Perus neuer Präsident Alejandro Toledo
Porträt eines schillernden Politikers
Im Folgenden dokumentieren wir aus Porträts des neuen peruanischen Präsidenten, die nach seiner Wahl in den Medien verbreitet wurden.
Erfahrener Ökonom
Der 55-jährige Toledo hat die erste Runde der
Präsidentsschaftswahlen mit großem Vorsprung für
sich entschieden, er ist ein Selfmademan aus dem
Volk, gehört nicht zur unbeliebten hellhäutigen Elite
des Landes und ist ein ausgewiesener
Wirtschaftsfachmann. Außerdem hat sein Rivale das
Land bereits einmal regiert – und in den Ruin
getrieben.
Trotzdem kann sich der
Kandidat der Partei "Perú
Posible" (Peru ist
möglich) seines Sieges
nicht sicher sein. Nicht
nur, weil sein Gegner Alan
García ein nicht für
möglich gehaltenes
Comeback feiert. Toledo sieht sich seit seinem
Wahlkampf gegen den geflohenen Ex-Präsidenten
Alberto Fujimori vor einem Jahr einer Reihe von
Vorwürfen ausgesetzt, die er nicht völlig entkräften
konnte: Eine "uneheliche Tochter" aus früheren
Zeiten? Lügen sagt Toledo. Eine durchzechte Nacht
mit Drogenexzessen und einem nachfolgenden
positiven Kokainbefund? Eine Entführung behauptet
der Kandidat.
Vorwürfe aus eigenem Lager
Am schwersten wiegen aber die Vorwürfe seines
ehemaligen Beraters Alvaro Vargas Llosa, Sohn des
berühmten Schriftstellers. "Ich kann den Peruanern nicht empfehlen, für diesen Kandidaten (Toledo) zu stimmen, auch nicht für
García", sagte der Journalist zwei Wochen nach dem
ersten Urnengang. Toledo sei ein Lügner, illoyal und Korrupt. Er sehe die Gefahr eines "neuen Fujimori", falls Alejandro Toledo
gewinne. Alvaro Vargas Llosa beließ es nicht bei
diesen harschen Worten: Zusammen mit dem
populären Journalisten Jaime Bayly kündigte er eine
"Kampagne der ungültigen Stimmen" an. Die Peruaner
sollen sich für das demokratische System, aber gegen
die Kanditaten entscheiden. Immerhin ergab die Auszählung der Stimmen knapp 13 Prozent ungültiger Stimmzettel. Den prognostizierten Sieg hat die Kampagne dem "Cholo", wie Alejandro Toledo in
Andeutung auf seine indianische Herkunft von seinen
Getreuen genannt wird, nicht gekostet.
Favorit der Wirtschaft
Dabei ist Toledo der Favorit der internationalen und
der peruanischen Wirtschaft. Der Mann, der es vom
Schuhputzer zum Wirtschaftstudenten in Standford und
zum Mitarbeiter der UNO, der Weltbank und der
Harvard-Universität gebracht hat, ist den Ökonomen
lieber als der scheinbar geläuterte Hasardeur Alan
García. Zwar macht auch Toledo Wahlversprechen, deren
Finanzierung in den Sternen steht - so die
Gehaltserhöhungen für Lehrer, Polizisten und Arbeiter.
Aber gleichzeitig verplichtet er sich zu einer
"disziplinierten Geld- und Ausgabenpolitik". Für den Wirtschaftsfachmann sprach auch, dass er
bereits ein kompetentes Schattenkabinett vorgestellt
hatte, während sein Kontrahent sich mit dem
Versprechen einer "Regierung der Einheit" bedeckt
hielt.
(Quelle: Netzeitung, 02.06.2001)
Ein Porträt aus der Süddeutschen Zeitung (in Auszügen):
Wäre alles mit rechten Dingen zugegangen, hätte Alejandro
Toledo bereits vor einem Jahr die Präsidentschaftswahlen in Peru
gewonnen. Doch die Fälschungsmaschinerie des damaligen
Präsidenten Alberto Fujimori und seines Geheimdienstes
betrogen den Wirtschaftsexperten um den Sieg. Nun darf er
jubeln ...
Toledos politische Erfahrung beschränkt sich auf drei
Kandidaturen für das Präsidentenamt, 1995 war er erstmals
vergeblich gegen Fujimori angetreten und erzielte lediglich drei
Prozent. Ansonsten hat der 55-Jährige als wirtschaftlicher
Berater für internationale Organisationen gearbeitet, auch in
Entwicklungsprojekten in seiner Heimat. Seine Kenntnisse der
Ökonomie hat er, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt und
indianische Vorfahren hat, an der amerikanischen
Stanford-Universität erworben, an der er 1976 auch seinen
Doktor in Personalführung machte. So hat auch kein
Unternehmer oder Bankier des Landes Angst, dass Toledo Peru
in wirtschaftspolitische Abenteuer stürzen könnte. Bereits in der
Wahlnacht hat er angekündigt, dass er den bisherigen Kurs des
knappen Geldes beibehalten will, um dem Land eine neuerliche
Hyperinflation zu ersparen. ...
...
Der weltberühmte peruanische Schriftsteller Mario Vargas Llosa
hat von Toledo gefordert, nach zehn Jahren der Korruption
müsse er das Land wieder auf den Weg der Moral führen. Da
aber gibt es Zweifel an Toledos Fähigkeiten. Er konnte nie
gänzlich den Verdacht ausräumen, dass er sich Kokain
schnupfend mit Prostituierten amüsierte, während seine Frau ihn
bei der Polizei als entführt gemeldet hatte. Er verweigert einen
Vaterschaftstest, der feststellen könnte, ob das Mädchen Zarai
Orosco seine uneheliche Tochter ist, wie dessen Mutter
behauptet. Und er wurde von verschiedenen Seiten verdächtigt,
Wahlkampfspenden nicht ordnungsgemäß abgerechnet zu
haben. So mancher Peruaner hat auch Angst vor seiner
einflussreichen belgischen Ehefrau, der Anthropologin Eliane
Karp. Im Wahlkampf wurden ihr rassistische Tendenzen
vorgeworfen, hetzte sie doch gegen das weiße Bürgertum.
Eines ist sicher: Toledo und Gattin werden ein eindrucksvolles
Bild abgeben. Das Paar ist nämlich immer perfekt gestylt und das
Teuerste ist ihm gerade gut genug.
Eva Karnofsky
Aus: Süddeutsche Zeitung, 05. Juni 2001
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