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Übliche Verdächtige

Bekannte Gesichter im peruanischen Wahlkampf. Kampagnen im Zeichen von Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen und von Korruption

Von Ángel Pérez (IPS), Lima*

Vier Monate vor der Abstimmung über den neuen Präsidenten läuft der Wahlkampf in Peru auf Hochtouren. Doch werden die Kampagnen der Kandidaten immer wieder von Korruption und der Debatte um Straffreiheit für Verbrechen gegen die Menschenrechte überschattet. Und das, obwohl die Präsidentschaftskandidaten offiziell noch nicht einmal registriert worden sind.

Fujimoris langer Arm

So hat Lourdes Flores, Frontfrau der rechten Koalition Nationale Einheit, für den Fall ihres Sieges Arturo Woodman für das Amt des Vizepräsidenten vorgestellt. Woodman stand nicht nur dem korrupten Regime von Alberto Fujimori nahe, sondern ist auch ein enger Vertrauter des Bankiers Dionisio Romero, der sich wegen illegaler Einflußnahme auf die Politik vor Gericht verantworten muß. Zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse, die sich mit den unter Fujimori von 1990 bis 2000 begangenen Wirtschafts- und Finanzdelikten befaßt hatten, brachten Woodman mit vier Korruptionsfällen in Verbindung. Darüber hinaus soll er Romero persönlich mit dem damaligen Sicherheitschef Vladimiro Montesinos, der treibenden Kraft hinter der Fujimori-Regierung, bekannt gemacht haben. Sowohl Fujimori als auch Montesinos sitzen derzeit im Gefängnis. Ersterer wartet in Chile auf seine Auslieferung nach Lima, wo ihm wegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption der Prozeß gemacht werden soll. Letzterer sitzt in Peru ein, nachdem er wegen einer ganzen Reihe von Delikten verurteilt wurde.

Doch nicht nur Flores, auch ihr politischer Widersacher Alan García, der Peru zwischen 1985 und 1990 regierte und für die sozialdemokratische Peruanische Apristenpartei ins Rennen geht, scheut offenbar nicht davor zurück, eine äußerst umstrittene Persönlichkeit zu seinem Vize zu machen. Sein Wunschkandidat ist der Admiral a. D. Luis Giampietri Rojas.

Giampietri ist ein erklärter Gegner der peruanischen Menschenrechtsorganisationen und der Wahrheits- und Versöhnungskommission (CVR), die sich mit den Verbrechen befaßt hat, die unter dem Vorwand der Guerillabekämpfung zwischen 1990 bis 2000 begangen wurden. Der im August 2003 veröffentlichte Kommissionsbericht widmete sich auch den Sicherheitskräften, denen er für 28 Prozent der damals begangenen Menschenrechtsverletzungen die Schuld gibt. Die Greuel seien systematisch organisiert worden und nicht, wie von der Regierung des damaligen Staatspräsidenten Fujimori behauptet, individuelle Verfehlungen gewesen.

García hat Giampietri als gefechtserfahrenen Sicherheitsexperten mit »demokratischem Rechtsverständnis« präsentiert, jedoch unterschlagen, daß der Exadmiral einer der beiden Operationschefs war, die unter García einen Gefangenenaufstand im Juni 1986 auf der Gefängnisinsel El Frontón als Terrorakt darstellten und blutig niederschlugen.

Putschist kandidiert

Die Wahrheitskommission fand heraus, daß bei dem Einsatz zahlreiche Gefangene niedergeschossen wurden, die sich zuvor den Sicherheitskräften ergeben hatten. Später hieß es, die Opfer seien bei dem Schußwechsel ums Leben gekommen. In diesem Fall wird sich García noch vor Gericht verantworten und Giampietri als Zeuge auftreten müssen.

Neben Lourdes Flores und Alan García wollen sich am 9. April mindestens 15 weitere Gruppen und Parteien zur Wahl stellen. Für Aufsehen sorgte vor allem die Ankündigung des Militärs Ollanta Humala, für das Präsidentenamt zu kandidieren. Vor einem Jahr erst, am Neujahrstag 2005, hatte der Anführer der Bewegung »Etnocaceristas« einen Militärputsch gegen die amtierende Regierung von Alejandro Toledo versucht. Rund 150 aufständische Militärs hatten in den frühen Morgenstunden eine Polizeistation in der Stadt Andahuaylas im Südosten des Andenstaates gestürmt und zehn Beamte als Geiseln genommen. Der Aufstand konnte von regierungsloyalen Truppen zwar niedergeschlagen werden, doch haben Ollanta Humala und sein Bruder Antauro Humala ihre Basis seither massiv ausbauen können.

* Aus: junge Welt, 3. Januar 2005


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