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Russland – Weltmacht im Wartestand

Oder auch: Angst vor Russland, warum? Eine Bestandaufnahme jenseits von Putin

Von Kai Ehlers *

Zwanzig Jahre nach Gorbatschow, zehn Jahre nach Boris Jelzin und kurz vor dem Ausscheiden Wladimir Putins als Präsident der russischen Föderation lautet die herrschende Frage des Westens wieder, ob die Welt Angst vor Russland haben müsse. Die Anlässe für diese Frage sind beliebig. Man ist versucht zu sagen: Gleich, was oben reingegeben wird – unten kommt immer die Angst vor Russland heraus: Ob Putin ankündigt, keine dritte Amtszeit anstreben zu wollen, ob bei den letzten deutsch-russischen Konsultationen offene Fragen anstehen, ob neue Bedingungen im Luftverkehr ausgehandelt werden müssen - der Tenor ist immer der gleiche: Putin zeige Muskeln, er könne nicht von der Macht lassen, eine neue Eiszeit nahe, ein neuer Kalter Krieg stehe bevor, gar der „Dritte Weltkrieg“, wie G.W. Bush sich nicht scheute zu ‚warnen’ usw. usf.

Zum wiederholten Male kann man damit beginnen, diese Verdrehungen zu widerlegen, kann erklären, dass Putin kein Diktator ist, sondern sich mit der von ihm eingeleiteten restaurativen Modernisierung im Strom der Zustimmung seiner Landsleute bewegt, dass Putins Auftritt auf der Münchner NATO-Konferenz 2007 keine Drohung, sondern eine berechtigte Zurückweisung der Omnipotenz der USA war; dass Russland im Kosovo nicht blockiert, sondern auf Einhaltung völkerrechtlicher Vereinbarungen zum Status eines Landes besteht; dass nicht Russland die USA, sondern die USA Russland mit der Aufstellung von Raketen in Ost-Europa provoziert; dass Russland nicht mit der Auflösung von Rüstungskontrollverträgen droht, sondern deren Einhaltung und darüber hinaus Neuregulierung fordert; dass Russland schließlich weder dem Irak, noch dem Iran, noch sonst einem Land mit Krieg droht, sondern für Verhandlungslösungen im Rahmen einer friedlichen Völkerordnung eintritt, dass Russland, um auch das nicht auszulassen, die Öl- und Gaspreise nicht deshalb erhöht, um die Ukraine, Weißrussland oder wen immer von sich abhängig zu machen oder westlichen Autofahrern in die Tasche zu greifen, sondern weil es von der WTO aufgefordert wird, Weltmarktpreise zu verlangen, um bestehende Abhängigkeiten in Weltmarktbeziehungen umzuwandeln. So könnte man fortfahren. Jeden Tag kommt Neues dazu. Ebenso könnte man an die Strategien des verdeckten Krieges erinnern, mit denen die westliche Welt Russland begegnet: an die Afghanistan-Falle, in die die Sowjetunion gelockt zu haben, Zbigniew Brzezinski sich rühmte, an das Buch, in dem er diese Strategien unter dem Titel „Die einzige Weltmacht“ fixierte, und an die Behauptung, Putin wolle einen russischen Energiefaschismus entwickeln, die er seit 2004 verbreitet. Kern all dessen sind die Versuche der USA, die volle Kontrolle über Eurasien zu übernehmen und Russland als möglichen Konkurrenten niederzuhalten. Zu sprechen wäre in diesem Zusammenhang dann auch über die EU-Erweiterung, die NATO-Einkreisung, den weiteren Druck der WTO.

All diesen Fragen muss selbstverständlich nachgegangen werden, um zu verstehen, was sich in unserer Welt abspielt. Auch mit Putins Autoritarismus muss man sich auseinandersetzen. Hier soll jedoch zunächst die Frage aufgeworfen werden, die sich hinter all diesem erhebt: Woher diese Angst? Wovor fürchten sich die USA – obwohl doch „einzige Weltmacht“? Wovor fürchtet sich die EU – obwohl doch im Besitz der höchsten zivilisatorischen Werte? Wovor fürchtet sich sogar China – obwohl doch in einem scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg?

Woher die Angst vor Russland?

Die Antwort ist umwerfend einfach, dabei jedoch, wie es scheint, ebenso schwer zu verstehen wie sie einfach ist: Sie liegt – wenn man sich nicht nur an der Person Wladimir Putins aufhalten will - in Russlands Möglichkeit zur Autarkie. Die russische Autarkie ist doppelt begründet und leitet sich aus zwei Quellen her. Das sind zum einen die natürlichen Ressourcen der eurasischen Weite: Gas, Öl, Erze, Wald, Tiere usw.; es sind zum zweiten die sozio-ökonomischen Ressourcen, die aus der Fähigkeit der russischen Bevölkerung zur Eigenversorgung und den damit verbundenen, ins Land eingewachsenen kulturgeografischen Strukturen folgen. Im Westen versucht man solche Strukturen heute mit dem Begriff des Humankapitals zu erfassen.

