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Militarisierung des Regenwaldes

Peru: Armeepräsenz nach Attacken des "Leuchtenden Pfads" verstärkt

Von Anne Grit Bernhardt *

Nach mehreren Anschlägen der Guerilla »Leuchtender Pfad« auf Sicherheitskräfte, sowie auf das Gasförderungsprojekt CAMISEA im zentralperuanischen Regenwaldgebiet, wird dieses nun zunehmend militarisiert. Anfang Oktober zerstörten Kämpfer drei Hubschrauber der Firma Transportadora de Gas del Peru. Nun seien auch die Pipelines von Anschlägen bedroht, die das Gas durch Peru transportieren. 230 Kilometer der insgesamt rund 700 Kilometer langen Pipeline führen durch das Tal der Flüsse Apurímac, Ene und Mantaro, in welchem zur Zeit Splittergruppen des »Leuchtenden Pfads« agieren. Das peruanische Militär übernimmt nun größtenteils die Kontrolle von CAMISEA – einem der wichtigsten Energieprojekte Perus – um die Gasförderung zu sichern und die Arbeiter zu schützen.

Die Militärbasis La Convención im Departement Cusco soll mit zusätzlichen 600 Soldaten aufgestockt und 20 Hubschraubern ausgestattet werden, weitere Stützpunkte sollen in der Region entstehen. Die Bürgermeisterin von La Convención, Fedia Castro Melgarejo, begrüßte diese Entscheidung der Regierung. Sie betonte gegenüber der Tageszeitung La Republica, die Brüder Quispe Palomino, welche die Gruppen anführen, hätten ihre Provinz für die Attacken ausgewählt, da die Geografie es ihnen erleichtert, sich vor Militär und Polizei zu verstecken. Sie bedauerte, daß die staatlichen Sicherheitskräfte nicht genug ausgebildet seien, um im dichten Regenwald zu kämpfen. »Die Ordnungskräfte kennen weder unsere Geografie noch unsere Realität, und das erschwert den Kampf gegen die Terroristen«, so die Bürgermeisterin.

Der »Leuchtende Pfad«, auf spanisch Sendero Luminoso, wurde in den 1960er Jahren im Hochlanddepartement Ayacucho gegründet. Die maoistische Organisation löste einen zwanzig Jahre dauernden bürgerkriegsähnlichen internen Konflikt aus. Nach der Verhaftung des Anführers und Gründers Abimael Guzmán im September 1992 verlor der »Leuchtende Pfad« seine Schlagkraft und löste sich in den meisten Regionen des Landes auf. Kleinere Splittergruppen mit einigen 100 Kämpfern zogen sich in die unzugänglichen Regenwaldregionen des Landes zurück. Diese widmen sie sich nun vor allem dem Drogenhandel und anderen kriminellen Aktivitäten, wie das illegale Abholzen.

Die seit einigen Monaten wieder häufigeren Angriffe gefährden zunehmend auch die Bevölkerung. Die Betroffenen fliehen aus ihren Dörfern, um nicht zwischen die Fronten zu geraten. Regionalratsmitglied der Provinz La Convención, Elena Ascarza, erklärte im Rundfunksender RPP am 11. Oktober, allein aus Kiteni, wo die drei Hubschrauber zerstört wurden, seien bereits um die 1500 Menschen aus Angst vor weiteren Anschlägen geflüchtet. Durch die Abwanderung seien auch die lokale Infrastruktur, vor allem die Bereiche Versorgung, Bildung und Gesundheit gefährdet und das Leben für die Dagebliebenen würde erschwert. Auch die Generalsekretärin des Dachverbands der Bauern von La Convención, Lucha Paúcar, erbat Hilfe für die Vertriebenen von Alto Lagunas. »Die Familien flohen vor der Gewalt aus Alto Lagunas, Yuveni und anderen Ortschaften«, erklärte sie am vergangenem Montag bei RPP. »Diese Menschen suchen psychologische Unterstützung für ihre traumatisierten Kinder und sie sind auch um ihr Eigentum besorgt. Fremde Leute könnten ihre Felder beschlagnahmen, die das einzige sind, was sie besitzen«, betonte Lucha Paúcar. Der Staat müsse sich um diese Menschen kümmern und Anschläge in der Region verhindern.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 24. Oktober 2012


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