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Anschlag auf den "Newski Express"

Explosion ließ Schnellzug zwischen Moskau und St. Petersburg entgleisen - 60 Verletzte *

Das Zugunglück zwischen Moskau und St. Petersburg mit 60 Verletzten ist vermutlich durch eine ferngezündete Bombe verursacht worden.

Das russische Innenministerium teilte am Dienstag (14. August) nach ersten Ermittlungen mit, der Sprengsatz sei vor der Lokomotive des mit 251 Menschen besetzten Zuges explodiert. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt wegen Terrorverdachts.

Nach Angaben der Ermittler befand sich der selbst gebaute Sprengsatz im Gleisbett, wie die Agentur Interfax meldete. Die Explosion riss einen eineinhalb Meter großen Krater in den Boden. Der Zug entgleiste. Die Wucht des Sprengsatzes entsprach laut Ermittlern der Stärke von zwei Kilogramm TNT.

Die Hintergründe des Attentats in der Region Nowgorod waren zunächst unklar. Der Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB, Nikolai Patruschew, kündigte nach dem Anschlag zwischen den beiden größten Städten Russlands verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an. Vor allem tschetschenische Rebellen und ihnen nahestehende Extremisten aus der Kaukasusregion hatten in den vergangenen Jahren häufig Anschläge auf zivile Ziele in Russland verübt.

Der »Newski Express« war am Montagabend auf Russlands wichtigster Eisenbahnstrecke bei Tempo 180 entgleist. Der Lokführer hatte berichtet, unmittelbar vor dem Entgleisen des Zuges einen Explosionsknall gehört zu haben.

Die Nachrichtenagentur Interfax zitierte allerdings auch örtliche Strafverfolgungskreise, denen zufolge es noch nicht möglich sei, die genaue Ursache für das Entgleisen des Zuges festzustellen. Von den rund 60 Verletzten wurden nach Angaben der russischen Eisenbahngesellschaft und der Polizei 28 in Krankenhäuser eingeliefert. Darunter sollen keine Ausländer sein. Zwei Menschen schwebten in Lebensgefahr, hieß es. Die betroffene Nachtzugverbindung ist bei Touristen sehr beliebt. Nach Angaben des Bahnunternehmens waren für den verunglückten Zug 231 Fahrkarten verkauft worden. Zum Zugpersonal hätten rund 20 Menschen gezählt.

Interfax zitierte einen Ermittler, dem zufolge eine Fernsteuerung entdeckt worden sei, die dem bei einem Anschlag auf einen Zug im Juni 2005 verwendeten Gerät sehr ähnlich sei. In diesem Fall erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei Russen, denen »religiöser und Rassenhass« vorgeworfen wurde. Auch nach dem vorerst letzten großen Anschlag in Russland, bei dem im August 2006 14 Menschen auf einem Markt in Moskau ums Leben kamen, beschuldigte die Justiz russische Rechtsextremisten.

Die mutmaßlich letzten von Tschetschenen verübten Attentate gab es im August 2004, als zwei in Moskau gestartete Linienflugzeuge fast gleichzeitig abstürzten.

Der russische Geheimdienstchef Nikolai Patruschew nutzte unterdessen das Zugunglück, die Gefahr terroristischer Anschläge in Russland hervorzuheben. »Die extremistische Bedrohung und der Terrorismus sind noch nicht ausgerottet«, warnte er. Für die im Dezember dieses Jahres anstehenden Parlamentswahlen und die Präsidentschaftswahlen im März 2008 kündigte Patruschew eine Verschärfung der Antiterrormaßnahmen an.
Der russische Präsident Wladimir Putin wies den Moskauer Verkehrsminister an, alles zu tun, um den Opfern zu helfen und den Bahnverkehr wiederherzustellen.

* Aus: Neues Deutschland, 15. August 2007

Aktuelle Meldungen

Erster Verdächtiger zu Sprengstoffanschlag auf Schnellzug in Russland

MALAJA WISCHERA, 14. August (RIA Novosti). Nach dem Sprengstoffanschlag auf einen Schnellzug bei Nowgorod Weliki (500 Kilometer nördlich von Moskau) ist ein erster Verdächtiger aufgetaucht.
Das teilte der Leiter des Untersuchungsausschusses bei der Generalstaatsanwaltschaft Russlands, Alexander Bastrykin, am Dienstag (14. August) Journalisten in Malaja Wischera mit. Er werde aber keine Details bekanntgeben, bis die Ermittlungen zu Ende gegangen seien. "Die Sprengkraft der Bombe mit Fernzündung betrug knapp drei Kilogramm TNT… Die Reste der Sprengvorrichtung werden detailliert untersucht." Dann solle es die ersten Resultate geben.
Zu den Motiven der Tat konnte Bastrykin keine Angaben machen. Möglicherweise gebe es bereits die ersten Augenzeugen, sagte er.

Zugunglück: Ermittlung verfügt über Phantombilder von zwei Verdächtigen

ST. PETERSBURG, 14. August (RIA Novosti). Die Ermittlung verfügt jetzt über Phantombilder von zwei Personen, die verdächtigt sind, die Bombe unter den Schnellzug Moskau-St. Petersburg gelegt zu haben.
Das teilte eine Sprecherin der örtlichen Innenbehörde am Dienstag (14. Aug.) in St. Petersburg mit. Die Phantombilder seien bereits an alle zuständigen Dienste weitergeleitet, hieß es.
Am Montagabend (13. Aug.) war ein Zug auf der Route zwischen Moskau und St. Petersburg nach der Zündung einer selbstgebastelten Bombe entgleist. Es gab etwa 60 Verletzte. Das Unglück ereignete sich im Raum der Station Malaja Wischera bei Nowgorod Weliki. Im Zug befanden sich 231 Passagiere und 20 Bahnbeschäftigte. Beschädigt wurden 750 Meter Gleise und 800 Meter Stromversorgungskabel.

Jeder Betroffener bei Anschlag auf Schnellzug wird entschädigt

MOSKAU, 14. August (RIA Novosti). Die Eisenbahn-Versicherungsanstalt ZASO wird jedem vom Sprengstoffanschlag auf den Schnellzug im Norden Russlands Betroffenen bis zu 12 000 Rubel (knapp 350 Euro) auszahlen.
Das teilte der Versicherer am Dienstag (14. Aug.) in Moskau mit. Die Versicherungsgebühr in Höhe von 2,3 Rubel pro Passagier wird beim Kauf der Fahrkarte automatisch kassiert. "Diejenigen Reisenden, die eine Police der freiwilligen ZASO-Versicherung haben, erhalten eine Prämie von bis zu 250 000 Rubel. Die Kosten für die Behandlung und Medikamente werden von ZASO zusätzlich getragen", heißt es in der Mitteilung.

Quelle: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti




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