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Wahl in Osttimor geht in die zweite Runde

Ramos-Horta und Lu'olo liegen vorn

Von Carsten Hübner, Dili *

Eine Entscheidung hat es bei der ersten Runden der Präsidentenwahlen in Osttimor noch nicht gegeben. Die fällt nun bei einer Stichwahl am 9. Mai.

Nach dem am Mittwochnachmittag vorgelegten vorläufigen amtlichen Endergebnis liegen der parteiunabhängige Kandidat und Friedensnobelpreisträger José Ramos-Horta und der Kandidat der Regierungspartei Fretilin, Francisco Lu'olo Guterres, vorn. Da beide mit 22,6 bzw. knapp 29 Prozent der Stimmen deutlich unter der absoluten Mehrheit liegen, muss eine Stichwahl über den Nachfolger auf dem Posten des Präsidenten entscheiden. Der bisherige Amtsinhaber Xanana Gusmao war bei den Wahlen nicht wieder angetreten. Er strebt den Posten des Premiers nach den für Sommer erwarteten Parlamentwahlen an.

Bis Mittwochmittag (11. April) schien mit dem Kandidaten der Demokratischen Partei, Fernando La Sama de Araujo, überraschend noch ein dritter Kandidat Chancen auf die Stichwahl zu haben. La Sama lag zu diesem Zeitpunkt noch gemeinsam mit den beiden Favoriten Ramos-Horta und Lu'olo bei 21 Prozent der abgegebenen Stimmen. Erst die zuletzt hereinkommenden Stimmergebnisse aus den östlichen Distrikten Baucau und Lautem, die als traditionelle Fretilin-Hochburgen gelten, brachten schließlich einen deutlichen Vorteil für Lu'olo.

Insgesamt gingen etwas mehr als 350 000 Osttimorer zur Wahl. Die Wahlbeteiligung lag bei 68 Prozent. Zu größeren Unregelmäßigkeiten ist es nach Angaben mehrerer internationaler Wahlbeobachterdelegationen nicht gekommen. Sie sprachen deshalb von einem großen Fortschritt des Landes bei der Demokratieentwicklung. Die Wahl am Montag war der erste von Osttimor selbst organisierte Urnengang. Zuvor hatte die Verantwortung bei der UN-Verwaltung gelegen.

Vor den Wahlen war es wiederholt zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Anhängern der ehemaligen Befreiungsfront Fretilin und denen anderer Kandidaten gekomme. Dabei wurden 50 Menschen verletzt und rund 200 verhaftet. Der Wahltag selbst ist jedoch friedlich verlaufen.

Nach dem jetzt bekannt gegebenen Ergebnis geht der zweitplazierte José Ramos-Horta als klarer Favorit in die Stichwahl, weil die Wählerschaft der in der Vorrunde gescheiterten sechs anderen Kandidaten eher für ihn als für den Fretilin-Kandidaten Lu'olo stimmen wird. Beobachter rechnen deshalb damit, dass die gut organisierte Fretilin schwerpunktmäßig versuchen wird, die bisherigen Nichtwähler im Osten des Landes für sich zu mobilisieren.

* Aus: Neues Deutschland, 12. April 2007


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