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15-Millionen-Transfer aus der Staatskasse

Dritte Verurteilung von Perus Expräsidenten Fujimori bedeutet endgültiges Aus für seine Karriere

Von Benjamin Beutler *

Perus ehemaliger Staatschef Alberto Fujimori wandert für immer hinter Gitter. Das zumindest befand ein Spezialtribunal in Perus Hauptstadt Lima am Montag. Der 70jährige Expräsident (1990–2000) wurde in einem Korruptionsfall für schuldig befunden. »El Chino«, wie Fujimori von Gegnern aufgrund seiner japanischen Abstammung genannt wird, erhielt wegen »vorsätzlicher Unterschlagung« siebeneinhalb Jahre Haft. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß er kurz vor seiner Flucht nach Japan Ende 2000 über 15 Millionen US-Dollar aus der Staatskasse an seinen Geheimdienstchef Vladimiro Montesinos transferiert hat.

Seine japanische Staatsbürgerschaft hatte ihm damals geholfen, mehreren Verfahren, die in Peru gegen ihn eingeleitet wurden, zu entgehen. In diesem Zusammenhang stand laut Gericht auch die Schweigegeldzahlung an Montesinos, Fujimoris jahrelangen Berater und Mann fürs Grobe. Der Expräsident plädierte in dem Verfahren, das von der Staatsanwaltschaft vor acht Jahren eingeleitet worden war, unbeirrt auf unschuldig. Die ihm zur Last gelegten Handlungen gestand er zwar ein. Doch er rechtfertigte die Zahlungen damit, »einen Staatsstreich verhindert« zu haben.

Der Multimillionär, dessen Privatvermögen während seiner zehnjährigen Regierungszeit laut Schätzungen von Transparency International um 600 Millionen US-Dollar angewachsen ist, wurde damit zum dritten Mal verurteilt. Im September 2007 war er von Chile nach Peru ausgeliefert worden. Danach war er in Lima wegen »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« zu 25 Jahren Haft verurteilt worden. Die Richter konnten ihm nachweisen, mehrere Morde an Zivilisten während des Krieges gegen die maoistische Guerilla des »Leuchtenden Pfades« »direkt angeordnet zu haben«. Dem fielen neun Studenten und ein Professor der Cantuta-Universität in Lima zum Opfer. Sie »verschwanden« 1992. Auch wurde Fujimori für die Exekution von 15 Personen durch Sicherheitskräften im Hauptstadtviertel Barrios Altos verantwortlich gemacht. In einem dritten Urteil konnte ihm nun »Machtmißbrauch« nachgewiesen werden, weitere Verfahren wegen Telefonüberwachung und Bestechung von Oppositionspolitikern stehen noch an.

Zwar macht das Urteil von Montag jegliche politische Ambitionen des gelernten Agronoms endgültig zunichte, eine politische Erbin des »Chino« steht jedoch bereits in den Startlöchern. Bei den Präsidentschaftswahlen 2011 will Fujimoris Tochter Keiko antreten, und das nicht ohne Aussichten. Laut einer am Tag des Urteils veröffentlichten Umfrage würden 20 Prozent der Peruaner für sie stimmen. Damit ist Keiko derzeit die populärste Politikerin des Andenlandes.

* Aus: junge Welt, 22. Juni 2009


Neuer Schuldspruch gegen Fujimori

Perus Expräsident nach Verurteilung wegen Mordes im April nun wegen Korruption bestraft

Von Benjamin Beutler **


Perus Ex-Präsident Alberto Fujimori ist am Montag (Ortszeit) wegen Korruption zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Fujimori war bereits im April wegen Mordes zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Den Rest seines Lebens wird Perus ehemaliger Präsident (1990-2000) Alberto Fujimori, der von seinen Gegnern wegen seiner japanischen Abstammung nur »El Chino« genannt wird, wohl hinter Gittern verbringen. Zu Wochenbeginn hat ein Spezialtribunal in Perus Hauptstadt Lima den heute 70- jährigen Ex-Staatschef wegen »vorsätzlicher Unterschlagung« zu 7,5 Jahren Haft verurteilt. Ende 2000 hatte Fujimori seinem Ex-Geheimdienstchef Vladimiro Montesinos aus Steuergeldern über 15 Millionen US-Dollar gezahlt.

Während des Gerichtsverfahrens, das von der Staatsanwaltschaft vor acht Jahren eingeleitet worden war, plädierte der gelernte Agronom auf nicht schuldig. Zwar gestehe er die Zahlungen ein. Doch habe er in politisch unruhigen Zeiten einen »Staatsstreich« durch das Militär verhindern wollen. Weil er im Interesse des Landes gehandelt habe, könne er auch nicht verurteilt werden. Auch habe er das Geld zurückgezahlt. Tatsächlich wurden die 15 Millionen teilweise erstattet.

Allerdings bleibt bis heute unklar, aus welchen Kassen die Rückerstattung erfolgte. Aus eigener Tasche muss Fujimori dem Staat nun eine Entschädigung von einer Million US-Dollar zahlen. Fujimori kündigte an, er werde in Revision gehen. Sein Anwalt César Nagasaki vermutet politische Gründe für die Verurteilung. »Die Absicht ist doch klar: Fujimori soll nie wieder frei kommen, die Justiz will, dass er im Gefängnis stirbt.«

Der Vorsitzende des Sondergerichts wies die Parteilichkeitsvorwürfe zurück. Es gebe kein »politisches Kalkül«, es zählten allein »verhandelte Tatsachen«, so César San Martín. Es handelt sich um Fujimoris dritte Verurteilung in Folge, seitdem der Multimillionär im September 2007 von Chile nach Peru ausgeliefert wurde. Im April war er wegen »Verbrechen an der Menschlichkeit« zu 25 Jahren Haft verurteilt worden. In einem dritten Urteil wurde ihm »Machtmissbrauch« nachgewiesen, weitere Verfahren wegen Telefonüberwachung und Bestechung von Oppositionspolitikern stehen noch an.

Am Ende seiner letzten Amtszeit war Fujimori 2000 nach Japan geflohen. Dabei half ihm seine japanische Staatsbürgerschaft, mehreren Verfahren in seinem lateinamerikanischen Geburtsland zu entgehen. Auch Montesinos floh. Die zwei mächtigsten Männer Perus der Neunziger verließen das Land, zu groß war der Druck der Strafverfolgung mittlerweile geworden. Nachdem Fujimoris Versuch einer politischen Karriere im japanischen Exil als Kandidat einer ultrarechten Partei total gescheitert war, ging er nach Chile. Vom Nachbarland wollte er erneut in Perus Innenpolitik eingreifen, doch unterschätzte er die Position Chiles, das auf gute Beziehungen zu Peru aus war und »El Chino« auslieferte. Sollte er tatsächlich für immer hinter Gefängnismauern verschwinden – sein Einfluss ist nicht zu Ende. Fujimoris Tochter Keiko will bei den Präsidentschaftswahlen 2011 antreten, mit Aussicht auf Erfolg. Laut einer neuesten Umfrage ist sie die derzeit beliebteste Politikerin.

** Aus: Neues Deutschland, 22. Juli 2009


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