Zu sprechen ist von einem außerordentlichen natürlichen und menschlichen Reichtum, einer strukturell begründeten potentiellen Autarkie, die keine andere Gesellschaft auf der Erde in dieser konzentrierten Art und Weise ihr Eigen nennen kann. Sie gibt Russland die Möglichkeit, wenn es denn sein muss, unabhängig von globaler Fremdversorgung oder - in feindlichen Kategorien gedacht - von Sanktionen zu existieren, zumindest wesentlich länger zu überleben als andere Länder. Dreimal versetzte diese strukturelle Autarkie Russland im Lauf der neueren Geschichte bereits in die Lage, europäischen Eroberungsversuchen zu trotzen, sie zumindest zu überstehen und gestärkt aus ihnen hervorzugehen: denen Napoleons 1812, denen der Deutschen Wehrmacht 1917, denen Hitlers 1939. Heute ist es wieder so: Trotz Krise, trotz technischer Rückständigkeiten, trotz Dauer-Transformation seit Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts und bis heute schaffte es Russland zum Erstaunen der Welt nicht nur zu überleben, sondern auch dieses Mal wieder stärker aus der Krise hervorzugehen. Wladimir Putins Wirken und seine Auftritte spiegeln diese Tatsachen: Nach innen ist das die Konsolidierung einer neuen herrschenden Schicht; Stichworte dazu sind: Eine bürokratische Zentralisierung, eine Ausrichtung der Medien am nationalen Interesse und eine Disziplinierung der Oligarchen. Dazu kommt eine – wenn auch durch den Ölpreis gestützte – soziale Befriedungspolitk gegenüber der werktätigen Bevölkerung. Nach außen ist es der Widerstand gegen den hegemonialen Anspruch der USA. Die Stichworte dazu sind: Beschluss einer neuen Militärdoktrin seit 2002, Auftritt gegen die USA bei der Münchner NATO-Tagung 2006 und eine, so möchte ich es in Erinnerung an vordergründige westliche Kritiken nennen, die dem nachsowjetischen Russland Unentschiedenheit vorwarfen, konsequent opportunistische Politik Russlands zwischen Ost und West, zwischen EU im Westen und Shanghaier Bündnis im Osten. Das hat Ausstrahlung auf die Länder des antiimperialistischen Spektrums. Russland wird zum potentiellen Führer einer aus den ehemaligen Kolonien hervorgehenden neuen Welt, während die frühere Neue Welt, die USA, sich im Versuch, ihren überhöhten Energiebedarf zu decken und ihre Weltherrschaft zu behaupten, in Kriege verstrickt und am Verfall ihrer moralischen wie auch politischen Autorität krankt. In dieser sich abzeichnenden Wende liegt die Ursache für die Angst des Westens, dessen herrschende politische Schichten meinten, Russland im Kalten Krieg geschlagen zu haben und die nun erkennen müssen, dass die Geschichte keineswegs beendet ist, sondern auf ganz neue, von ihnen nicht erwartete und nicht erwünschte Weise neu angestoßen werden könnte.

Was ist die Basis für Russlands Autarkie?

Die russische Autarkie entsteht aus der außergewöhnlichen Kombination von extremem natürlichem Reichtum – Weite, Größe, Vielfalt - und ebenso extremen Härten, die aus denselben Bedingungen resultieren: 11 Klimazonen von extremer Hitze bis zu extremer Kälte, Weglosigkeit, Völkergemisch, Bedingungen, die nur im engen Zusammenwirken von Gemeinschaften bewältigt werden können. Diese Kombination von Reichtum und extremer Härte hat eine Kultur gemeineigentümlich wirtschaftender Dörfer unter einheitlicher zentralistischer Führung hervorgebracht.. In dieser Kultur hat sich im Unterschied zur westlichen Entwicklung, in welcher die frühere Gemeinwirtschaft durch eine private Eigentumsordnung abgelöst wurde, kein Privateigentum an Produktionsmitteln herausgebildet. Sofern doch Privateigentum an Produktionsmitteln entstand, war es lokale Ausnahme (z.B. Sibirien) und vorübergehende Erscheinung von kurzer Dauer, wie gegen Ende des 18. und im Verlauf des 19. Jahrhunderts, als aus den dörflichen Strukturen private Industrie entstand, deren private Rechtsformen jedoch mit der Revolution von 1917 schon wieder beseitigt wurden.

