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Ramos-Horta will nun doch Präsident Osttimors werden

Internationale Friedenstruppe erschießt zwei Jugendliche

Von Carsten Hübner *

Osttimors Premierminister José Ramos-Horta tritt nach längerem Zögern nun doch zu den Präsidentschaftswahlen Anfang April an. Das gab der Friedensnobelpreisträger am vergangenen Sonntag unter dem Jubel seiner Anhänger im Küstenort Laga bekannt.

José Ramos-Horta gilt neben Staatspräsident Xanana Gusmao als die zentrale Integrationsfigur Osttimors. Im Frühjahr 2006 hatte er nach schweren Unruhen den umstrittenen Premierminister Mari Alkatiri abgelöst. Seither führt er eine Übergangsregierung. Sein damaliger Plan, als Nachfolger Kofi Annans für das Amt des UN-Generalsekretärs zu kandidieren, war damit vom Tisch. Eine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen rückte in den Bereich des Möglichen, Nun hat sich Ramos-Horta entschieden. Er habe Wochen des Überlegens und der Zweifel hinter sich, erklärte er. »Wäre das Land wirtschaftlich und politisch stabil, würde ich nicht kandidieren.« In seiner in der Landessprache Tetum gehaltenen Rede forderte er am Sonntag die Menschen des krisengeschüttelten Landes auf, sich zahlreich in die Wahllisten einzutragen.

Xanana Gusmao, der das Präsidentenamt seit der Unabhängigkeitserklärung im Jahre 2002 innehat, wird nicht wieder kandidieren. Stattdessen will er mit einer eigenen Partei an den Parlamentswahlen im Sommer dieses Jahres teilnehmen.

Derweil nehmen die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Hauptstadt Dili wieder zu. Ende vergangener Woche erschossen zwei australische Soldaten der internationalen Friedenstruppe zwei jugendliche Flüchtlinge. Während Australiens Außenminister Alexander Downer den Schusswaffengebrauch einen »Akt der Selbstverteidigung« nannte und beklagte, die Sicherheitskräfte seien zuvor mit Eisenpfeilen beschossen worden, ziehen Augenzeugen diese Version in Zweifel. So wirft José da Costa, Sprecher des betroffenen Flüchtlingslagers, dem Militär unverhältnismäßig hartes Vorgehen vor. Die Soldaten sollen mit einem gepanzerten Fahrzeug mitten in das Lager gefahren sein, um mehrere Personen zu verhaften. Auch seien lediglich Steine geflogen.

Aufgrund der angespannten Lage hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das UN-Mandat in der letzten Woche um ein weiteres Jahr verlängert. Mit Blick auf die Wahlen verstärkte Portugal sein Kontingent um 140 Polizisten.

Als Drahtzieher hinter den anhaltenden Unruhen, die im April vergangenen Jahres nach der Meuterei von rund 600 Armeesoldaten begonnen hatten, wird der ehemalige Major der Militärpolizei Alfredo Reinado vermutet. Seit seinem spektakulären Ausbruch aus dem Gefängnis im August 2006 hält er sich mit einem Trupp Bewaffneter versteckt. Reinado verfügt über großen Einfluss auf Teile der Bevölkerung im Westteil Osttimors.

Nachdem mehrere Versuche, Reinado zum Aufgeben zu bewegen, gescheitert sind, forderte Staatspräsident Gusmao nun die insgesamt rund 2500 Mann starke Friedenstruppe auf, den Gesuchten festzunehmen. Indonesiens Regierung kam zudem der Bitte der osttimorischen Seite nach, die Grenze des indonesischen Westtimors zu schließen, um eine Flucht Reinados zu verhindern. Derzeit leben noch immer Zehntausende Osttimorer in Flüchtlingslagern, rund 50 Menschen fielen der Gewalt seit Ausbruch der Krise im Frühjahr 2006 zum Opfer.

* Aus: Neues Deutschland, 27. Februar 2007


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