der russische Außenminister verwies auf den nahenden zehnten Jahrestag der Russland-Nato-Grundakte und des fünften Jahrestags der Gründung des Russland-Nato-Rates.

"Im Zusammenhang mit diesen Daten erinnern wir uns natürlich an die Zusicherungen, die uns nach der Auflösung des Warschauer Vertrags gegeben wurden - nämlich, dass es keine Pläne für eine Nato-Erweiterung gebe", so der Minister.

Quelle: RIA Novosti, 27. April 2007; http://de.rian.ru


Zu früh fürs politische Testament

Putins Jahresbotschaft an das Parlament

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Mit dröhnendem Schlussapplaus nahmen Russlands Parlamentarier im Marmorsaal des Kremls am Donnerstag die achte und letzte Jahresbotschaft von Präsident Wladimir Putin entgegen.

Im Schlussteil der über einstündigen Rede hatte der Präsident überraschend vorgeschlagen, dass Russland den Vertrag zur Begrenzung konventioneller Rüstungen in Europa (KSE) per Moratorium aussetzt, bis er von »allen NATO-Mitgliedern ohne Ausnahme« ratifiziert worden ist. Der Vertrag, 1990 von NATO und Warschauer Vertrag ausgehandelt, beschränke mit Regelungen zur Flankenbegrenzung im Norden und Süden faktisch die Möglichkeiten Russlands zur räumlichen Verteilung von Truppen im eigenen Land. Moskau habe ihn, anders als etliche NATO-Staaten, dennoch ratifiziert. Der Westen dagegen habe die NATO bis an die Grenzen Russlands erweitert, die USA planten sogar die Stationierung von Teilen ihrer Raketenabwehr nahe der russischen Grenzen – trotz gegenteiliger Zusicherungen der Allianz an Gorbatschow, die Jelzin gegenüber erneuert wurden.

Jelzins wurde zu Beginn mit einer Schweigeminute gedacht. Putins würdigte die Leistungen seines Vorgängers, die Ergebnisse seien indes »nicht eindeutig«.

Als »lyrische Abweichung« vom sachlichen Bericht bezeichnete Putin seine Ankündigung: »Im Frühling des kommenden Jahres enden meine Dienstpflichten, und die nächste Rede an die Nation wird von einem anderen Staatschef gehalten.« Für sein »politisches Testament« sei es aber noch zu früh. In der Tat: Ein Mann, der den Ausstieg aus der aktiven Politik plant, entwirft keine Konzepte für die Ära danach. Eben solche Konzepte indes – wirtschaftliche und soziale – prägten den Hauptteil seiner Rede.

Wichtigste Aufgabe sei die Diversifizierung der Wirtschaft: weg von Rohstoffexporten, die das gegenwärtige Wachstum von jährlich mindestens sechs Prozent sichern, hin zur Verarbeitung im eigenen Land und vor allem zu Hochtechnologien. Zu den ehrgeizigen Projekten zur Verbesserung der Infrastruktur gehört der Bau einer zweiten Trasse des Wolga-Don-Kanals, der Hochseefrachtern die Passage vom Kaspischen zum Schwarzen und damit ins Mittelmeer ermöglichen soll. Andere Anrainer der Kaspi-See hätten bereits Interesse an dem Vorhaben signalisiert.

Bereits 2009 sollen die Renten 65 Prozent des Nettoeinkommens der arbeitenden Bevölkerung erreichen. Ein Bauprogramm sieht jährlich 130 Millionen Quadratmeter neuen Wohnraum vor und stellt damit ein ähnliches Vorhaben aus der Chruschtschow-Ära in den Schatten. Nur so könnte der dramatische Bevölkerungsrückgang überwunden werden, sagte Putin. Geld sei genug da: Die Haushaltseinnahmen hätten sich seit 2000 versechsfacht.

* Aus: Neues Deutschland, 27. April 2007


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