Das heißt, vor Ort, in den Weiten des russischen Landes, im Volk war Eigentum gemeinschaftlich organisiert. In der westlichen Geschichtswahrnehmung sind diese Verhältnisse als russische Dorfgemeinschaft, als Dorfdemokratie (MIR), im Russischen als Òbschtschina bekannt; in Sibirien und im Süden Russlands waren es Genossenschaften freier Bauern, aber auch diese waren aufeinander angewiesene Gemeinschaften. Die russischen Dörfer waren in ihrer Mehrheit ihrerseits Gemeineigentum des Zaren, der herrschenden Schicht, das heißt, des Hofes, der Kirche, des dem Zaren hörigen Dienstadels, alles zusammengefasst unter der Führung der zaristischen Selbstherrschaft, zu der Kirche und Staat sich verbunden hatten. Autarkie und Autokratie sind in dieser Geschichte untrennbar miteinander verbunden. Man hat es im Ergebnis im traditionellen Russland mit einer Wirtschafts- und Lebensweise zu tun, die Karl Marx und Friedrich Engels seinerzeit als „asiatische Produktionsweise“ charakterisierten. Damit waren Verhältnisse gemeint, wie sie auch aus dem alten Mesopotamien, aus Ägypten, von den Inkas, aus China, Indien usw. bekannt waren.

Asiatische Produktionsweise

Marx und Engels kategorisierten die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft entlang zweier von ihnen angenommener Linien. Auf der Hauptlinie sahen sie, noch ganz einem ungebrochenen eurozentristischen Verständnis verhaftet, die Entstehung der abendländisch-europäischen Produktionsweise: Urgesellschaft – Sklavenhaltergesellschaft – Feudalismus – Kapitalismus – Sozialismus – Kommunismus, die sich, basierend auf der Entwicklung des Privateigentums an Produktionsmitteln, dynamisch, unaufhaltsam, eskalierend von Revolution zu Revolution aus einer Formation in die nächst höhere bewege. Für Marx/Engels war Europa das Zentrum dieser Bewegung, heute sind es von Europa ausgehend die USA, allgemeiner der euro-amerikanische Westen. Auf der Nebenlinie verorteten sie die asiatische Produktionsweise, in anderer Bezeichnung von Marx auch als gemeineigentümlicher Despotismus bezeichnet, die aus dem Zusammenwirken von dörflicher Selbstversorgung und einer ihr übergeordneten Bürokratie entsteht und von den Dörfern lebt (Priesterkaste, Gelehrtenhierarchie, Beamtenapparat...).

Prinzipiell formuliert: Die europäische Produktionsweise entwickelte Privateigentum als Motor der Selbstverwertung des Geldes, aus welcher der privatwirtschaftliche Kapitalismus hervorging. In ihr sind Staat, Kirche und Kapital getrennt und müssen sich immer wieder neu verbinden. Ihre Krisen tragen dynamischen Charakter. Die asiatische Produktionsweise entwickelt Gemeineigentum als Basis einer stabilen individuellen und allgemeinen Selbstversorgung unter der Herrschaft einer verwaltenden Klasse. Krisen entstehen periodisch aus der Schwäche der Bürokratie, nicht aus der Dynamik des Kapitals.

Marx bezeichnete diese asiatischen Formen der Wirtschaft im Gegensatz zur griechisch/römischen Sklavenhaltergesellschaft, in welcher einzelne Menschen zum Privatbesitz einzelner Menschen wurden, als eine „allgemeine Sklaverei“, weil in ihnen der Einzelne zwar frei, im Kollektiv aber dem Staat unterworfen oder gar hörig sei. Einen wesentlichen Unterschied der asiatischen Produktionsweise zur europäischen sahen Marx und Engels auch darin, dass die asiatische Produktionsweise keine innere Dynamik aufweise, die zum Kapitalismus dränge, sondern eine im Wesen stagnierende Gesellschaftsordnung sei, die zwar auch periodisch zusammenbreche, sich aber immer auf demselben Niveau wiederherstelle.

Marx und Engels entwickelten ihre Analyse am Beispiel der indischen Gesellschaft und bezogen auch die alten Hochkulturen mit ein. In Russland erkannten sie eine besondere Form der asiatischen Produktionsweise, die sich aus einer immer wieder erfolgten Mischung mit europäischen Elementen ergeben habe; eine Entwicklung billigten sie Russland jedoch nur im Kontext mit dem Kapitalismus und der Revolution im Westen zu.

Aber Marx und Engels irrten. Ausgelastet mit der Aufarbeitung der Entwicklung des europäischen Kapitalismus konnten sie die Analyse der asiatischen Produktionsweise nicht zu Ende führen. So konnten sie nicht erkennen, dass auch diese Gesellschaftsform, insbesondere in ihrer russischen Variante, periodische Modernisierungskrisen erlebte, die nach Zeiten des Zerfalls regelmäßig in eine Effektivierung des Systems übergingen, nur dass die Ursachen ihrer Krisen nicht in wirtschaftlicher Dynamik, sondern in bürokratischer Stagnation lagen. Kurz, sie erkannten nicht, dass euro-amerikanische und asiatische Produktionsweise zwei Wege der Entwicklung sind, die nicht aufeinander folgen, sondern in Wechselwirkung neben- und miteinander existieren und sich gegenseitig beeinflussen, sodass auch immer wieder neue Zwischenformen entstanden. So insbesondere im Verlaufe der russischen Geschichte, einschließlich ihrer sowjetischen Periode.

