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Diesel-Generatoren für Nicaragua

Neue Energieallianz in Lateinamerika

Von Knut Henkel *

Energie ist in Nicaragua Mangelware. Stromausfälle sind an der Tagesordnung, weil es nie eine kohärente Energiepolitik gab. Statt auf Megaprojekte wie den Copalar-Staudamm setzt der Präsident nun auf die Hilfe der Bruderstaaten Venezuela und Kuba.

Das »Wort der Frau« hat Gewicht in Bocana de Paiwas. Das kleine Dorf, 230 Kilometer von Managua entfernt, ist landesweit in Nicaragua bekannt. Hier nahm der Widerstand gegen das größte Staudammprojekt der Geschichte des Landes seinen Lauf. Über das kommunale Radio wurde die lokale Bevölkerung über den Copalar-Staudamm informiert, der insgesamt 343 Quadratkilometer und eine ganze Reihe von Dörfern der Region überflutet hätte, um Energie en Gros zu produzieren.

Auf 800 Megawatt Leistung war das Großprojekt ausgelegt, womit Nicaragua quasi über Nacht vom Stromimporteur zum Stromexporteur geworden wäre. Auf Kosten des Ökosystems in der Region und auf Kosten der Bevölkerung sollte Energie für Mexiko und die USA produziert werden, so kritisierte das kleine kommunale Radio in unzähligen Sendungen.

An dem Megaprojekt war auch der deutsche Siemens-Konzern beteiligt, der 2005 eine Vereinbarung mit den lokalen Betreibern unterzeichnet hatte. Aufgrund der Proteste vor Ort, fehlender parlamentarischer Zustimmung, aber auch der kritischen Nachfragen deutscher Nichtregierungsorganisationen zog sich Siemens im Mai aus dem Projekt zurück.

Seitdem bastelt die Regierung von Daniel Ortega an einem dezentralen Stromversorgungs- und Einsparkonzept, um die Energieversorgung zu verbessern. Dabei kann sich der Präsident auf die Unterstützung alter Freunde wie Fidel Castro und Hugo Chávez verlassen. Die Hälfte von insgesamt 64 Generatoren, die bis Herbst geliefert und mit Diesel aus Venezuela angerieben werden sollen, ist bereits im Einsatz. Außerdem sollen auch zwei Millionen Energiesparlampen geliefert werden, um die Energieengpässe kurzfristig in den Griff zu bekommen.

Mittelfristig ist allerdings ein neues Energiekonzept vonnöten. Dieses müsste die Abhängigkeit von Ölimporten reduzieren und die vorhandenen Potenziale erneuerbarer Energien, vor allem Erdwärme, kleinere Wasserkraftwerke und Windparks, nutzen. Darin sind sich das nicaraguanische Energieministerium und die Experten der Lateinamerikanische Energieorganisation einig.

* Aus: Neues Deutschland, 13. Juli 2007


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