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"Russland ist der Welt um 15 bis 20 Jahre voraus" - in der Raketentechnik

Russland gibt Änderung bei der Zusammensetzung seiner strategischen Kernwaffenkräfte bekannt

Von Viktor Litowkin*

Bei der Entwicklung solcher interkontinentalen Raketenkomplexe wie Topol-M und Bulawa-30, die eine beliebige Raketenabwehr überwinden können, sind alle anderen Länder der Welt hinter Russland um 15 bis 20 Jahre zurückgeblieben.

MOSKAU, 15. April - Ende 2006 wird Russland die Änderung der Zusammensetzung seiner strategischen Kernwaffenkräfte bekannt geben, sagte der Direktor und Generalkonstrukteur des Moskauer Instituts für Wärmetechnik, Juri Solomonow, bei einem Treffen mit Journalisten.

Er erläuterte nicht, wie sich die Zusammensetzung der strategischen land- und seegestützten Raketenkomplexe konkret ändern wird, an der sein Institut arbeitet, bemerkte jedoch, dass Moskau bis zum Jahr 2011, kurz vor Ablauf des Vertrages zwischen den USA und Russland über die Reduzierung der strategischen Offensivpotentiale garantiert mindestens über 2.000 Kernsprengköpfe verfügen wird. Es muss betont werden, dass sich die Seiten in diesem Vertrag verpflichtet haben, ihre Kernwaffenpotentiale bis zum 31. Dezember 2012 auf 1.700 bis 2.200 Gefechtsladungen zu reduzieren.

Das sagte der Generalkonstrukteur des interkontinentalen strategischen landgestützten Raketenkomplexes Topol-M und des strategischen seegestützten Raketenkomplexes Bulawa-30 auf die Frage der RIA Novosti, auf welche Weise Russland das im Vertrag genannte Potential bewahren kann. Denn in Russland wird jedes Jahr eine recht große Anzahl von strategischen Raketenkomplexen R-36MUTTH und R-36M2 Wojewoda (nach der westlichen Klassifikation SS-18 "Satan") mit zehn unabhängig lenkbaren Mehrfachsprengköpfen und UR-100NUTTH mit sechs unabhängig lenkbaren Mehrfachsprengköpfen (SS-19, "Stilet") ausgemustert, deren Sollbetriebsdauer abgelaufen ist. An ihrer Stelle werden die silogestützten und mobilen Raketenkomplexe RT-2PM2 Topol-M (SS-27) in das Diensthabende System aufgenommen, die nur mit einem Einfachgefechtskopf ausgerüstet sind.

"Heute kann ich diese Frage nicht ausführlich beantworten", sagte Juri Solomonow. "Das ist eine vertrauliche Frage, die mit bilateralen Verpflichtungen unseres Landes und der USA zusammenhängt. Aber in den nächsten beiden Monaten werden wir Washington über die Änderung der Zusammensetzung unserer strategischen Kernwaffenkräfte in Kenntnis setzen. Ende des Jahres wird diese Information meines Erachtens allen zugänglich sein."

Militärexperten für strategische Kernwaffen verstanden die Worte des Generalkonstrukteurs des Instituts für Wärmetechnik so, dass die USA über die Änderung der Anzahl der Gefechtsköpfe auf den Raketen Topol-M und Bulawa-30 benachrichtigt werden. Zuvor sagte Juri Solomonow, dass die Rakete Topol-M die technischen Möglichkeiten hat, nicht nur einen Gefechtskopf, sondern mindstens drei Gefechtsköpfe zu tragen. Dasselbe wurde auch über die Rakete Bulawa gesagt.

Wie unlängst in der Presse mitgeteilt wurde, erklärte Moskau im Rahmen der Erfüllung des Memorandums zum Vertrag über die Begrenzung und Reduzierung der strategischen Offensivwaffen (START-1-Vertrag), der 2009 abläuft, offiziell, die Bulawa-30 könne sechs Kernsprengköpfe tragen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Anzahl nunmehr auf zehn unabhängig lenkbare Mehrfachsprengköpfe gebracht werden kann.

Außerdem teilte der Generalkonstrukteur mit, dass 2008 das erste mit mobilen Raketenkomplexes Topol-M ausgestattete Regiment in das Diensthabende System aufgenommen werde. Er sagte auch, dass die Bulawa-Flugerprobungen noch im Laufe von drei Jahren vorgenommen werden und der erste Atom-U-Bootkreuzer "Juri Dolgoruki" (Projekt 955 Borej), der mit diesen Raketen ausgerüstet ist, Ende 2008 der russischen Seekriegsflotte übergeben werden soll.

"Bei der Entwicklung solcher interkontinentalen Raketenkomplexe wie Topol-M und Bulawa-30, die eine beliebige Raketenabwehr überwinden können, sind alle anderen Länder der Welt hinter Russland um 15 bis 20 Jahre zurückgeblieben", sagte Juri Solomonow.

* RIA Novosti, russische Nachrichtenagentur, 15. April 2006.
Im Internet http://de.rian.ru



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