Russlands Besonderheiten

Schauen wir deshalb noch ein wenig genauer auf die russische Entwicklung: Russland entstand im offenen Niemandsland zwischen mongolischen Chanaten und westlichen Städten, in reicher Natur, aber der Weite und der Wildnis ausgesetzt. Ergebnis war die Selbstherrschaft der Moskauer Zaren als Beschützer und Ausbeuter der sich selbst versorgenden Dörfer, deren Selbstverwaltung zugleich Basis der Verwaltung des Zaren wurde. Es entstand die Struktur: Zar – Dorf, Schatzbildung in Moskau, autonome Versorgung im Lande. Es entstand kein Lehen, sondern ein jederzeit kündbarer Dienstadel, kein individuelles Eigentum, sondern Kollektivbesitz, keine vermögende, handlungsfähige Mittelschicht, keine Urbanität, kurz, was nicht oft genug wiederholt werden kann: keine Dynamik eines sich selbst verwertenden Kapitals. Die Modernisierungswellen gingen über das Land, ohne die Grundstruktur von Zentrum und Dorf in Frage zu stellen; Veränderungen vollzogen sich letztlich als Revolutionen von oben, als Teilimport westlicher Elemente, aber immer nur mit dem Ergebnis der Auswechslung von Personen. Selbst wo versucht wurde die Grundstruktur der kollektiven Selbstversorgung anzutasten, wie unter Nikolaus II. Anfang des 20. Jahrhunderts, kam das Gegenteil zustande. Sein Ministerpräsident Stolypin provozierte als Reformer den bäuerlichen Widerstand; auch die Bolschewiki, die das Land danach gewaltsam industrialisierten, machten doch die Selbstversorgung zugleich zur Grundeinheit des Staates, überwacht von einem wiederhergestellten Zentralismus.

In den Umwälzungen am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts prallten asiatische und europäische Produktionsweise in Gestalt des von Europa ausgehenden Imperialismus und der bäuerlichen Realität Russlands besonders hart aufeinander. Die Revolution von 1905, ebenso wie die von 1917 waren Ausdruck dieser Entwicklung. In seinem Feldzug gegen die Selbstgenügsamkeit der Obschtschina wollte Stolypin die Fortsetzung der von Peter I. begonnenen Industrialisierung erzwingen. Die Dorfgemeinschaften sollten in Wirtschaften privater Großbauern überführt werden, die „überflüssigen“ Mitglieder der Dorfgemeinschaft sollten als Arbeiter in die Städte gehen. Am „Stolypinschen Kragen“, wie der Strick des Galgens von der Bevölkerung damals getauft wurde, endeten tausende von Bauern, die dieser Politik nicht folgen wollten – aber ihr Opfer dokumentierte auch das Scheitern der Stolypinschen Politik.

Die Bolschewistische Revolution wiederholte den Stolypinschen Versuch im größeren Maßstab. Lenins Sieg über den Zarismus lebte einerseits von seinem Versprechen, jedem Bauern ein Stück Land zu geben. Gleichzeitig leitete er die Industrialisierung der Landwirtschaft ein; Stalin setzte sie gewaltsam fort und verwandelte die kollektive Tradition des Landes zugleich in einen allgemeinen Zwangskollektivismus auf dem Lande wie in der Industrie. Wer sich weigerte oder angeblich im Wege stand, wurde deportiert und liquidiert. Aus dem agrarischen Despotismus des Zarentums wurde so ein planmäßiger industrieller Despotismus.

Was zwischen 1905 und 1930 geschah, war aber dennoch kein Aufschließen zum Kapitalismus nach dem Etappenmodell von Marx und Engels. Die sowjetische Gesellschaft übersprang nicht etwa nur einfach den Kapitalismus, um gleich zum Sozialismus überzugehen, sie entwickelte vielmehr eine andere Art der Kapitalisierung, nämlich eine Kapitalisierung des Gemeineigentums unter Führung der bolschewistisch erneuerten Bürokratie. Das geschah als Kollektivierung der Landwirtschaft, als Organisation kollektiven Lebens rund um die Betriebe und Institute, als Erneuerung der Einheit von Selbstherrschaft und Dorf in der Form von Parteiführer und Volk, indem Gemeineigentum als Staatseigentum definiert wurde. Im Kern stellten sich die Strukturen der Zarenzeit auf neuem Niveau wieder her: keine Selbstverwertungsdynamik privaten Kapitals, Herrschaft nicht durch Geld, sondern durch zentral vorgegebene Ziele. Diese Konstellation - wie schon frühere Konstellationen der russischen Lebensweise - wäre auf langfristige Stabilität, in westlicher Diktion „Stagnation“ - angelegt gewesen, wenn sie nicht – dies allerdings stärker als früher – mit dem europäischen Kapitalismus in seiner imperialistischen Phase zusammengestoßen wäre. So ergab sich eine Konfrontation von prinzipiellem Charakter und historischen Ausmaßen: Selbstversorgung gegen Selbstverwertung des Kapitals und Selbstgenügsamkeit gegen konsumistische Expansion.

