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Nachhaltiger Holzraubbau

Wikileaks: Bericht über gefälschte Umweltzertifikate für Mahagoni-Exporteur

Von Benjamin Beutler *

Mit einem vergangene Woche bekannt gewordenen Dokument sorgt die Enthüllungsplattform Wikileaks auch in Sachen Umwelt für Aufsehen. Vor fünf Jahren kabelte der damalige US-Botschafter in Lima eine Depesche nach Washington, in dem die Forstpolitik des südamerikanischen Landes mehr als schlecht wegkommt.

»Inoffizielle Schätzungen des Institutes für natürliche Ressourcen INRENA zeigen, dass 70 bis 90 Prozent aller Mahagoni-Exporte aus illegalen Quellen stammen«, so US-Botschafter James Struble in seinem im April 2006 verfassten Report »06LIMA1534«. Peruanische Behörden hatten dem Diplomaten gegenüber eingestanden, dass heimische Unternehmen und korrupte Funktionäre bei der Ausstellung von Zertifikaten für seltene Tropenhölzer aus umwelt- und ressourcenfreundlicher Forstwirtschaft jahrelang systematisch betrogen haben.

Glaubt man internationalen Holzzertifikaten, so sieht es im Amazonasgebiet auf den ersten Blick nach nachhaltiger Bewirtschaftung aus. Brasilien hatte im Oktober 2001 den Export von Mahagoni per Gesetz verboten, Bolivien reduzierte angesichts schrumpfender Bestände die Ausfuhr. Auch Peru folgte dem grünen Regulierungstrend, der dem wachsenden Konsumentenbedürfnis in USA und Europa nach »Öko-Holz« geschuldet ist.

2002 wurde die staatliche Behörde INRENA gegründet, die den illegalen Einschlag von gefährdeten Amazonas-Waldbeständen eindämmen soll. Allein INRENA vergibt an Forstunternehmen Lizenzen. Im Mai 2005 wurde mit Unterstützung der US-Regierung eine Exportbeschränkung für Mahagoni durchgesetzt. In die USA, wohin 2005 fast 90 Prozent der peruanischen Edelholzexporte gingen, dürfen unter Einhaltung des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES) nur zertifizierte Hölzer eingeführt werden.

Genau diese Zertifikate aber sind ihr Papier nicht wert. Mit Unterstützung der US-Entwicklungshilfebehörde USAID hatte INRENA damals 52 Forstkonzessionen vergeben, wobei sich zehn Großfirmen den Markt untereinander aufteilen. »Der Überprüfungsprozess hat gezeigt, dass 60 Prozent der Konzessionen schwerwiegende Verstöße aufweisen«, bezieht sich US-Botschafter Struble auf »inoffizielle Schätzungen« der Behörde. Den INRENA-Funktionären seien »gefälschte Dokumente« vorgelegt worden, Holz werde in großen Stil »außerhalb der Konzessionsgrenzen« geschlagen. Von den restlichen 40 Prozent verifizierter Konzessionen wies zudem »keine einzige hohe Managementstandards« zur CITES-Einhaltung auf.

Das größte Problem in der Kontrolle von Umweltstandards ist Korruption. Bei »jährlich 4200 Einzelgenehmigungen« durch die regionalen INRENA-Büros sei Bestechung an der Tagesordnung, gestand Behördenchef José Luis Camino Ende 2008 in einem Interview mit der Tageszeitung »El Comercio« ein. »Die Korruption ist in INRENA so schlimm wie in keinem anderen Bereich unseres Landes«, konstatiert der damalige INRENA-Präsident. Am Freitag versprach das peruanische Agrarministerium »Aufklärung«. Umweltschützer glauben aber nicht an ein hartes Durchgreifen. »Die Depesche des Botschafters zeigt den alarmierenden Umfang, in dem sich die Behörden der illegalen Aktivitäten bewusst waren, ohne es zuzugeben oder einzugreifen«, so Stephen Corry, Chef der Menschenrechtsorganisation Survival International.

Lexikon: Mahagoni

Mahagoni (Swietenia) ist eine in Mittel- und Südamerika heimische Pflanzengattung, zu der drei Arten gehören: der Amerikanische Mahagoni (Swietenia macrophylla), der Echte Mahagoni (Swietenia mahagoni) und der Gateado-Mahagoni (Swietenia humilis). Der wirtschaftlich wichtigste Amerikanische Mahagoni erreicht eine Höhe von 40 bis 60 Metern bei einem Stammdurchmesser von bis zu 3,5 Metern. Die Bäume beginnen erst im Alter von zwölf Jahren zu blühen. Der Plantagenanbau scheiterte bislang an einem Schadinsekt, dem Mahagoni-Triebbohrer.



* Aus: Neues Deutschland, 7. März 2011


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