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Friedenspakt verschoben

Nepal: Letzte Unstimmigkeiten vor Unterzeichnung des historischen Abkommens noch nicht ausgeräumt. Neuer Termin offen

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Alles war bereit, am Donnerstag in Kathmandu den Unterzeichnungsakt zu vollziehen. Doch im letzten Augenblick wurde das historische Ereignis abgeblasen. Übereinstimmend begründeten die Vertreter der Sieben-Parteien-Allianz (SPA) und der KPN (Maoistisch) diese Entscheidung mit dem Argument, man brauche mehr Zeit, die letzten Feinheiten abzustimmen. »Kleinere Fragen« müßten gewissenhaft behandelt werden. Mehr war nicht zu erfahren. Da Maoistenchef Pushpa Kamal »Prachanda« Dahal am Freitag nach Neu-Delhi zu einer Konferenz reisen will und sich diesen ersten Auftritt auf internationaler Bühne kaum entgehen lassen wird, ist wohl mit einem anderen Termin in dieser Woche nicht zu rechnen. Premier Girija Prasad Koi­rala soll nun das neue Datum für die Unterzeichnung festlegen.

Ein Beinbruch ist die Verschiebung keineswegs, aber sie zeigt, wie verzwickt die Details sind. Keine Seite will sich verständlicherweiase übervorteilen lassen. Viel steht auf dem Spiel. Die Maoisten verlassen den Pfad des bewaffneten Kampfs und unterstellen Waffen und Guerilleros der UN-Kontrolle. Die SPA läßt den ehemaligen »Erzfeind« mit in die Regierung und mit 73 Repräsentanten ins Parlament. Gemeinsam will man ab jetzt mit friedlichen Mitteln die feudalen Strukturen des Noch-Königreichs brechen und eine neue Ordnung schaffen. Der König steht dem im Wege. Ob er in die Wüste geschickt wird oder eine »zeremonielle Rolle« erhält, darüber soll nach den Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung im Juni 2007 entschieden werden.

Eine Untersuchungskommission, von einem ehemaligen Richter des Höchsten Gerichtshofes geleitet, fand nach 184 Tagen Befragungen und Beratungen heraus, das König Gyanendra für die Gewalt gegen die Demonstranten im April verantwortlich zu machen ist. Er hatte als Vorsitzender des Ministerrates und Oberbefehlshaber der Armee alle Vollmachten und Befehlsgewalt. Es hieß, er sei »schuldig an Unterdrückung und am Töten«. 22 Menschen, die sich auf Protestveranstaltungen für eine Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen ausgesprochen hatten, waren von Polizisten und Soldaten erschossen, rund 5000 verletzt worden. Welche Konsequenzen das für den Herrscher und seine Lakaien haben wird, ist noch nicht bekannt.

Inzwischen haben UN-Teams die Gebiete inspiziert, in denen die Waffen der Rebellen ab 21. November unter Verschluß gebracht werden sollen. Beanstandungen gab es offensichtlich nicht. UNO-Vertreter klagten lediglich über Personalmangel für die verantwortungsvolle Mission.

* Aus: junge Welt, 17. November 2006


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