Für den Ablauf russischer Modernisierungsschübe heißt dies alles: es gelten offensichtlich Regeln, die sich aus der unterschiedlichen Natur von asiatischer und europäischer Produktionsweise erklären. Sie lassen sich nach drei Phasen gliedern: Phase eins: Zusammenbruch nach langer Stabilität, bzw. Stagnation. Phase zwei: Eintritt einer verwirrten Zeit, russisch: Smuta, Zerfall der herrschenden bürokratischen Schicht. Phase drei: Wiederherstellung des Konsenses dieser Schicht unter Hinzunahme von einzelnen Elementen der europäischen/westlichen Wirtschafts- und Lebensweise auf neuem technisch-zivilisatorischen Niveau. Die Grundstruktur: Zentrum – Peripherie bleibt jedoch erhalten. So war es bei und nach Peter I., so während des 1. Weltkriegs und danach, so ist es heute.

Heute

Vor dem Hintergrund dieser Regeln werden die heutigen Abläufe erkennbar: Unter der Decke der gemeinwirtschaftlichen Ordnung der Sowjetunion waren im Laufe der 70er Jahre seit 1917 – gegliedert in mehrere Etappen, versteht sich, die hier nicht im Detail nicht auszuführen sind - individuelle und regionale Qualifikationen herangewachsen, die nach Verwirklichung drängten. Gorbatschows Perestroika („Neues Denken“) und „Glasnost“ waren nicht die Ursache für neue Initiativen, sie waren der Ausdruck, das grüne Licht für eine schon lange befahrene Straße, auf der sich der Verkehr bereits gefährlich staute. Nach dem 17. Juli 1953 in der DDR, dem Aufstand in Ungarn 1956, dem Bau der Mauer 1961 war der Prager Frühling 1968 schließlich ein unübersehbares Zeichen; er zeigte aber auch, dass die sowjetische Staatsbürokratie noch nicht reif für die Smuta war. Einen theoretischen Reflex auf diese Entwicklung konnte man 1977 in Rudolf Bahros [1] „Alternative“ nachlesen; einen zweiten in der Sowjetunion selbst am Ende der 70er in den Untersuchungen der Nowosibirsker Schule unter ihrer Leiterin Tatjana Saslawskaja [2].

Das Auftreten Michail Gorbatschows Anfang der 80er Jahre signalisierte die Bereitschaft der Führung der KPdSU zu einer der in der russisch-sowjetischen Geschichte üblichen Reformen von oben: Perestroika zielte auf eine gelenkte Befreiung der herangewachsenen Potentiale privaten Interesses im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Ordnung, ohne diese insgesamt aufheben zu wollen. Es ging um eine Effektivierung dieser Ordnung der kapitalisierten Gemeinwirtschaft, nicht um deren Abschaffung, nicht um die Einführung einer privatwirtschaftlichen Ordnung, auch nicht um die Verwandlung des asiatischen Typs der Produktion in den europäisch-westlichen.

Die herrschende Bürokratie der Sowjetunion hatte jedoch das Ausmaß der bereits erreichten Individualisierung und Privatisierung des Denkens und Wollens, sowie die Dynamik der regionalen Entwicklungen unterschätzt, so dass die Lockerung der staatlichen Vorgaben zu einem sich beschleunigenden allgemeinen Zerfall führte. Der Druck der Anpassung an die umgebende Welt war einfach zu groß, um ihn kanalisieren zu können, die technische Revolution der neu entstehenden globalen Kommunikationsstruktur als Einwirkung von außen nicht - von heute aus gesehen: noch nicht - wieder beherrschbar. Mittel der Abschottung und Kontrolle der neuen Medien waren noch nicht zur Hand. Man könnte sagen, die Moskauer Bürokratie wurde von der Computerisierung überrannt. Boris Jelzin und seine ganz an den äußeren Einflüssen orientierten Reformer waren der Ausdruck dieser Dynamik – die sich dann im Schockprogramm Luft machte, das die Umwälzung innerhalb von zwei Jahren schaffen wollte.

Die Restauration des Staates unter Putin ist der konsequente nächste Schritt, dessen Inhalt darin besteht, die nach-sowjetische gemeinwirtschaftliche Produktions- und Lebensweise unter Einbeziehung westlicher Impulse und nach dem Abstoßen ineffektiver Ballaste im Lande wie an seinen Außenbereichen auf einem neuen Niveau wieder funktionsfähig zu machen. Nicht Nachvollzug, nicht Übernahme der europäisch-westlichen Produktions- und Lebensweise ist der Inhalt der nach-sowjetischen und heutigen russischen Transformation, sondern die Effektivierung des nicht-privatkapitalistischen Weges mit Mitteln des Privatkapitalismus. Was dabei herauskommen wird, ist selbstverständlich offen – auf keinen Fall aber eine einfache Übernahme des uns bekannten Kapitalismus mit der ihm immanenten Selbstverwertungslogik des Kapitals, auf keinen Fall nur ein Nachvollzug westlicher Muster, auf keinen Fall nur eine Einordnung in das neo-liberale Fortschritts- und Wachstumsschema der Globalisierung, sondern die Entstehung einer anderen als der auf Privateigentum basierenden Kultur, die westliche und traditionell russische Elemente zusammenführt, eine Entwicklung also, die Elemente der zentralistischen gemeineigentümlichen Ordnung mit privateigentümlichen Freiheiten zu verbinden sucht. Ihre widersprüchlichen Elemente sind: Öffnung für internationale Investitionen, Beitrittsabsichten zur WTO und Angleichung an deren Standards sowie Front mit den USA gegen internationalen Terror auf der einen Seite; dem steht die Beibehaltung von Staatskapital und staatlichem Zugriff auf Ressourcen, die erklärte Absicht, Subventionen für die eigene Landwirtschaft beizubehalten und der Anspruch auf eine Integrationsrolle Russlands für die Völker der russischen Föderation und Eurasiens mit Auswirkung auf die globale Ordnung gegenüber. Klar gesprochen: Russland wird sich nicht in eine von den USA und der EU-beherrschte Globalisierung eingliedern, es wird seine „Sonderrolle“ nach wie vor wahrnehmen, was nichts anderes bedeutet, als für die Länder, die wie es selbst von der asiatischen Produktionsweise herkommen, eine Impuls- und Führungsrolle gegen den unipolaren Herrschaftsanspruch der USA und für eine multipolare kooperative Weltordnung einzunehmen.

Entscheidend ist, daran sei hier noch einmal erinnert: Russland kann sich diese Rolle leisten, weil es aus seiner Geschichte die doppelte Autarkie mitbringt: die Unabhängigkeit in den natürlichen Ressourcen und die Tradition der Eigen- und Selbstversorgung in der Bevölkerung.

Russland wird dann stark sein, wenn es seinen staatlichen Griff auf die Ressourcen behält, statt den Markt „freizugeben“; wenn es seine Tradition der Selbst- und Eigenversorgung, das heißt, die nicht „monetäre“ Sphäre trotz Privatisierung weiterhin schützt und entwickelt. Jede „Liberalisierung“ des Welt-Ressourcenmarktes dagegen wie auch jede Verdrängung und Zerstörung der traditionellen Selbst- und Eigenversorgungsstrukturen durch forcierte „Monetarisierung“ wird Russlands Sonderrolle schwächen und seine Identität tendenziell zerstören. Erfolg oder Misserfolg russischer Politik, innen- wie außenpolitisch, misst sich an diesen Vorgaben.

Internationale Kraftlinien

Diese Kräftelage macht deutlich, worum es bei internationalen Auseinandersetzungen auf dem Feld der WTO, des neuaufgelegten „Great Game“ wie auch in der Militärpolitik geht: Es geht zunächst darum Russland von der Verfügungsgewalt über seine natürlichen Ressourcen zu trennen. Hieran sind vor allem die USA, die EU, Japan, aber auch China und weitere ressourcenabhängige Staaten interessiert. Das trifft sogar dann noch zu, wenn wir nicht nur über Gas und Öl, sondern auch über erneuerbare Energien oder Energien aus Naturkräften wie Wind, Wasser, Sonne sprechen. Selbst neue Verfahren der Energiegewinnung, wie OPV (Organische Photovoltaik), die jetzt am Horizont auftauchen, sind in diese Perspektive mit eingeschlossen, solange auch dafür eine Kunststoffbasis beruhend auf Öl gebraucht wird.

Es geht des Weiteren um politische Interventionen, die Russland daran hindern sollen auf Grund offener Bündnispolitik Führer oder Impulsgeber einer neuen multipolaren Ordnung zu werden. Nicht zuletzt geht es darum, Russlands traditionelle Kultur und die konkrete wirtschaftliche Struktur der Selbst- und Eigenverssorgung zugunsten einer globalisierten Fremdversorgung zu zerstören, Abhängigkeiten vom „internationalen Markt“ herzustellen, Russland in den globalen Freihandel „einzubeziehen“, wie es von der EU strategisch formuliert wird. Hierhin gehören auch innenpolitische Interventionen, die eine Sozial- und Kulturpolitik fordern, die den Markt im Lande unausweichlich und die Menschen vom Konsum abhängig macht.

Zukünftige Konfliktfelder sind daher der Kampf um Öl, Gas, erneuerbare Energien usw., sind Auseinandersetzungen in der WTO und um sie herum. Da geht es um Zulässigkeit und Umfang von Subventionen, um Protektionismus. Neuerdings beginnt die EU allen Freihandelsanforderungen gegenüber anderen Ländern, vor allem gegenüber Russland, zum Trotz, sich selbst vor der Anlage russischer Gelder in Europa zu „schützen“. Innenpolitisch steht forcierte Monetarisierung auf der Agenda, gegen Selbstversorgung, „Selbstgenügsamkeit“ und traditionelle Tauschgewohnheiten.

Wird Putins Politik unter diesen Gesichtspunkten sachlich überprüft, dann lässt sich erkennen, dass er der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Die Ergebnisse seiner Politik bringen selbst radikale Kritiker der russischen Neu-Linken wie Boris Kagarlitzki zu der Aussage, Putin dürfe sich als erfolgreichster Herrscher Russlands betrachten, dessen Politik nur den einen Fehler habe, dass das Erreichte nicht gerecht verteilt werde. Auch außenpolitisch sei das erfolgreiche internationales Come back unübersehbar. Dem ist zuzustimmen, wenn man nicht in bloße Kritikasterei á la Kasparow, Nemzow und anderen russischen Ultraliberalen verfallen will, die zum Liberalismus der Jelzinära zurückkehren wollen. Die Frage ist allein: wie weiter? Kann Putin selbst oder können seine Nachfolger die Geister bannen, die sie riefen? Wird die WTO, das heißt, die in ihrem Rahmen geforderte Internationalisierung des Energiemarktes und die Monetarisierung des Landes zum Tod der russischen Autarkie, sowohl was die Verfügung über die natürlichen Ressourcen betrifft als auch in bezug auf die eigenproduktive Selbstbestimmung? Oder wachsen unter dem Schutz des neuen autokratischen Zentralismus neue, modernisierte Formen eigener russischer Produktions- und Lebensstrukturen, die den Freihandels-Rahmen der WTO sprengen? Signale in diese Richtung gibt es, wenn Putin erklärt, dass Russland zwar in die WTO wolle, aber „zu unseren Bedingungen“. Das hieße heute zu den Bedingungen der gelenkten Wirtschaft und der gelenkten Demokratie. Eines von beidem oder beides miteinander muss sich jedoch verändern.

Von selbst wird dies allerdings nicht geschehen, mehr noch, Putins Ansatz das Land durch eine Reform von oben zu modernisieren, findet seine Grenzen in sich selbst insofern die Gefahr besteht, dass die Entwicklung von Initiative aus der Bevölkerung durch die unter Putin entstandenen Formen der „gelenkten Demokratie“ nicht gefördert, sondern eher gebremst werden. Für die Wiederherstellung rudimentärer sozialer Funktionen des russischen Staates war diese Phase zweifellos unumgänglich, für die Zeit nach Putin stellt sich die Frage wie und ob der in seiner Amtszeit geschaffene Rahmen die Entstehung neuer Initiativen von unten zulässt, die traditionelle Gemeinschaftsstrukturen und die neuen Impulse einer individualisierenden Selbstbestimmung bewusst miteinander verbindet und so einer einseitigen, autoritären Ausrichtung der russischen Gesellschaft an den Interessen der ausländischen und inländischen Investoren aktiv von unter her entgegentritt. Ansätze dazu hat es mit den massenhaften Protesten von 2005 gegeben, in denen Rentner, Studenten und andere die Absicht der russischen Regierung vereitelten, kommunale und soziale unentgeltliche Dienstleistungen und bestehende materielle Vergütungsstrukturen in Geldbeziehungen nach WTO-Vorgaben umzuwandeln. Neue Anläufe dazu sind aber bereits von der Regierung geplant. Ihre Umsetzung ist nach den Wahlen 2007/2008 geplant. In den zu erwartenden Auseinandersetzungen darum wird sich zeigen, ob Russland tatsächlich auf ein neues Niveau der Entwicklung kommt, das Sowjetismus und Kapitalismus gleichermaßen hinter sich lässt, anders gesagt, ob es eine Symbiose aus modernen Formen der Industriegesellschaft und Erhaltung, bzw. Weiterentwicklung der Selbstversorgung zu entwickeln imstande ist.

Anmerkungen zur westlichen Wahrnehmung

Ein paar abschließende Worte noch zur Wahrnehmung der russischen Entwicklung durch die westlichen Medien: Die Mehrheit westlicher Analytiker/innen und Medien bis hinein ins das sich als links und progressiv verstehende Lager kommt bisher nicht über die Stadien-Theorien von Marx und Engels hinaus – in der Regel drolliger Weise ohne sich dabei des Ursprungs dieser Theorien bei den heute geschmähten Vätern des Sozialismus bewusst zu sein. Russland wird nur unter dem Gesichtspunkt des Nachholens, der Einordnung, des Noch-nicht-Erreichten begriffen und nach diesem, dem eigenen westlichen Maßstab, be- und mit wachsendem neuen russischen Selbstbewusstsein zunehmend verurteilt.

So konstatieren Soziologen der diversen Ost-Institute, es gebe „noch keine Dynamik“ in Russland, ohne zu begreifen, dass die in Russland heute sich entwickelnde Dynamik ganz anderer Natur ist als die des bloßen Nachvollzugs marktwirtschaftlicher Defizite – nämlich die Einbindung privatwirtschaftlicher Impulse in eine kollektive Privatisierung, die Entwicklung eines Gemeineigentums, das private Verfügungsgewalt und viele Mischformen zulässt. Das ist zwar ein sehr widersprüchlicher, aber durchaus sehr dynamischer, wenn auch ganz und gar den Verhältnissen einer Modernisierung der asiatischen Produktionsweise entsprechender Prozess.

So wird richtig konstatiert, es gebe „noch keine“ Zivilgesellschaft in Russland, ohne zu bedenken, dass die nachsowjetisch-russische Gesellschaft von anderen Werten ausgeht, die zwar mit dem westlichen Individualismus auf gute Weise zu verbinden, dabei aber zu erhalten, zu entwickeln und sogar wiederherzustellen sind, eben die russischen Gemeinschaftstraditionen, insonderheit die Strukturen der gemeinschaftlichen Eigen- und Selbstversorgung. Auch dies ist ein sehr komplizierter Prozess, der andere Formen der Selbstbestimmung und Demokratie hervorbringen wird als eine Formaldemokratie nach westlichen Vorgaben.

So wird von einem Neo-Imperialismus Russlands gesprochen, ohne zu berücksichtigen, dass das zaristische Russland und selbst noch die Sowjetunion nicht vom Imperialismus westlichen Typs geprägt war. Russlands vorsowjetische Expansion, ebenso die der Sowjetunion war vorrangig politisch motiviert, erst in zweiter Linie ökonomisch; sie war im Wesen integrativ, adaptiv, statt überseeisch kolonial. Es wird nicht verstanden, dass auch das heutige Russland nicht von dem Selbstverwertungsdruck des Kapitals zu imperialer Expansion getrieben, selbst aus Gründen der Ressourcensicherung nicht zu imperialen Aktivitäten gedrängt wird, dass es vielmehr aus politischer Motivation der Selbstberuhigung und des Selbstschutzes danach strebt, Impulsgeber einer multipolaren Ordnung zu sein, in der es seine Art weiter pflegen kann. Selbst ein schwerwiegender Öl- oder Gas-Knick könnte Russland nicht von sich aus in Abenteuer treiben; eine zukünftige Öl- oder Gas-Krise würde seine Autarkie nicht brechen, sondern sie erst recht zur Wirkung bringen.

Unter all diesen Bedingungen haben die Westmächte, wenn sie Russland fürchten und klein halten wollen, statt ein starkes Russland als Chance für einen zukünftigen Weltfrieden zu begreifen, nur wenige Optionen: Sie könnten versuchen Russland in die Anhängigkeit vom Weltmarkt und so in die innenpolitische Krise zu treiben, um Russlands Kraft auf diese Weise von innen zu brechen. Sie könnten versuchen Russland in einen Rüstungswettlauf zu treiben und so zu ruinieren und in Kleinkriege an seinen Grenzen zu verwickeln , wie sie in Tschetschenien und im Kaukasus bereits entstanden sind. Sie könnten schließlich Russland direkt mit Krieg überziehen.

Letztlich ist keine dieser Optionen realistisch, solange politische Vernunft das strategische Handeln bestimmt: Eine erneute Destabilisierung Russlands auf dem jetzigen Niveau wäre gleichbedeutend mit einer Destabilisierung des Weltmarktes und der internationalen Beziehungen. Eine direkte militärische Zerstörung Russlands, die mehr bewirken sollte als nur eine vorübergehende Lähmung des Landes auf dem Niveau der Selbstversorgung wäre angesichts atomarer Bewaffnung der möglichen Kontrahenten gleichbedeutend mit einer Zerstörung der Welt. Daran können selbst größenwahnsinnige Noch-Hegemonisten kein Interesse haben. Was außerhalb rationaler Interessen geschieht, ist eine andere Frage, über die zu spekulieren keinen Sinn macht.

Fußnoten
  1. Der Vorabdruck seines Buches "Die Alternative. Zur Kritik des real existierenden Sozialismus" im westdeutschen Magazin "Der Spiegel" und die nachfolgende Verhaftung am 25. August 1977 machten Rudolf Bahro weltweit bekannt. Zum 30. Jahrestages der Gründung der DDR 11. Oktober 1979 wurde er nach weltweiten Protesten amnestiert und in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben. Dort wurde er zu einem der Gründungsmitglieder der Grünen Partei.
  2. Tatjana Saslawskaja war Leiterin der neuen Soziologischen Fakultät der Akadem Gorod (Akademikkerstadt) in Nowosibirsk. Mit ihren Untersuchungen zur neuen Klassenentwicklung in der Sowjetunion in dem Buch die „Gorbatschowstrategie“ wurde sie Anfang der 80er Jahre zu einer der wissenschaftlichen Stichwortgeberinnen Gorbatschows.

Vortrag beim 14. Friedenspolitischen Ratschlag in der Uni Kassel am 1./2. Dezember 2007


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